Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

die Widersprüche in den Begriffsdefinitio- nen verringert werden sollen. Diese Verbes- serung könnte aber auch ihren Preis haben. Umdenkprozess läuft Die von der UNO geförderten Principles for Responsible Invest- ment (PRI) sind nun industrieweiter Standard bei Asset Managern genau- so wie bei institutionellen Investo- ren. Immerhin 35 Prozent der befragten Hedgefonds haben diese unterschrieben, 17 Prozent wollen die Unterschrift bald leisten, 48 Pro- zent haben hingegen nicht vor, das in nächster Zeit zu tun. Aber immerhin 56 Prozent der Hedgefondsmanager möchten die Prinzipien nachhaltigen Investierens in ihre inneren Abläufe aufnehmen. Damit können sie an Glaubwürdigkeit. Authentizität und Transparenz gewinnen. Luft nach oben ist hier in beiden Fällen. ESG-Reporting – als Messung und Berichtswesen betreffend die nichtfinanziel- len Auswirkungen der Investments – ist die nächste Stufe in Bezug auf nachhaltiges Investieren, die es zu nehmen gilt. Investo- ren und Regulatoren verlangen die zeitnahe und umfassende Offenlegung von Informa- tionen. Hedgefondsmanager sind dadurch gezwungen, sich hier weiterzuentwickeln, um in einer Welt, in der sich Best Practice immer weiter in Richtung höherer Anfor- derungen verschiebt, relevant zu bleiben. Gegenwärtig besitzt die Mehrheit der Hedge- fonds – 57 Prozent der Befragten – gar kein ESG-Reporting. Von denen, die ihre ESG-Performance berichten, verwenden 23 Prozent das PRI-Re- gelwerk, und elf Prozent verwenden eigene, selbst entwickelte Kennzah- len. Die Wahrnehmung seitens Insti- tutioneller sieht hier anders aus: 85 Prozent der befragten institutionellen Anleger meinen, dass Hedgefonds nicht über nichtfinanzielle Auswir- kungen berichten. Auch hier scheint also für Hedgefonds noch jede Men- ge Verbesserungspotenzial zu beste- hen. Was die aktive Ausübung von Aktionärsrechten (Active Owner- ship) anbelangt, sind Hedgefonds geradezu prädestiniert dafür, Firmen mit Underperformance im Nachhal- FOTO : © B A I L L I E G I F FORD Greenwashing in der Hedgefondsindustrie Was Institutionelle dazu sagen Fast die Hälfte der befragten Investoren ist sich nicht sicher, ob Green- washing bei Hedgefonds stattfindet, aber immerhin 41 Prozent finden diese Praxis in signifikantem Ausmaß vor. Quelle: KPMG-CAIA-AIMA-CREATE Umfrage 2020 Geringes Ausmaß an Greenwashing | 0 % Nicht sicher Geringes Au Gewisses Au Signifikante Signifikantes Ausmaß an Greenwashing 41 % Nicht sicher 48 % Ein gewi sses Ausm aß an G reenwashing 11 % tionspapier auf ebensolche Nebeneffekte hin, die viele übersehen. Er argumentiert, dass dieses Gebaren eigentlich nicht mit dem Verständnis eines Fondsmanagers als Treuhänder vereinbar sei. Denn ein Teil der Einnahmen aus der Wertpapier- leihe fließt gar nicht in das Sondervermö- gen, sondern bleibt beim Asset Manager als Ertrag. Obendrein verlangen die Fondsmana- ger von ihren Investoren sogar noch eine Gebühr dafür, dass sie das Collateral aus- wählen und verwalten. Diese Abgabe sei auch nur „im Kleingedruckten“ zu finden, so Nisbet. Es sei mitunter schwierig für die tatsächlichen Besitzer, die verliehenen Ak- tien rechtzeitig zum Hauptversammlungs- termin zurückzurufen, berichtet Nisbet. Gerade bei kurzfristig anberaumten außerordentlichen Aktionärstreffen könn- ten die Papiere nicht immer fristgerecht zurückgefordert werden, um an der Stimmabgabe teilzunehmen. Dies führe zu der kuriosen Situation, dass über wichtige Fragen, die die Zukunft eines Unterneh- mens betreffen, nicht die Eigentümer mit- entscheiden, sondern die kurzfristigen Ausleiher wie eben Hedgefonds, die dann bei wichtigen Unternehmensentscheidun- gen mitreden. Geringe Einnahmen Daneben verweist der Baillie-Gifford- Experte noch auf die Risiken, die mit der Wertpapierleihe einhergehen. So könne die Gegenpartei pleite gehen und sich die Sicherheit als nicht so werthaltig erweisen wie gedacht. Diese Gefahren seien zwar gering und beherrschbar, räumt Nisbet ein. Doch er stellt diese Risiken den Ein- nahmen aus der Wertpapierleihe gegen- über und zieht dazu öffentliche Angaben des Fondsgiganten BlackRock heran. Der Schotte rechnet vor, dass mehr als die Hälfte von dessen Fonds weniger als 0,01 Prozent ihrer Rendite durch das Leih- geschäft erzielen. Bei einem Drittel seien es zwischen 0,01 und 0,05 Prozent, und nur bei einem Bruchteil der Fonds bezif- ferte sich die Rendite aus der Leihe auf mehr als 0,1 Prozent. Nisbets Fazit lautet daher: Die Wertpapierleihe lohnt sich nicht, zumindest nicht für den Investor. Die Letztentscheidung liegt beim Inves- tor, ob er mit einem Hedgefondsmanager, der Short-Strategien umsetzt, zusammen- arbeiten möchte, und wenn ja, ob er auch in einen solchen Fonds investiert sein möchte. Die Wissenschaft bricht im Übri- gen mehrheitlich eine Lanze für Short Sel- ling, weil dies einen Weg darstellt, damit die Preisbildung am Markt möglichst effi- zient erfolgen kann. DR. KURT BECKER » Die Wertpapierleihe lohnt sich nicht, zumindest nicht für den Investor. « Scott Nisbet, Partner bei Baillie Gifford, Edinburgh, Schottland  Fortsetzung 94 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : HEDGE FONDS

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