Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

den USA und dem Vereinigten Königreich, begnügen. Bemerkenswert ist aber trotz die- ser Einschränkung die Abkoppelung Deutschlands, das gegenüber allen anderen Märkten einen negativen Contagion-Wert erzielt. Besser als gedacht In der weiterführenden Einzelbeschau zeigt sich außerdem, dass der Contagion- Grad zwischen den USA und Deutschland in der Nachkriegszeit im Durchschnitt nega- tiv war, wobei die Contagion mit minus 24 unter Bretton Woods stärker begrenzt war als während der Zeit der moderaten Globa- lisierung, als der Wert bei minus 0,06 Punk- ten lag. Die Ergebnisse der USA sind ins- gesamt bemerkenswert, weisen sie doch in der modernen Ära elf Mal einen negativen und nur vier Mal einen positiven Anstek- kungskoeffizienten mit anderen nationalen Aktienmärkten aus. Das bedeutet also, dass die Korrelationen, die die einzelnen Länder mit den Vereinig- ten Staaten hatten – darunter auch Deutsch- land, Österreich und die Schweiz –, mehr- heitlich und überwiegend positiver Natur waren. Anders gestaltet sich das Bild für Deutschland: Hier finden sich im einzel- staatlichen Vergleich während Bretton Woods deutlich geringere Kontaminierungs- effekte als während der modernen Ära der freien Wechselkurse. Deutsche Globalisie- rungkritiker finden also durchaus ein Argu- ment für ihre Position vor. Auch verglichen mit der frühen Globalisierung aus dem 19. Jahrhundert, waren die Kontaminierungsef- fekte aus deutscher Sicht in der Zeit nach 1971 deutlich höher als damals. Contagion-Killer Doch wie sieht es nun mit der globalen Contagion aus? Um diesen Effekt zu er- rechnen, bedienen sich die Autoren der Erkenntnisse, die Goetzmann, Li und Rou- wenhorst in ihrer 2005 erschienenen Arbeit „Long-term Global Market Correlations“ präsentiert haben. In dem nach ihnen be- nannten GLR-Test errechnen die Autoren Vektoren, die es ermöglichen, quasi die „Distanz“ von zwei Matrizen statistisch zu erfassen. Wendet man diese Technik auf den Ansteckungseffekt an, so ergibt sich für die erste moderate Globalisierungsära von 1880 bis 1914 ein GLR-Wert von 12,01. Die „Distanz“ zwischen den Märkten ist hier insgesamt relativ gering, die Contagion also relativ hoch. Zur besseren Einordnung: In der Zwischenkriegszeit und unter Bretton Woods, also den beiden Deglobalisierungs- perioden, erreicht derselbe Wert eine Punkt- zahl von 97,5 und 148,85. In der modernen Globalisierung ab 1972 sinkt diese Distanz zwar auf 138,38 Punkte, die Entfernung – und somit die Entkoppelung – ist aber im- Contagion Bretton Woods Je höher der Wert, desto höher das Kontaminierungsrisiko Däne- Frank- Deutsch- Nieder- Nor- Schwe- Austra- Österr. Belgien mark reich land Italien lande wegen Spanien den Schweiz UK Kanada USA lien Japan Österreich Belgien -0,20 Dänemark -0,05 -0,03 Frankreich -0,12 -0,06 -0,23 Deutschland -0,37 -0,18 0,11 0,00 Italien 0,01 -0,27 -0,16 -0,19 -0,02 Niederlande 0,02 -0,04 -0,18 0,19 -0,13 -0,04 Norwegen -0,20 -0,03 -0,36 -0,14 -0,31 -0,09 -0,01 Spanien 0,02 -0,02 -0,11 -0,02 0,08 0,28 -0,02 0,03 Schweden -0,01 -0,13 -0,17 -0,06 -0,09 0,01 -0,04 -0,15 0,01 Schweiz -0,06 0,03 -0,11 0,38 -0,30 -0,09 -0,09 -0,14 0,27 0,04 UK -0,06 -0,13 -0,09 -0,16 -0,01 0,05 0,05 -0,14 0,08 -0,06 0,07 Kanada 0,12 -0,15 -0,32 0,05 -0,38 0,05 0,00 0,15 -0,40 -0,08 0,14 0,00 USA 0,41 0,18 0,16 0,14 -0,24 0,11 0,06 0,40 0,03 0,13 0,15 0,12 0,39 Australien 0,04 -0,09 -0,14 -0,01 -0,11 -0,03 0,08 -0,10 -0,04 -0,11 0,08 -0,04 -0,01 0,11 Japan -0,24 0,24 0,00 0,07 0,36 -0,33 0,27 0,04 -0,22 0,04 -0,04 0,06 -0,01 -0,07 0,07 Südafrika 0,03 -0,09 -0,07 0,02 -0,13 -0,05 0,18 -0,05 -0,22 -0,15 0,27 -0,24 0,00 0,06 0,07 0,26 In der Zeit von Bretton Woods sind die Kontaminierungsrisiken relativ gering, die Deglobalisierungstendenzen führen also dazu, dass sich Abschwungphasen nur moderat über die Landesgrenzen hinweg ausbreiten. Verglichen mit der später einsetzenden modernen Globalisierung bleiben aber auch Aufschwungphasen relativ gebremst. Quelle: Studie » Treten nach einem Schock Korrelationen auf, die höher als der Durchschnitt sind, so sprechen wir von einem ›Contagion-Effekt‹. « Olivier Accominotti, London School of Economics N o. 3/2020 | www.institutional-money.com 149 T H E O R I E & P R A X I S : MARK T KONTAMI N I E RUNG

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