Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

D ass sich zwischen der Aus- sendung der Fragebögen an die 74 teilnehmenden Noten- banken und deren Rücksen- dung neue Entwicklungen ergeben, ist bei der seit 2005 alljährlich erstellten Studie „HSBC Reserve Management Trends“ nichts Ungewöhnliches. In diesem Jahr mussten die Autoren aber angesichts der Pandemie noch einmal nachlegen und im April zwei Zusatz- fragen hinterherschicken, um zu verhindern, dass sich ihre jüngste Studie schon vor Er- scheinen in Altpapier verwandelt. 40 Noten- banken reagierten auf die Nachfrage, und ihre Antworten zeigen unmissverständlich, dass die Studienautoren gut daran getan ha- ben, auch nach den erwarteten Auswirkun- gen der Covid-19-Krise zu fragen. Fast drei Viertel der Reserve Manager gaben nämlich an, dass die Krise im laufenden Jahr signi- fikanten Einfluss auf ihre taktische Asset Allocation haben werde, bei fast zwei Drittel senkte sich die generelle Risikobereitschaft, wobei mehr als die Hälfte angaben, auch ihr Risikomanagement und ihre strategische Allokation anpassen zu wollen oder das be- reits getan zu haben. Als größtes potenzielles Problem sahen die Investmentverantwortli- chen der Notenbanken vor Ausbruch der Pandemie eine weitere Abschwächung des Wirtschaftswachstums in China, für fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer war dies das wichtigste Risiko. Ad- diert man die zwölf Prozent hinzu, die vor allem im schwelen- den Konflikt zwi- schen den USA und China eine ernsthaf- te Bedrohung sehen – auch dies bedroht die Konjunktur in China –, sind es rund 60 Prozent, die besorgt sind, dass die Konjunk- turlokomotive China zu stark ausge- bremst wird. Weiterhin Kopfzerbrechen berei- tete den Notenbankern schon vor der Coronakrise das Tiefzinsumfeld, hierin sahen 37 Prozent einen we- sentlichen Risikofaktor. Deutlich anders wurde vor allem das Thema Marktliquidität vor und nach Aus- bruch der Krise wahrgenommen. Anfang des Jahres hegten nur drei Prozent die Befürchtung, dass dies zu einem zentralen Problem werden könnte, nach der Auswertung der nachgereichten Fragebogen stieg dieser Wert auf 41 Prozent und wur- de damit binnen wenigen Wochen zur Hauptsorge der Reserve Mana- ger. Dass sich diese Sorge als unbe- gründet erweisen würde, konnten sie zum Zeitpunkt der Umfrage nur hoffen, denn die Rettungsmaßnah- men der Notenbanken und die Kon- junkturpakete der Regierungen setz- ten damals erst schrittweise ein. 20 Prozent der befragten Notenbanker sorgten sich nach ersten Marktrückschlägen infolge der Covid-19-Krise auch über einen möglichen Volumensrückgang ihrer Reser- ven. Dass die Marktturbulenzen kurz nach Ausbruch der Pandemie auch bei den Anla- geverantwortlichen der Zentralbanken ähn- liche Sorgen verursachten wie bei allen an- deren Marktteilnehmern, ist so wenig überraschend wie die Tatsa- che, dass sie in etwa diesel- ben Schlüsse daraus zogen. Auf die Frage „Sehen Sie einen Einfluss der Covid-19- Krise auf folgende Bereiche?“ T H E O R I E & P R A X I S : Z ENT RA L BANKPOL I T I K Auch die Investmentmanager der Zentralbanken wurden im laufenden Jahr von der Corona-Pandemie überrascht, im ersten Schock gingen auch sie von geänderten Rahmenbedingungen aus. Geld fieber Seit 2005 werden jährlich die „HSBC Reserve Management Trends“ von Central Banking Publications herausgegeben. Bezug unter: www.riskbooks.com Publiziert im Juni 2020 ISBN Buch: 13-978-1-78272-985-3 Preis Paperback: 200 Pfund 124 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com Galt die Hauptsorge der Investmentverantwortlichen der Zentralbanken im Vorjahr noch steigenden Zinsen, so befürchtet die Mehrheit in diesem Jahr eine Eskalation des Handelsstreits zwischen den USA und China und daraus resultierende negative Folgen für die Weltwirtschaft. FOTO : © MN I MAGE | ADOB E . S TOCK . COM ; H S BC

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