Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

auf steuerliche Maßnahmen zurückhaltend, ob es nun um ermäßigte Umsatzsteuersätze, Vergünstigungen bei Körperschaft- oder Einkommensteuer oder auch die Wiederein- führung der Vermögensteuer geht. Das alles würde nur Verzerrungen hervorrufen in einer Zeit, da wir noch gar nicht wissen, wie die aus dieser Corona-Pandemie entste- henden Schäden aussehen werden. Wobei eigentlich verständlich ist, dass die Befürworter einer Vermögensabgabe versu- chen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um nicht nach Beendigung der Krise mit dem Argument abgespeist zu werden, nun sei es doch geschafft und man sei auch ohne eine solche Abgabe durch die Krise gekommen. Lars Feld: Wobei an diesem Punkt natürlich zuvorderst die Frage zu beantworten sein wird, wie die durch die Krise sicherlich enorm gestiegene Verschuldung zurückzu- führen sein wird. Ich gehe davon aus, dass wir irgendwann an dem Punkt sein werden, dass wir in ähnliche Diskussionen zurück- fallen, wie wir sie auch schon in den letzten zehn Jahren geführt haben. Dann wird es wieder heißen, Steuersenkungen seien nicht finanzierbar, für große Mehrausgaben in bestimmten Bereichen fehle aber auch das Geld. Und dann sind wir schnell wieder an dem Punkt, dass von interessierter Seite die Frage gestellt wird, was das überhaupt soll mit einer Begrenzung der Verschuldung und der schwarzen Null. Dann wird schon wie- der vergessen sein, dass es eben genau diese erfolgreiche Finanzpolitik gewesen ist, die uns in der aktuellen Krise die notwendigen Spielräume erlaubt, um damit fertig zu wer- den. Daher ist es aus meiner Sicht in der aktuellen Lage Irrsinn, über eine Vermö- gensabgabe zu diskutieren. Der beste Weg, Schulden abzubauen, ist immer noch eine intelligente Wachstumsstrategie. Alte Muster sind auch an anderer Stelle wieder aufgetaucht. Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit der lockeren Geldpolitik mit dem Grundgesetz wurde von einer Kriegs- erklärung gegenüber dem Europäischen Gerichtshof gesprochen. Lars Feld: Ich glaube, dass hier auch nach dem Urteil nicht heißer gegessen als gekocht werden wird. Zwei Punkte dazu: Im Sondergutachten des Sachverständigenrates haben wir sehr klar Position bezogen, dass wir die zusätzliche Liquidität, die die EZB über das neue Programm PEPP bereitstellt, grundsätzlich für richtig und angemessen halten. Wir haben aber auch darauf verwie- sen, dass man seitens der EZB schon auf- passen muss, dass im Gefüge ihres Mandats die in den Verträgen von Maastricht fest- gelegten Grenzen eingehalten werden. Da geht es in erster Linie darum, dass die No- tenbank nicht mehr als 33 Prozent der Ver- schuldung eines Mitgliedsstaates in ihrem Portfolio halten sollte, weil sie ansonsten ein Problem hätte, sich an möglicherweise notwendig werdenden Umschuldungen als einem wichtigen Disziplinierungsinstrument zu beteiligen. Denn das dürfte sie dann nicht, weil das einer direkten Staatsfinan- zierung gleichkäme. Bei der Beurteilung des seit 2015 bestehenden Anleihenkaufpro- gramms PSPP der EZB geht es im Wesent- lichen um die Frage, ob die Notenbank da- bei im Rahmen ihres Mandats handelt. Aus rein ökonomischer Sicht lässt sich das nicht abschließend beurteilen, allein von der Exis- tenz des Ankaufs von Staatsanleihen geht jedenfalls keine hinreichende Begründung für eine Mandatsverletzung aus. Denn das gehört schließlich zum traditionellen Instru- mentarium von Notenbanken. Die Zinsent- wicklung etwa bei italienischen Staatsanlei- hen belegt zudem, dass das Programm die Disziplinierungswirkung durch die Finanz- märkte jedenfalls nicht gänzlich abgeschafft hat. Daran zeigt sich, dass die Disziplinie- rung zwar nicht perfekt ist, aber fortbesteht. » In Bezug auf steuerliche Maßnahmen bin ich zurückhaltend, ob es nun um ermäßigte Umsatzsteuersätze, Vergünstigungen bei Körper- schaft- oder Einkommensteuer oder auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer geht. « Lars Feld, Chef der Wirtschaftsweisen A L L E F OTO S : © A ND R E A S E ND E R MA NN 40 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : LARS FE LD | WI RT SCHAFT SWE I SER

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