Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

also Korrelationen auf, die höher als der Durchschnitt sind, so sprechen wir von einem Contagion-Effekt.“ Steigende Korrelation Im Herzen dieser Definition steht also der Anstieg von grenzüberschreitenden Markt- korrelationen. Der Ansatz wirkt elegant, würde aber den Schluss zulassen, dass ein hoher Globalisierungsgrad eine Verringe- rung der „Infektionsgefahr“ bewirkt, wie Burietz ausführt: „Nehmen wir beispiels- weise zwei Märkte, die hoch integriert sind und eine Ertragskorrelation von 90 Prozent aufweisen. Die Korrelation könnte dann per Definition um nicht mehr als zehn Prozent steigen.“ Globalisierung sollte das Conta- gion-Problem also eigentlich „killen“, wie die Autoren bereits im Titel andeuten. Da für Investoren die negativen An- steckungseffekte ein Problem darstellen, schlagen die Autoren vor, die Contagion- Effekte der „normalen“ Marktperioden von denen der Krisenperioden zu trennen. Das Resultat wäre dann eine quantifizierbare „Kriseninfektion“. Bei ihren diesbezüglichen Beobachtun- gen gehen die Autoren historisch relativ weit zurück: Sie werten – so weit vorhan- den – globale Marktdaten aus, die die Zeit von 1880 bis 2014 – also dem vermeintli- chen Höhepunkt der Globalisierung – um- fassen. Über diese knapp 140 Jahre gesehen identifizieren sie vier verschiedene Globali- sierungsperioden: den klassischen Goldstan- dard, der vom Beginn des Beobachtungs- zeitraums bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs dauert. Dann die Zwischen- kriegszeit, weiters Bretton Woods bis 1971 und schließlich die Zeit der freien Wechsel- kursmechanismen. Den Globalisierungsgrad beschreiben sie für die erste Periode als „moderat“, dann zweimal als „schwach“ und am Ende als „stark“. 46 Krisen und Desaster Über diesen Zeitraum hinweg „zählen wir acht große Bankenkrisen, 15 Bond- oder Aktienkrisen, 24 Währungskrisen, drei große Bankrottfälle und vier Staatsschul- denkrisen“, listet Brière auf. Das erste dokumentierte Desaster ist der französische Aktiencrash von 1881, der „für die Pariser Börse die schlimmste Krise des 19. Jahr- hunderts darstellte“, wie Brière erklärt. Beim letzten erfassten Marktschock handelt es sich um die Eurokrise von 2010. Begrenzte Daten Die Monatserträge der – aus ihrer Sicht – relevanten Aktienmärkte entnehmen die Autoren der Datenbank „Global Financial Data“. In der ersten Periode, also der des klassischen Goldstandard von 1880 bis 1914, ist die Auswahl aufgrund des spärlich vorhandenen Datenmaterials am dürftigsten: Das Forscherteam kommt auf nur vier Märkte: USA, UK, Deutschland und Australien. Die Zahl steigt auf bis zu 17 und umfasst auch Daten zu Österreich und der Schweiz. Die Emerging Markets kommen über den gesamten Beobachtungszeitraum de facto nicht vor und werden einzig durch Südafrika vertreten. Das kann bereits an dieser Stelle als vor- ausgreifendes Resümee kritisch gesehen werden. Weder China, das in jüngerer Ver- gangenheit jedenfalls eine starke Rolle an den Märkten gespielt hat, noch Brasilien oder Argentinien mit seinen berüchtigten Staatspleiten kommen in der Analyse vor. Werden marktübergreifende Dominoeffekte durch Globalisierung verstärkt oder gar eingedämmt? Das kommt nicht unwesentlich darauf an, wie man das Konzept der „Contagion“ definiert. Versteht man unter Kontaminierung die Zunahme von marktübergreifenden Korrelationen in Krisenzeiten, dann droht mit den aktuellen Deglobalisierungstendenzen tatsächlich mehr Ungemach. N o. 3/2020 | www.institutional-money.com 147 T H E O R I E & P R A X I S : MARK T KONTAMI N I E RUNG

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=