Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Datenprobleme Immerhin 15 Prozent der Hedgefonds ha- ben bereits ESG-Faktoren in ihre Strategien eingebunden und befinden sich nach eige- ner Anschauung in einem reifen Stadium der Umsetzung. Dazu gehören entsprechen- de interne Richtlinien, Komitees, Research und Daten. Weitere 44 Prozent machen bei ESG Fortschritte, die Implementierung wird schrittweise durchgeführt und ist als „work in progress“ zu verstehen. Bei 31 Prozent ist das Bewusstsein um die Wichtigkeit der ESG-Implementierung im Steigen begrif- fen, sie sind erst in einer Frühphase der Beschäftigung mit dem Thema. Zehn Pro- zent haben bis dato noch nicht mit der Im- plementierung von ESG in ihren Prozessen begonnen. Es gibt aber Faktoren, die dem Fortschritt bei der ESG-Implementierung entgegenar- beiten. An erster Stelle steht dabei der Man- gel an qualitativ hochwertigen und konsis- tenten Daten (siehe Grafik „Datenwirr- warr“) bezüglich ESG-Faktoren. Mehr als jeder Zweite – konkret 63 Prozent – mo- niert den Mangel an verlässlichen Daten, und immerhin 36 Prozent erachten keine eindeutige Terminologie und damit keine allgemein gültigen Definitionen für gewähr- leistet. Hier kann unter Umständen die Taxonomie der Europäischen Union hilfreich sein. Auch nicht offengelegte Researchmethoden, nicht vergleichbare ESG-Berichte von Firmen und ein Man- gel an konkreten Vorgaben werden als Kritikpunkte ins Treffen geführt; gleich- zeitig wird aber konzediert, dass sich die Datenqualität konstant verbessert. Geteilte Ansichten Was die Qualität von ESG-Daten an- belangt, so betrachten Hedgefondsmana- ger diese mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Einerseits gibt es Manager, die einen opportunistischen Standpunkt einnehmen oder schlichtweg neugierig sind, weil sie Datenprobleme als versteckte Möglichkeiten ansehen, um Marktineffizienzen zu nutzen und damit Alpha zu generieren. Außerdem bieten nicht strukturierte Datensätze einen Ansatzpunkt für den Einsatz von Machine Learning und anderen quantita- tiven Techniken, um den Markt besser zu verstehen. Tatsächlich glauben viele insti- tutionelle Investoren, dass solche Ineffizien- zen eine wichtige Grundlage für Alpha- Chancen darstellen, die zu heben Hedge- fonds besonders geeignet erscheinen, verfü- gen sie doch über ein großes Reservoir an talentierten Mitarbeitern, sind aktivistische Aktionäre und nutzen sophistizierte Han- dels- und Machine-Learning-Algorithmen, die auf Real-Time-Investing ausgelegt sind. Andererseits gibt es Manager, die entwe- der skeptisch bezüglich der verfügbaren Daten oder überwältigt von der Herausfor- derung sind, das Rauschen aus den Daten herauszufiltern. Inkonsistente Daten und ein unterschiedliches Ausmaß an Offenlegung von Daten durch Unternehmen erschweren es Hedgefondsmanagern, diese in ihren Re- search- und Investmentprozess zu integrie- ren. Daraus Alpha-Signale zu generieren, ist eine Herkulesaufgabe für manche Manager. Dazu kommt, dass Hedgefondsmanager vorsichtig agieren, wenn es um Wetten auf Strategien geht, die in Ermangelung einer genügend langen historischen Datenzeit- reihe nicht ausführlich getestet werden kön- nen. Schließlich gibt es noch weitere Fak- toren, die eine Minderheit der befragten Hedgefondsmanager nennt. So sagte im- merhin ein Viertel der Befragten, dass ESG- Faktoren bei den von ihnen verfolgten Investmentstrategien einfach keine Rolle spielen, und 21 Prozent machten einen Mangel an qualitativ hochwertigen Invest- mentopportunitäten aus. Welche ESG-Ansätze? Da es verschiedene Ansätze bei der Aus- richtung auf ESG-Faktoren gibt, wollte man bei KPMG wissen, welche der anerkannten ESG-Strategien am besten den Ansatz be- schreiben, den Hedgefonds verfolgen. Da- bei waren Mehrfachnennungen möglich. ESG-Integration nannten immerhin 52 Pro- zent der Befragten, was bedeutet, dass ESG-Faktoren in den traditionellen Invest- mentprozess integriert werden müssen. In den meisten Fällen werden diese nichtfinan- ziellen ESG-Faktoren gleichberechtigt mit den finanziellen Faktoren behandelt. Der zweite – und deutlich weniger anspruchs- volle – Ansatz und mit 50 Prozent der Nen- nungen der zweitwichtigste sind Aus- schlusskriterien. Hier bleiben Branchen und Einzeltitel, die dem Wertesystem des insti- tutionellen Investors zuwiderlaufen, unbe- rücksichtigt. An dritter Stelle folgt dann En- gagement mit 31 Prozent der Nennungen, wo im direkten Kontakt mit dem Topma- nagement des Zielunternehmens ESG-Fra- gen besprochen und Veränderungen ange- regt werden sowie das Stimmrecht entspre- chend ausgeübt wird. Datenwirrwarr Ratingagentur 1 repräsentiert MSCI ESG Ratings; Ratingagentur 2 Thomson Reuters ESG Ratings. Universum: MSCI World. Jeder Punkt steht für eine Aktie des MSCI World. Die Einschätzung der beiden Agenturen differieren beträchtlich. Wären die Ratings ähnlich, müssten sie sich entlang des schattierten Bereichs gruppieren. Daten per 31. Dezember 2019. Quelle: Refinitiv, MSCI und QS Investors Research Je eine Aktie des MSCI World ESG Ratings von Thomson Reuters 0 20 40 60 80 100 100 80 60 40 20 0 ESG Ratings von MSCI ESG Ratings 90 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : HEDGE FONDS

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