Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

ESG-Office aufgesetzt, das unter der Lei- tung von Rupini Deepa Rajagopalan steht. Sie sieht ein weiteres Problem darin, dass Small Caps, die oft im Bereich von Tech- nologien tätig sind, die zukunftsbezogene Produkte und Dienstleistungen anbieten und damit von ESG-Relevanz sind, von den Ra- ting-Riesen stiefmütterlich behandelt wer- den. Das liegt unter anderem daran, dass diese oftmals jungen, schlanken Unterneh- men keine ESG-Abteilungen unterhalten und wenig bis gar nichts zur Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen publizieren. Sol- che Abteilungen und Nachhaltigkeitsberich- te sind aber für die Ratinghäuser wichtig, stellen sie doch Ansprechpartner und Aus- gangspunkt der Recherche dar. Großkonzer- ne hingegen können deutlich mehr Ressour- cen auf diese Dinge verwenden, weswegen deren Abdeckung durch Nachhaltigkeits- ratings eine deutlich höhere ist. Ein typi- sches Beispiel für einen Fonds mit einem angeblich schlechten Nachhaltigkeitsrating ist der exzellent performende Medical Bio- Health Fonds, der aber bei Morningstar nur einen von fünf Globen im Sustainability- Nachhaltigkeitsrating erhält. Gründe sind schlichtweg das Fehlen von Ratings für ei- nen Gutteil der Positionen und eine Abnei- gung gegen Genforschung und -eingriffe. Der Weg ist das Ziel Susanne Lederer-Pabst, Geschäftsführerin vom Third Party Marketer dragonfly finance, die den Medical BioHealth Fonds in Öster- reich vertreibt, führt aus: „Das Segment Biotech/Pharma ist speziell bei Small and Mid Caps noch von kaum einer Rating- agentur erfasst, ein entsprechend gutes Rating ist daher nicht möglich. Wenn sich ein Fondsanbieter allerdings die Mühe macht, sein Portfolio hinsichtlich ESG-rele- vanter Faktoren zu screenen und seinen Beitrag zur Erreichung der Sustainable De- velopment Goals (SDGs) herauszuarbeiten, sollte das bei der Beurteilung des Fonds jedenfalls Berücksichtigung finden.“ Der Medical BioHealth Fonds halte jedenfalls ein Portfolio, das in Bezug auf die Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensfüh- rung gut abschneide. Jürgen Harter, Ge- schäftsführer der Medical Strategy GmbH mit Sitz in Neusäß, Deutschland, hält fest: „Besonders der soziale Einfluss ist aufgrund der starken Fokussierung auf forschende Healthcare-Unternehmen, die die meisten Innovationen zur Bekämpfung und Heilung von Krankheiten entwickeln, als ausge- sprochen positiv einzustufen.“ Es zeigt sich also auch hier: Nachhaltigkeitsratings sind keineswegs allein seligmachend, sondern müssen am Anfang eines eigenen Prozesses stehen, um sich ein unabhängiges Urteil über die ESG-Tauglichkeit von Investments zu bilden. Ansonsten besteht die Gefahr, Investmentopportunitäten mit viel Zukunfts- potential außer Acht zu lassen. Es bleibt nur noch zu hoffen, dass zunehmend mehr Asset Manager bereit sind, sich nicht nur von Gütesiegeln leiten zu lassen, sondern sich auch intensiver in die Materie vertie- fen. Denn auch und gerade Fonds, die mo- mentan kein Gütesiegel erhalten können, sind es wert, in die engere Auswahl genom- men zu werden, um nicht nur reale, sondern nachhaltig auch soziale Rendite zu erwirt- schaften. ESG-Ratings lösen aber trotz aller Vorbehalte viel Positives aus. Insbesondere unternehmensintern kann dadurch so mancher Verbesserungsprozess angestoßen beziehungsweise forciert und mehr Bewusstsein für ESG-Themen geschaffen werden. N o. 3/2020 | www.institutional-money.com 217 P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : E SG

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