Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

bereits wieder Geld. An dieser Rangfolge ändert sich dann in den Folgejahren auch nichts: Jener mit dem kürzeren Drawdown bleibt vorn. Obwohl er angesichts des höhe- ren Drawdowns mehr Vermögen vernichtet hat, läuft es für denjenigen, der in der glo- balen Finanz- und Wirtschaftskrise gestartet ist, in den Folgejahren besser. Was sagen die Daten? AQR hat einen Zeitraum von fast 50 Jah- ren, konkret von 17. August 1971 bis 31. März 2020, untersucht und sich dabei mehr auf die Länge als auf die Tiefe der Draw- downs fokussiert. Der obere Teil der Dop- pelgrafik „Renditen über Geldmarkt bei US- 60/40-Portfolios“ illustriert, wie die schlechtesten kumulierten Renditeergebnis- se über bestimmte Zeithorizonte für diesen traditionellen US-amerikanischen Portfolio- mix aussehen, und stellen diese dem Fünf- Prozent-Perzentil der schlechtesten kumu- lierten Renditen über die gleichen Anlage- perioden gegenüber. Wenig überraschend fallen die Ergebnisse für einen schlechten Monat negativer aus als für eine schlechte Woche sowie für ein Jahr schlechter als für ein Quartal. In der Langfristbetrachtung allerdings, die jenseits des Jahreshorizonts einsetzt, scheint sich dieses Muster nicht zu bestätigen: Vielmehr flachen die kumulierten Verluste ab und könnten den Eindruck erwecken, dass län- gere Drawdowns gar nicht so schrecklich wären – doch da kommen die anfangs gezeigten Beispiele ins Spiel, die die ver- heerende Wirkung längerer Drawdowns in Bezug auf die langfristige Vermögensbildung vor Augen führen. Welchen Auswirkungen in Bezug auf seine Möglichkeit zur Erreichung des Renditeziels steht konkret ein 60/40-Investor mit einem zehnjährigen Anlage- horizont und einem Renditeziel von fünf Prozent über Cash gegenüber, wenn er mit kurz- fristigen Drawdowns von weni- ger als einem Jahr zu Beginn des Investments konfrontiert ist? Diese Frage beantwortet der untere Teil der Doppelgrafik „Renditen über Geldmarkt bei US-60/40-Portfolios“. Nicht viel, lautet kurz und bündig die Antwort. Denn die Gegenüberstellung der Zielrendite von Geldmarkt plus fünf Pro- zent und den fünf Prozent schlechtesten Renditeergebnissen aus dem oberen Teil der Grafik visualisiert den Prozentsatz der Fälle, wo nach anfänglichem Drawdown doch noch das Renditeziel erreicht werden kann. Dabei zeigt sich, dass unterjährige Draw- downs zu Beginn dem Gesamtergebnis wenig anhaben können, da es noch genug Zeit bis zum Ende des Zehnjahreshorizonts gibt, um positive Renditen zu generieren. In 57 bis 62 Prozent der Fälle, wo ein Draw- down nur eine Woche, einen Monat oder ein Quartal andauerte, kann der 60/40-In- vestor eine Zielerreichung vermelden. Dau- ert der Drawdown zu Anfang der Dekade ein Jahr an, so kann noch immer in 45 Pro- zent aller Fälle des 50-jährigen Beobach- tungszeitraums die anvisierte Zielrendite er- reicht werden. Anders sieht es hingegen bei Zeiträumen von beispielsweise drei oder fünf Jahren aus: Hier liegt die Erfolgswahr- scheinlichkeit, das Renditeziel zu erreichen, bei gerade einmal 13 respektive 24 Prozent. Diese Unterschiede in der Erfolgswahr- scheinlichkeit sind wirtschaftlich bedeut- sam. Investoren, deren Drawdown bloß ein Quartal andauerte, mussten fast keine Ver- schlechterung ihrer Chancen, das Rendite- ziel zu erreichen, hinnehmen. Das Gute da- ran ist, dass institutionelle Investoren diesen kurzfristigen Einschlägen keine große Be- deutung beimessen müssen, auch wenn die Medien diesen Rückschlägen wie etwa jenen vom Oktober 1987 große Beachtung schen- ken. Dauert die Dürreperiode allerdings drei Jahre an, so ist es in sieben von acht Fällen mit der Erreichung des Renditeziels vorbei. Natürlich tun Investoren gut daran, ihre Portfolioverluste möglichst zu beschränken. Doch sind offensichtlich nicht alle Verluste gleich bedeutsam. Die Historie lässt vermu- ten, dass lange Rückschlagsphasen von grö- ßerer Wichtigkeit sind, weswegen die rela- tiv besten Absicherungen jene sind, die langfristige Verluste abfedern. Dabei gibt es solche, die – wie Optionsstrategien – rasch Schutz bieten, und andere, die langsamer und längerfristig greifen. Hedging mit Optionen Angesichts des rapiden Börsenverfalls im Zuge der Coronakrise, der gegen Ende Fe- bruar einsetzte und am 23. März 2020 schon sein Tief im S&P 500 Index erreicht hatte, war Kaiser, wer zuvor in Niedrigvo- latilitätszeiten billig Put-Optionen erworben hatte. Er konnte sich nicht nur an deren zunehmender Werthaltigkeit freuen, sondern der steile Volatilitätsanstieg verteuerte den Optionswert zusätzlich – ein Goldilock-Sze- nario für den Einsatz von Puts. Der Einsatz von Optionen ist nun einmal der direkteste Weg der Versicherung gegen Drawdowns. Der Investor kann jene Schwelle definieren, ab der er Versicherungsschutz genießt – bei- spielsweise zehn Prozent OTM (out of the money) – und die Dauer der gewünschten Absicherung über die Optionslaufzeit. Der Put-Preis entspricht der Versicherungsprä- mie, und die Absicherung muss immer wie- der gerollt werden, was entsprechende Kos- ten verursacht. So kann es jah- relange Durststrecken gegeben, in denen der Versicherungsfall nicht eintritt und Prämien verlo- rengehen. Empirisch lässt sich belegen, dass Optionen ihre Meriten bei kurzen, kräftigen Drawdowns besitzen, ihre Wir- kung aber mit der Dauer des Horizonts abnimmt. Die Grafik „Hit Rates von Optionsabsiche- rungen“ zeigt die durchschnitt- liche kumulierte Outperfor- mance eines 60/40-Portfolios mit Options-Hedging durch OTM-Puts, deren Strike-Preise zehn beziehungsweise 20 Pro- zent unter den Aktienkursen zum Zeitpunkt des Abschlusses liegen, gegenüber klassischem Hit Rates von Optionsabsicherungen Auf kurze Sicht hui, auf lange pfui Ein amerikanisches 60/40-Portfolio mit Out-of-the-Money-Put-Absicherung generiert in einem Zeitraum von bis zu drei Jahren regelmäßig Outperformance in den schlechtesten fünf Prozent aller Renditefälle des klassischen US-60/40-Portfolios. Bei einem Fünfjahres- horizont schafft das Hedging mit Optionen nicht einmal mehr in jedem zweiten Fall eine Outperformance. Untersuchungszeitraum: 5. 1. 1996 bis 31. 3. 2020 | Quelle: AQR 1 Woche 1 Monat 1 Quartal 1 Jahr Drawdown-Länge 3 Jahre 5 Jahre 10 Jahre -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 20 % OTM Puts 10 % Out-of-the- money (OTM) Puts Hit Rate in Prozent Durchschnittliche kumulative Performance Interpretation: 10 % OTM Puts schlagen ein 60/40-Portfolio in 48 % aller Fälle bei einer Drawdown-Länge von 5 Jahren. Die durchschn. kum. Outperformance liegt bei zirka 2 %. kurzfristig langfristig 20 % 48 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 7 % 44 % 100 % 100 % 100 % 100 % 100 % 160 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : HEDG I NG

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