Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

hohe“ (siehe Chart „Nachhaltige Kapital- anlagen“). „Das Thema Nachhaltigkeit wird einerseits stark von äußeren Faktoren getrie- ben, beispielsweise durch steigende regula- torische Anforderungen oder die Möglich- keit, die eigene Reputation zu verbessern, aber nicht nur“, meint Lars Heermann, der bei Assekurata den Bereich Analyse und Bewertung leitet. Teilweise folgen die Häu- ser auch der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas oder sehen hier höhere Performanceaussichten. „Insofern hat offenbar ein Kulturwandel in den Un- ternehmen stattgefunden“, beobachtet Heermann. Solvenzsituation ist gut Interessant ist auch, wie die Lebens- versicherer unter Solvency II im Coro- na-Stress-Szenario reagiert haben. „Anhand der bislang veröffentlichten Zah- len können wir derzeit noch nicht sehen, wie sich Covid-19 auf die Solvenzquoten der Lebensversicherer ausgewirkt hat“, erklärt Heermann, „aber operativ haben die Versicherer in der Krise sehr professionell reagiert. Sie konnten das operative Tages- geschäft rasch sicherstellen, haben Notfall- stäbe eingerichtet und konnten offenbar auf belastbare Krisenpläne zurückgreifen.“ Insgesamt ist die Solvenzsituation der deutschen Lebensversicherer besser, als man angesichts der Zinssituation vermuten würde. Während die durchschnittliche Sol- venzquote 2018 noch bei 491 Prozent lag, fiel sie 2019 auf immer noch komfortable 423 Prozent. Ohne die Übergangsmaßnah- men, mit Volatilitätsanpassung, wäre die durchschnittliche Solvenzquote von deut- schen Lebensversicherungen 2018 bei 316 Prozent und 2019 bei 275 Prozent gewesen. „Der neuerliche Verfall an den Zins- märkten 2019 hat zwar Spuren hinterlassen, allerdings sind deutsche Lebensversicherer im europäischen Vergleich im Schnitt wei- terhin solide aufgestellt“, meint Heermann. Er warnt allerdings: „Zumindest im Markt- durchschnitt. Die SCR-Quoten reagieren stark auf Markt- und Zinsschwankungen, entsprechend groß sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Häusern. Bei ein- zelnen Versicherern sind die Solvenzquoten sicherlich auch kritisch zu betrachten.“ Was die Erfolgslage der deutschen Le- bensversicherungen betrifft, so ist diese maß- geblich von der Zinszusatzreserve (ZZR) geprägt. 2019 lag der Referenzzinssatz für die ZZR bei 1,92 Prozent. Das bedeutet, dass Bestände mit Rechnungszins ab 2,25 Prozent aufwärts von der ZZR betroffen sind und auf den Referenzzins von 1,92 Prozent nachreserviert werden müssen. Mittlerweile ist davon ein Großteil, nämlich 80 Prozent, der bilanziellen Branchenver- pflichtungen betroffen. Von der Einführung der ZZR 2011 bis 2019 haben die Lebensversicherer einen ZZR-Bestand von knapp 75 Milliarden Euro aufgebaut und dadurch umfangreiche Zins- vorsorge betrieben. Im Jahr 2019 betrug die Zuführung 9,5 Milliarden Euro; im Jahr 2020 wird sie voraussichtlich elf Milliarden Euro betragen. Insgesamt wird die bilan- zielle Widerstandsfähigkeit der Lebensver- sicherer durch die ZZR gestärkt, denn wirt- schaftlich spiegelt sich ihre Wirkung in einem Rückgang der Garantieanforderungen wider: Unter Berücksichtigung der ZZR sind die Bestände Ende 2019 durchschnittlich mit 1,77 Prozent statt nominell mit 2,73 Prozent zu verzinsen (siehe Chart „Die Finanzie- rung der ZZR“). Aber ganz ohne Wermutstropfen ist die ZZR nicht zu stemmen: Die Versicherer mussten dafür seit ihrer Einführung einen FOTO : © G I UD0 SCH I E F E R » Wir rechnen damit, dass bei einzel- nen Versicherern die Solvenzquoten auch kritisch zu betrachten sind. « Lars Heermann, Bereichsleiter Analyse und Bewertung, Assekurata Motivation zur Berücksichtigung von ESG-Kriterien ist überwiegend „von außen“ getriggert. Welche Gründe sind für die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei Ihren Investmententscheidungen ausschlaggebend? Zwar spielen äußere Faktoren eine Rolle, aber nicht nur. Die Häuser folgen auch der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit. Quelle: Assekurata. Befragung unter Asset Managern April/Mai 2020, n=30 Nachhaltige Kapitalanlagen sind mittlerweile für viele Versicherer relevant. Welche Bedeutung haben für Sie ESG-Kriterien bei Investmententscheidungen? Für viele Häuser haben nachhaltige Kapitalanlagen eine mittlere bis hohe Bedeutung, für einige Häuser auch eine „sehr hohe“. Keiner der Befragten hält die Bedeutung von ESG-Kriterien für „niedrig“. Quelle: Assekurata. Befragung unter Asset Managern April/Mai 2020, n=30 Steigende regulatorische Anforderungen Gesellschaftliche Bedeutung des Themas Verbesserung der eigenen Reputation Verbesserung des eigenen Risikomanagements Umsetzung der Unternehmenswerte/-strategie Wunsch/Nachfrage von Kunden Wunsch/Nachfrage von Vermittlern Wunsch/Nachfrage von Gremien Aussicht auf höhere Performance Optimierung des Risiko-Rendite-Profils im Portfolio 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 40 % sehr niedrig niedrig mittel sehr hoch hoch 154 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : L EBENS VE R S I CHE RUNGEN

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