Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Fiona Frick: Im März sind zum einen die Makroindikatoren weltweit zusammenge- brochen, was auf die extrem schnell erfolgte Umsetzung von Lockdowns und die in der Folge eingetretene wirtschaftliche Untätig- keit in der ganzen Welt zurückzuführen ist. Wir haben Schwankungen in den makro- ökonomischen Datenreihen erlebt, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Am sym- bolträchtigsten ist wahrscheinlich die Zahl der US-amerikanischen Arbeitslosenanträ- ge, die von durchschnittlich über 200.000 pro Woche auf immer neue Höchststände geklettert ist. Die Investoren haben darauf mit einer extrem angestiegenen Nervosität reagiert, und es gab einen zweiten Schock in Form eines abrupten Ausverkaufs. Das hat zum dritten Schock geführt, wodurch ein systemisches Liquiditätsrisiko entstanden ist, das nur durch eine Stützung in Form von staatlichen Hilfsprogrammen, vor allem aber durch massive Eingriffe der Notenban- ken wieder in den Griff zu bekommen war, die inzwischen ja nicht nur Staatsanleihen kaufen, sondern auch Unternehmensanlei- hen und sogenannte Fallen-Angels-Papiere. Wie haben Sie bei Unigestion auf die Situa- tion reagiert? Fiona Frick: Auch wenn die Liquiditätssitua- tion sich im April wieder weitgehend beru- higt hat, blieb natürlich die Frage, wie lange die makroökonomischen Probleme noch dauern würden und mit welchen Auswirkun- gen in Bezug auf die Gewinne von Unter- nehmen, aber auch die allgemeinen wirt- schaftlichen Rahmendaten in den nächsten Monaten zu rechnen sein würde. Da dies sehr schwer einzuschätzen war, verfolgten wir bei unserer Vermögensallokation insgesamt einen Barbell-Ansatz, wobei wir selektiv einige Wachstumsanlagen bevorzugten und gleichzeitig Absicherungsanlagen kauften. Was bedeutet das in der konkreten Umset- zung für einzelne Assetklassen? Fiona Frick: Bei Growth-Assets ist die Aus- wahl entscheidend. Im Bondbereich favori- sieren wir wegen der Unterstützung durch die Notenbanken derzeit vor allem Unter- nehmensanleihen. Auch wenn sich die Kurssituation an den Aktien- und Anleihen- märkten seit den Tiefständen im März ins- gesamt deutlich erholt hat, besteht ja zum einen weiterhin das Risiko einer ausgepräg- ten Rezession fort. Zum anderen stehen die Märkte insgesamt weiter unter einem hohen Stress, wenn auch die extrem hohe Kauf- bereitschaft auf Seiten der Notenbanken für eine gewisse Beruhigung gesorgt hat. Im Aktienbereich sind wir eher bei defensiven Sektoren auf der Käuferseite, aber auch bei Technologiewerten, die zu den großen Ge- winnern dieser Krise gehören werden. Au- ßerdem haben wir zu Absicherungszwecken eine kleinere Position in Gold erworben. Was verstehen Sie genau unter defensiven Werten im Aktienbereich, und wo stehen Sie eher auf der Verkäuferseite? Fiona Frick: Im Prinzip sind defensive Aktien vor allem Werte aus dem Bereich Konsum- güter des täglichen Bedarfs. Wenn wir ehr- lich sind, dann brauchen die Menschen in Zeiten von Corona doch vor allem zwei Dinge: Lebensmittel und eine funktionie- rende Internetverbindung. Deshalb meiden wir Segmente wie zyklische Konsumgüter, Aktien des Transportgewerbes, Unterneh- men der Reisebranche und Einzelhandels- unternehmen. Wir versuchen so, das Port- » Im Aktienbereich sind wir eher bei defensiven Sektoren auf der Käuferseite, aber auch bei Technologiewerten, die zu den großen Gewinnern dieser Krise gehören werden. « Fiona Frick, Unigestion F OTO S : © E R I C F R ACHON 48 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : F IONA FR I CK | UNIGES T ION

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