Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

M it Aktien verdient man mehr als mit Anleihen, und Bonds bringen mehr als der Geldmarkt – sagt man. Warum fürchtet sich dann der durch- schnittliche Privatanleger vor Aktien? Weil Aktien ein wenig wie Pilze sind: Manche schmecken vorzüglich, andere sind genieß- bar, aber nicht sonderlich schmackhaft, die meisten sind ungenießbar, aber harmlos – einige wenige sind aber tödlich giftig. Weil Letztere für das ungeübte Auge nicht ohne Weiteres erkennbar sind, verzichten viele Laien ganz darauf. Dass dies gar nicht so unvernünftig ist, belegt die im Jahr 2017 veröffentlichte Studie „Do Stocks Outper- form Treasury Bills?“ von Hendrik Bessem- binder vom Department of Finance der W.P. Carey School of Business an der Arizona State University. Darin untersuchte er die langfristige Renditeverteilung aller US-Ak- tien im Zeitraum 1926 bis 2016. Seine Er- gebnisse zeigen eindrucksvoll, dass die Ver- teilung der Renditen stark rechtsschief ist. Demnach hatten 58 Prozent der insgesamt rund 26.000 jemals im Betrachtungszeit- raum notierten US-Aktien während ihrer (in einigen Fällen recht kurzen) Existenz nied- rigere Renditen als 1-Monats-Treasury-Bills, die als Maßstab für den risikolosen Zins fungieren. Insgesamt basierte der gesamte darüber hinausgehende Wertzuwachs des US-Aktienmarktes auf nur rund vier Prozent aller in diesem Zeitraum existierenden Ak- tien. Noch erstaunlicher: Nur knapp zehn Prozent davon, nämlich gerade einmal 90 Einzelaktien, lieferten die Hälfte der Erträge. Während diese Studie im akademischen Kreis interessiert aufgenommen und oft zitiert wurde, fand die Folgestudie mit dem Titel „ Do Global Stocks Outperform US Treasury Bills?“ bisher nur wenig Aufmerk- samkeit, obwohl auch ihre Ergebnisse be- merkenswert sind. Hendrik Bessembinder veröffentlichte das Papier im Jahr 2019 zusammen mit drei Co-Autoren. Die Forscher analysieren eine sehr um- fangreiche Datenbasis, die Aktienrenditen von 61.100 Unternehmen weltweit (rund 44.500 davon außerhalb der USA in insge- samt 41 verschiedenen Ländern) im Zeit- raum von 1990 bis 2018 umfasst. Diese Renditen beziehen sich zur besseren Ver- gleichbarkeit grundsätzlich auf US-Dollar. Als Durchschnittswerte berechnen die Auto- ren zunächst Renditen von 0,96 Prozent im Monat, 14,1 Prozent im Jahr und 260 Pro- zent im gesamten Untersuchungszeitraum. Auf den ersten Blick scheint das recht posi- tiv und liegt in allen drei Fällen deutlich oberhalb der Renditen von 1-Monats-Trea- sury-Bills, hochgerechnet auf den jeweili- gen Zeithorizont. Entsprechend deutlich fällt der absolute – darüber hinausgehende – globale Vermögenszuwachs aus, den die Autoren für den 29-jährigen Gesamtzeit- raum mit insgesamt 44,74 Billionen US- Dollar beziffern. Extrem schiefe Verteilung Das positive Ergebnis wird bei genauerer Betrachtung jedoch deutlich getrübt. So wiesen im Gesamtzeitraum weniger als die Hälfte aller Aktien (45,6 Prozent) inklusive Ältere Analysen des US-Marktes zeigten bereits, dass die Verteilung von Aktienrenditen insbesondere im sehr langfristigen Bereich extrem schief ist. Eine aktuelle Arbeit untersuchte nun die Renditeverteilung an den globalen Aktienmärkten und gelangte zu noch deutlicheren Ergebnissen. Potenzial für aktive Manager Verteilung globaler Aktienrenditen nach Zeithorizont Renditeverteilung 1 Monat Renditeverteilung 1 Jahr Renditeverteilung 10 Jahre Die Grafiken zeigen die Renditeverteilung aller 61.981 jemals gelisteten Aktien von 61.100 Unternehmen weltweit im Untersuchungszeitraum von 1990 bis 2018 (inklusive reinvestierter Dividenden) auf folgenden Zeithorizonten: monatlich, jährlich sowie über zehn Jahre. Die Daten wurden zur besseren Darstellung auf Intervalle von einem beziehungsweise fünf Prozent gerundet. Die einzelnen Grafiken verdeutlichen in ihrer Abfolge anschaulich, wie sich die Eigenschaften der Renditeverteilung mit zunehmend längerem Zeithorizont ins Extreme verändern. Quelle: Studie „Do Global Stocks Outperform US Treasury Bills?“ FOTO : © MCK AY | S TOCK . ADOB E . COM Erstaunlich schief –100 % –50 % 5 % 50 % 100 % 150 % >200 % 6 % Prozent der Aktien Ein-Monats-Rendite (gerundet auf 1 % ) 3 % 4 % 1 % 0 % 2 % –100 % –50 % 1,2 % 50 % 100 % 150 % >200 % 1,5 % Prozent der Aktien Ein-Jahr-Buy-and- Hold-Rendite (gerundet auf 1 % ) 1,4 % 0,8 % 1 % 0,2 % 0 % 0,6 % 0,4 % –100 % 5 % 100 % 300 % 500 % 700 % >900 % 7 % Prozent der Aktien Dekade-Buy-and- Hold-Rendite (gerundet auf 5 % ) 6 % 3 % 4 % 1 % 0 % 2 % US-Aktien Non-US-Aktien 0 % US-Aktien Non-US-Aktien 0 % 0 % US-Aktien Non-US-Aktien 180 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : AK T I ENR END I T EN

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