Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

1 997 lancierte die Chicago Mer- cantile Exchange (CME) erst- mals den S&P-E-Mini-Futures- Kontrakt, einen Terminkontrakt auf den S&P 500, dessen Größe nur ein Fünftel des bis dahin verfügbaren Standard- S&P-500-Futures-Kontrakts ausmacht. Die Determinanten des Mini-Kontrakts sind die folgenden: Der Wert eines E-Mini-Futures- Kontrakts liegt bei 50 US-Dollar mal dem Indexstand des S&P 500 Index und da- mit bei 168.075 US-Dollar per 15. Au- gust 2020 im Septemberkontrakt und ist ebenso Underlying für Optionen wie der große Kontrakt. Diese E-Mini-Futu- res werden zum Start im elektronischen Globex-System gehandelt, während da- mals der Standard-Futures-Kontrakt noch im „Open Outcry“-Markt gehan- delt wurde. Der E-Mini-Future war je- denfalls so erfolgreich, dass das tägliche Handelsvolumen in US-Dollar jenes des Standardkontrakts schon 2002 überstieg und damit zum meistgehandelten Futures-Kon- trakt an der CME wurde. Andere Derivat- börsen zogen daraufhin nach und etablierten ebenfalls Mini-Futures, wobei allerdings nicht alle Einführungen so erfolgreich wie jene des S&P-500-E-Mini-Kontrakts verlie- fen. E-Mini-Kontrakte sind für eine breite Palette von Indizes verfügbar, die vom Nas- daq 100 über den S&P MidCap 400 bis zum Russell 2000 sowie Gold und Euro rei- chen. Nun führt die CME Group sogar Mi- cro E-mini Futures ein – eine neue Produkt- familie von Futures-Kontrakten in kleinerer Stückelung auf vier große Indizes: S&P 500, Nasdaq-100, Russell 2000 und den Dow Jones Industrial Average. Alle vier Mi- cro E-mini Futures haben dabei nur 1/10 der Größe der entsprechenden E-mini Futu- re-Kontrakte. Bisher gab es relativ wenig Research, das sich mit den Auswirkungen der Fragmentie- rung des Tradings auf die Liquidität be- schäftigt hat. Frühere Studien haben sich nur mit einzelnen Futures-Kontrakten be- fasst und kein internationales Datenset ana- lysiert. Zu nennen ist hier Smales, der 2016 herausfand, dass Trader unterschiedlich auf Stimuli wie vergangene Renditen in klassi- schen und E-Mini-S&P-500-Kontrakten reagierten. Silber hat 1981 argumentiert, dass zusätzliche Futures-Kontrakte zu Frag- mentierungen im Handel führen können und damit konsequenterweise zu einer Ver- ringerung der Handelsvolumina und der Liquidität. Silber strich allerdings auch heraus, dass durch Arbitrage die Liquidi- tät wiederhergestellt werden kann. Wie sich E-Mini-Kontrakte auswirken würden, war also alles andere als klar. Hier bringt nun die neue Studie Licht ins Dunkel. Minis als Non-Event? Prof. Dr. Erik Theissen, Inhaber des BWL-Lehrstuhls mit Schwerpunkt Finanz- wirtschaft an der Universität Mannheim, und sein Doktorand Stefan Greppmair un- tersuchen empirisch in einem Working Pa- per des CFR (Centre of Financial Research Cologne), wie sich die Einführung des S&P-E-Mini-Futures-Kontrakts auf die Handelsaktivität, Liquidität und Volatilität des Standardkontrakts auswirkt. Diese Fra- gen abzuklären ist in mehrerlei Hinsicht wichtig. Erstens hängen die Einnahmen der Derivatebörsen von den Ausführungsge- bühren ab, die der Mini-Futures-Handel ein- bringt, sowie von den generierten Gebühren der Standardkontrakte. Die Gebührenein- nahmen sind von Zahl und Größe der Kon- trakte abhängig. Zweitens sind die Investo- ren vor allem an der Liquidität der Kontrak- te, die sie handeln, interessiert. Sollte näm- lich die Liquidität in Standard- und Mini- Kontrakten nach deren Einführung geringer als die Liquidität der Standardkontrakte vor Einführung der Minis sein, wäre den Inves- toren nicht gedient. Drittens steht da noch die Frage im Raum, wie die Palette der ver- fügbaren derivativen Instrumente auf das- selbe Underlying die Qualität des Marktes beeinflusst, was für Börsenbetreiber, Markt- teilnehmer und Aufsichten von Interesse ist. Theissen und Greppmair haben in ihrem Set-up über einen Zeitraum von fast 34 Jah- ren – konkret von 1994 bis August 2017 – Daten zu 30 regulären (Standard-) und 21 Mini-Kontrakten zusammengestellt, die alle während des Untersuchungszeitraums lan- ciert wurden. Die Kapitalmarktforscher führten eine Difference-in-Differences-Ana- lyse (Differenz-von-Differenzen-Ansatz) durch und implementierten zusätzlich eine Modifikation dieser Analysemethode, die eine synthetische Kontrollgruppe konstru- iert, wie das Abadie und Gardeazabal 2003 beziehungsweise Abadie, Diamond und Hainmüller 2010 vorschlugen. Differenz-Analyse Sie beginnt damit, dass die Wissenschaft- ler analysieren, wie die Einführung eines Mini-Kontrakts das Handelsvolumen des Standardkontrakts, gemessen an der Anzahl der Kontrakte, beeinflusst. Die Resultate der S&P-E-Mini-Futures-Kontrakte gibt es seit 1997. Jetzt untersuchte eine Studie, ob die Einführung dieser Kontrakte Auswirkungen auf den regulären großen S&P-500-Futures-Kontrakt hatte. FOTO : © UN I V E R S I T Ä T MANNHE I M , T I M BOY L E Harmlose Zwerge » Im Schnitt wirken sich Mini- Kontrakte auf das Handelsvolumen regulärer Kontrakte nicht aus. « Prof. Dr. Erik Theissen, Inhaber des BWL-Lehrstuhls mit Schwerpunkt Finanzwirtschaft an der Universität Mannheim 100 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : FUTUR E S

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