Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

M an kann über den briti- schen Premier durchaus geteilter Meinung sein, aber so wie es aussieht, wird er zumindest ein Versprechen auf Punkt und Komma erfüllen – und zwar jenes, das sich in drei Wörtern zusammen- fassen lässt: „Get Brexit Done.“ Das wird nun endgültig per Jahreswechsel 2020/ 2021 geschehen sein, weil der Tory im vergangenen Juni die Frist für eine mög- liche Verlängerung der Handelsgespräche zwischen EU und UK verstreichen hat lassen. Sollte es bis Ende 2020 tatsächlich zu keinem Deal kommen, fallen die Be- ziehungen automatisch auf das WTO- Regelwerk zurück, der „harte“ Brexit wäre somit eingetreten – also „Done“. Perplexe Amerikaner Doch was bedeutet das für die Real- und Finanzwirtschaft? Karen Ward, bei J.P. Morgan Chief Market Strategist für EMEA, erzählt in diesem Zusammenhang gern von ihrem Gespräch mit einem amerikanischen Kollegen, der „sich perplex darüber zeigte, dass ich über den Brexit vorgetragen hatte. „Ist der Brexit nicht erledigt?“, habe dieser gefragt. Wards Antwort: „Nein, ist er nicht.“ Sie weist auf „erhebliche Risiken“ hin, die unter anderem von „größeren Währungs- schwankungen ausgehen könnten“. FTSE- 100-Unternehmen erwirtschaften 80 Pro- zent ihrer Umsätze im Ausland. Kommt es im Fall einer Last-Minute-Einigung zu einer Aufwertung des Pfunds, würde das diese Gewinne belasten – mit den entsprechenden negativen Impulsen für den britischen Ak- tienmarkt. Im gegenteiligen Fall könnte man also meinen, dass ein harter Brexit ein Kaufsignal wäre – doch Ward rät davon ab, „sich zu sehr auf eine Erholung des FTSE im Fall eines Hard Brexit zu verlassen. Denn die Folgen eines ungeordneten Aus- tritts könnten wiederum die Auslands- umsätze von UK-Firmen massiv beeinträch- tigen.“ Mit anderen Worten: Man weiß schlicht nicht, welche Auswirkungen der Brexit tat- sächlich auf die Märkte haben wird. An die- ser Stelle die gute Nachricht: Ein internatio- nales Autorenteam hat in einem aktuellen NBER-Paper untersucht, welche Rolle Brexit-Unsicherheiten an den Märkten und in der Realwirtschaft spielen: „The Global Die meisten Unternehmen wissen laut einer aktuellen Studie noch gar nicht, ob sich der Brexit positiv oder negativ auf ihr Geschäft auswirken wird. Entsprechend unsicher ist auch, welche Maßnahmen sie mit dem ökonomischen Austritt Großbritanniens per Jahreswechsel ergreifen werden. Risiko und Sentiment rund um den Brexit Während das Risiko verstärkt wahrgenommen wird, sinken die Erwartungen, dass sich der EU-Austritt als positiv herausstellen könnte. Je schwieriger die Austrittsverhandlungen wurden, umso stärker stieg unter den Unternehmen weltweit die in der Risikokurve abgebildete Unsicherheit. Gleichzeitig sank die in der Sentiment-Kurve abgebildete Erwartung, wonach der EU-Austritt auch positive Auswirkungen auf das eigene Geschäft haben könnte. Quelle: Studie 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 Brexit Referendum −1,5 −1 −0,5 0 Brexit Referendum FOTO : © J. P. MORGAN, J A SON A L DEN | B LOOMB E RG Brexit: Alles andere als eingepreist » Ist der Brexit erledigt? Nein, ist er nicht! « Karen Ward, Chief Market Strategist J.P. Morgan Index Brexit Risk Index Brexit Sentiment Risikokurve Sentimentkurve 2015 Q1 2016 Q1 2017 Q1 2018 Q1 2019 Q1 2015 Q1 2016 Q1 2017 Q1 2018 Q1 2019 Q1 118 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : BR E X I T

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