Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Signifikante Underperformances von Faktorrenditen in kurzfristigen Zeiträumen stehen in einem deutlichen Zusammenhang mit Änderungen im makroökonomischen Umfeld. Temporär negative Performances dieser Faktoren sollten seitens der Investo- renschaft erwartet werden und sind kein Beweis für die Existenz eines Crowding- Effekts. Crowding-Nachweis? Während es keine spezifischen Belege für die Existenz eines Crowding-Effekts im Be- sonderen bei Smart-Beta-Indizes gibt, unter- suchen einige wenige Studien der letzten Zeit potenzielle Auswirkungen auf weithin genutzte Faktorprämien, die nachweislich einen Mehrertrag liefern. Keine dieser Ar- beiten liefert allerdings einen klaren Beweis dafür, dass Faktorprämien wegen des Crowding-Effekts wahrscheinlich ver- schwinden werden. Wenn man sich die Re- sultate der nicht publizierten Arbeit von Yost-Bremm von 2014 ansieht, die manch- mal zur Unterstützung der Crowding-Theo- rie zitiert wird, findet man dort keine schlüssigen Beweise dafür, dass Crowding- Effekte einen bedeutenden Kostenfaktor für Faktorinvestoren darstellen. Obwohl das Pa- per Belege für abnormal hohe Handelsvolu- mina in jenen Aktien findet, die in Stan- dard-Faktor-Portfolios das eine Mal schon und das ande- re Mal wieder nicht aufschei- nen, bedeuten die Ergebnisse doch nicht, dass es eine hohe Hürde bei der Umsetzung von Standard-Faktor-Strategien gibt. Die Belege, die sich fin- den lassen, weisen deutlicher in Richtung eines Effekts auf das Handelsvolumen und le- gen eine viel schwächere Wir- kung auf die Aktienrenditen nahe. Die Proponenten der Crowding-Theorie glauben, dass Crowding den Vorteil der Smart-Beta-Strategien infolge höherer Im- plementierungskosten gänzlich verschwin- den lässt. Diese Gruppe ist überzeugt, dass Smart-Beta-Strategien eine eindeutig be- schränkte Kapazität haben. Das bedeute, dass mit zunehmenden Assets under Ma- nagement in diesen Strategien der Impact auf den Preis im Zuge des Rebalancing die Renditevorteile schnell erodieren lasse. Um verstehen zu können, in welchem Ausmaß der Crowding-Effekt bei den Umsetzungs- kosten von Belang ist, ist es einmal notwen- dig zu verstehen, unter welchen Bedingun- gen ein Impact auf den Aktienkurs auftreten kann. Dieser Kurs-Impact ist eine Beobach- tung aus dem realen Trading, wo Investoren in Märkten mit Friktionen agieren, während die meisten theoretischen Modelle von rationalen und friktionsfreien Märkten aus- gehen und Aktienkurse nur durch deren abdiskontierte Cashflows bestimmt werden. Angesichts von Friktionen beim realen Handel verlangen Anbieter von Liquidität eine Entschädigung dafür, dass sie große Trades absorbieren. Diese Kompensation schlägt sich dann in einem Kurs-Impact nie- der und bedeutet nichts anderes als höhere Kurse für Käufer und niedrigere für Verkäu- fer. Liquidität ist die entscheidende Deter- minante für die Kapazität jeder Smart-Beta- Strategie. Obwohl die Schätzungen des Preis-Impacts und der Kapazität einer Fak- torstrategie voneinander abweichen, so gibt es doch eine gemeinsame Erkenntnis, dass die Implementierung angemessener Investmentregeln zur Umsetzung der Strate- gie die Replikationskosten verringern kann. Es geht hier um Umsetzungstechniken, die zu einer Optimierung der Investierbar- keit führen. Mithilfe dieser Maßnahmen ist die Kapazität dieser Strategien ziem- lich hoch. Dazu kommt, dass DeMiguel 2019 zeigen konnte, dass die Auswir- kungen von Crowding auf den Preis- Impact durch Diversifikation im Handel verringert werden können. Da Trades in verschiedenen Smart-Beta-Strategien nicht perfekt korreliert sind, kann man bei einer Kombination mehrerer unter- schiedlicher Strategien den Umsatz und damit die Preis-Impact-Kosten verringern. Generalisierende Aussagen zu den Auswir- kungen von Crowding auf die Kosten des Preis-Impacts bei allen Smart-Beta-Strate- gien sind nicht darstellbar, denn es kommt vor allem auf die konkrete Umsetzung der Strategien an. Empirische Ergebnisse jüngeren Datums zeigen, dass eine angemessene Implementie- rung von Smart-Beta-Strategien zu keinen Nachteilen infolge von Preis-Impact-Kosten führt. 2019 haben die drei SciBeta-Kapital- marktforscher Bregnard, Bruno und Goltz die Auswirkungen des Preis-Impacts aus dem Rebalancing von zwei Multi-Faktor- Smart-Beta-Indizes geschätzt und den nega- tiven Effekt des Price-Impacts auf die In- dexperformance gemessen. Dabei konnten diese Multi-Faktor-Smart-Beta-Strategien die Vorteile der Diversifikation im Handel nutzen. Zudem wurde die Liquidität auf- grund der Anwendung stringenter Invest- mentregeln vergrößert. Im Ergebnis fand das Trio keinen Beleg für si- gnifikante Auswirkungen auf die Aktienkurse (siehe Tabelle „Kein Performance Drag“). Tatsächlich war der Perfor- mance Drag nahe null und sogar in einigen Fällen leicht negativ, was den Schluss na- helegt, dass die Performance der beiden Multi-Faktor- Smart-Beta-Indizes nicht unter den Auswirkungen auf Aktien- kurse durch das Rebalancing leidet. Kein Performance Drag Clever und regelbasiert umgesetztes Rebalancing bremst die Performance nicht. US Multi-Beta Developed Markets ex Multi-Strategy 4 Factor Multi-Beta Multi-Strategy 4 Factor Equal-Weighted Index US Equal-Weighted Index Zeitfenster 1 minus 0,02 Prozent minus 0,07 Prozent Zeitfenster 2 0,00 Prozent minus 0,01 Prozent Multi-Faktor-Smart-Beta-Strategien nutzen Vorteile der Diversifikation im Handel. Zudem wird die Liquidität aufgrund der Anwendung stringenter Investmentregeln vergrößert. Ergebnis: Performanceeinfluss nahe null. Analysezeitraum: Dezember 2013 bis März 2018. Quelle: SciBeta » Lange Phasen der Underperformance einzelner Faktorrenditen sind an und für sich nichts Außergewöhnliches. « Giovanni Bruno, Senior Quantitative Analyst bei Scientific Beta in Nizza N o. 3/2020 | www.institutional-money.com 109 T H E O R I E & P R A X I S : SMAR T BE TA

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