Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

D as Absichern von Investi- tionsrisiken ist eine eigene Kunst, denn wenn der Ertrag einer Anlage der Lohn für das eingegangene Risiko ist, muss der Preis eines vollständigen Schutzes gegen Verluste ziemlich genau so viel kosten, wie man ver- dienen hätte können, und dazu kommen dann noch die Kosten der Absicherung. Die Konsequenz dieser Erkenntnis lautet: Man darf nicht immer und nicht vollständig hedgen, sondern nur teilweise und nur phasenweise. Daher besteht die „Kunst“ darin, zur richtigen Zeit die richtigen Instrumente auszuwählen. Aber wer kann schon von vornherein abschätzen, wie lange ein Drawdown dauern wird und wie stark er ausfällt? Dass diese Problematik vor allem quantitativ arbeitende Anlageexperten herausfordert, liegt auf der Hand, daher überrascht es nicht, dass sich jüngst die Portfolio Solutions Group von AQR damit beschäftigt hat. Ausgehend von der Tatsa- che, dass sich das Gros der Drawdowns über längere Zeiträume hinweg entfaltet – Corona ist hier die Ausnahme –, machte man sich auf die Suche nach Strategien, die bei länger anhaltenden Rückschlägen inter- essante Auszahlungsprofile auf- weisen – schließlich geht es ja um eine langfristig erfolgreiche Vermögensbildung im institutio- nellen Bereich. Anhand eines Beispiels lässt sich das verdeutlichen: Man stelle sich vor, ein Portfolio über einen Zeithorizont von zehn Jahren zu managen, das einen stetigen Ertrag von sechs Pro- zent pro Jahr einbringt. An einem Punkt in dieser Dekade allerdings erleidet das Portfolio einen 20-prozentigen Verlust, der im Fall A einen Monat, im Fall B ein Jahr andauert. Dazu kommt die Annahme, dass die- ses Portfolio vor und nach die- sem Drawdown jeweils um sechs Prozent pro Jahr wächst. Welches sollte man wählen? Viele Investoren würden instinktiv den kurzen, heftigen Drawdown von einem Monat ablehnen, denn dieser verursacht größere Sorgen und erhöhten Informations- bedarf bei Kunden und Gremien als ein „Salamicrash“, der sich über zwölf Monate erstreckt. Dazu kommen noch andere Grün- de wie etwa Fragen nach der Governance sowie Liquiditätsbedürfnisse, die ebenfalls für Variante B sprechen. Doch es gibt auch noch ein psychologisches Element in die- sem Planspiel: Ein Fünftel über ein Jahr verteilt zu verlieren, bedeutet einen Verlust von 1,7 Prozent pro Monat. Einen solchen würde niemand als Extremereignis qualifi- zieren, und dieser Pfad wäre wohl für die meisten Investoren der bequemere. Unter dem Aspekt der langfristigen Vermögens- akkumulation allerdings ist der kurze, hefti- ge Drawdown vorzuziehen. Die Grafik „Langsamere Verluste sind schlechter“ illustriert den Unterschied von Fall A und B in Bezug auf die Langfristperformance: Während der blitzartige Return nur eine Monatsperformance beeinträchtigte, die sich ohne Drawdown auf 0,5 Prozent Perfor- mance beläuft, war es beim langen Draw- down immerhin eine ganze Jahresrendite von sechs Prozent. Somit fallen bei lang- samen Drawdowns höhere Opportunitäts- kosten an als bei kurzen. Nun könnte man sagen, das stilisierte Modellbeispiel gehe an der Realität vorbei, doch bestätigen aktuelle Daten das gezeigte Muster. Denn bei Drawdowns ist nicht nur deren Tiefe aus- schlaggebend, auf die Investo- ren ihr Augenmerk richten, son- dern auch deren Länge. Es gilt folgender Zusammenhang: Je länger ein Drawdown anhält, desto schlechter für die Rendite des Investors. Dazu kommt, dass längere Drawdowns und damit Perioden ohne positiven Ertrag einen größeren Schaden in Bezug auf die Vermögensak- kumulation anrichten. Reales Beispiel Wenn man zwei Investoren betrachtet, die jeweils zu 60 Portfolioabsicherung. Ein Portfolio lässt sich auf verschiedene Arten absichern. Im März schienen Optionen sehr gefragt. AQR hat dabei aber die Langfristperspektive im Blick. Langsamere Verluste sind schlechter Längere Drawdowns gehen mit höheren Opportunitätskosten einher. Wie das Modellbeispiel zeigt, sind unter dem Aspekt der langfristigen Vermögens- akkumulation kurze, heftige Drawdowns eindeutig den langsameren und länger andauernden vorzuziehen, da der Renditeausfall Ersterer kürzer währt und ein schnelleres Aufholen ermöglicht. Quelle: AQR 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 90 100 110 120 130 140 USD Jahre Salami-Crash Blitz-Crash FOTO : © AQR , E RMANO GROS Z | S TOCK . ADOB E . COM » Portfolios durch erhöhte Diversifikation wetterfest zu machen, macht sich langfristig bezahlt. « Antti Ilmanen, Partner bei ADR und Co-Head der Portfolio Solutions Group Die Kunst der Absicherung 158 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : HEDG I NG

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