Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

ETFs gehalten. Insofern ist es mehr als nachvollziehbar, wenn Johnson meint, „dass das zukünftige Verhalten von Gold viel stär- ker dem der vergangenen Jahre als dem der 70er-Jahre oder irgendeiner anderen histori- schen Epoche ähnelt“. Wenn man unter dieser Voraussetzung das Verhalten von Gold zusammenfasst, er- gibt sich ein Asset, das über keine Ausfall- risiken verfügt und offenbar einen infla- tionsadjustierten Wert in sich trägt, der sich über die Zeit verändert, aber rund um ein relativ konstantes Niveau schwankt. Es ist also ein Wert, „der kein Kredit- risiko ausweist und langfristig seine Kaufkraft beibehält“, wie Johnson er- klärt und gleichzeitig folgende Frage in den Raum stellt: „Was wäre ein Inves- tor bereit, dafür zu zahlen?“ Gold und Anleihen Hier folgt Johnson, wie bereits erwähnt, der nicht unüblichen These, wonach ein starker Zusammenhang mit den realen Er- trägen hochqualitativer Werte mit nahezu null Ausfallrisiko stehen müsste – also etwa den TIPS. Um einen derartigen Zusammen- hang nachzuweisen, wird eine Regression zwischen den beiden Assetklassen ange- stellt, die zu dem Ergebnis kommt, dass sich ein Verfall der zehnjährigen realen TIPS-Renditen um 100 Basispunkte grob in einem 30-prozentigen Anstieg des Gold- preises niederschlägt – die entsprechenden Korrelationen erscheinen grafisch (siehe Chart „Nahezu deckungsgleich“) ein- drucksvoll und lassen bei Redaktionsschluss auch den Schluss zu, dass der Goldpreis zwar hoch, aber nicht notwendiger- weise zu hoch ist, liegen die betref- fenden Kurven ja nahezu deckungs- gleich übereinander. Aus Sicht Johnsons wird diese These erhärtet, wenn man den Gold- preis um das reale Rendite- bezie- hungsweise Zinsniveau bereinigt (siehe Chart „Potenzial durch Nach- holeffekte“) . Dieser Preis ergibt sich, wenn man unter Berücksichtigung der Duration von Gold die realen Anleihenrenditen herausrechnet. Dieser bereinigte Preis hat sich in den vergangenen Monaten jedoch sehr stabil gehalten, was bedeutet, dass in den Goldpreis bis jetzt nur die beschriebenen Renditeeffekte eingeflossen sind, aber kein Sentiment. Man kann also vom Gegenteil einer Übertrei- bung sprechen – verschlechtert sich die Stimmung, hätte das derzeit fair bewertete Gold also „vom Sentiment und Momentum her Potenzial“, so Johnson. Doch wenn es wirklich so einfach ist, wieso dann die Selbstkasteiung von Ben Bernanke? Tatsächlich deutet eine aktuelle Arbeit von Claude Erb, Campbell R. Harvey von der Duke University und Tadas Viskan- ta, bei Ritholtz Wealth Management Direc- tor of Investor Education, darauf hin, dass der Pimco-Ansatz doch nicht der allein seligmachende ist. Erb und Harvey haben sich spätestens mit dem 2012 erschienenen Paper „The Golden Dilemma“ einen Namen gemacht. In der aktuellen Arbeit „Gold, the Golden Con- stant, Covid-19, ‚Massive Passives‘ and Déjà Vu“ bauen die Autoren auf den Er- kenntnissen von damals auf und errechnen einen „realen Goldpreis“, der sich an der Theorie der „Golden Constant“, die in den späten 1970er-Jahren von Roy Jastram ent- wickelt wurde, orientiert. Die Autoren stel- len den Goldpreis mit dem U.S. Consumer Price Index (CPI) in Zusammenhang. Sie bestimmen einen „realen“ Goldpreis über das Verhältnis von nominellem Goldpreis zu CPI. Stellt man sich die Goldene Konstante grafisch vor, so stellt der CPI eine stetig steigende Gerade dar, um die herum der Goldpreis schwankt – mit dieser Herange- hensweise kommt man wie bei der Pimco- Analyse zum Schluss, dass das Edelmetall alles andere als billig ist (siehe Chart „Rea- ler Goldpreis und der Aufstieg der ETFs“). Nehmen wir nämlich den Unzenpreis im Verhältnis zum CPI, so lag der „reale“ Preis im Jahr 1975 bei einem nominellen Wert von 175 Dollar und einem CPI von 52,3 bei 3,36 Punkten. Im Juni 2020 kostete die Feinunze 1.800 Dollar, während der CPI 257,21 Punkte erklommen hat, was wieder- um zu einem realen Preis von 7,0 Dollar führt. Ähnliche Werte wurden auch Anfang 1980 und 2011 erzielt. Damals wie heute machten sich an den Märkten Inflationssor- gen breit – im laufenden Jahr spätestens seit die US-Fed Ende August dieses Jahres ihr Leitzins- und Inflationsziel aufgeweicht hat. „Weder 1980 noch 2011 wurden aber die Inflationsängste am Goldmarkt belohnt. Warum sollte das heute anders sein?“, fragt FOTO : © DR EW ANGE R E R | B LOOMB E RG Alle Wege gehen nach oben – zumindest in der Prognose Die Prognosen von Wisdom Tree lassen auf weitere Anstiege des Goldpreises im nächsten Jahr schließen. Die Status-quo-Prognose geht davon aus, dass sich das gegenwärtige makroökonomische Umfeld im nächsten Jahr nicht verändert. Die Konsens-Prognose ergibt sich aus den durchschnittlichen veränderlichen Schätzungen. Quelle: Studie 0 1.000 2.000 3.000 Tatsächlich Konsensprognose Status-quo-Prognose 2014 2018 2020 2016 2012 2010 2008 Goldpreis in USD/Unze » Niemand versteht den Goldpreis wirklich. Und ich werde nicht behaupten, dass ich das tue. « Ben Bernanke, Fed-Vorsitzender a. D. 206 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : GOLD

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