Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Effekt erzielt. Etwa durch eine konsequente Aufhebung der Begrenzungen bei Verlust- rück- und -vorträgen. Eine Aufhebung der Rücktragbegrenzung, die derzeit bei 15 Pro- zent des Höchstbetrags von einer Million Euro liegt, verbunden mit Verlustvorträgen ohne Mindestbesteuerung, hätte man als eine Art weiteren Liquiditätszuschuss um- setzen sollen. Das hätte auf jeden Fall den Vorteil, dass man in solchen Fällen zumin- dest weiß, dass es sich um Unternehmen handelt, die Gewinne und keine Verluste erzielt haben. Ich glaube, dass wir ein sol- ches Instrument im weiteren Jahresverlauf noch brauchen werden, denn die Liquidi- tätsbeschränkungen werden ja nicht so ohne Weiteres verschwinden, wenn Sie an Berei- che wie Veranstaltungen, Konzerte, Messen und Sportevents denken, wo frühestens Ende August mit Lockerungen zu rechnen sein wird. Wobei Sie insgesamt ja schon ein Befür- worter der Wiederöffnung bestimmter Wirt- schaftsbereiche sind. Haben Sie keine Angst vor der zweiten Infektionswelle? Lars Feld: Das hat weniger mit Angst als vielmehr mit Vernunft zu tun. In der Ad- hoc-Arbeitsgruppe der Leopoldina-Akade- mie, der ich angehöre, bestand eine grund- legende Einigkeit in Bezug auf die Gefahr einer zweiten Infektionswelle, die uns even- tuell zwingen würde, bestimmte Öffnungs- schritte wieder zurückzudrehen oder gar erneut zu einer Lockdown-Phase zurückzu- kehren, wie wir sie gerade erlebt haben. Letztlich ist es natürlich die Politik, die die Entscheidungen über Öffnungsmaßnahmen treffen muss. Und darum sind die Entschei- dungsträger nicht zu beneiden, denn letzt- lich ist es nach wie vor eine schwierige Gratwanderung, die zudem auch noch im- mer auf einer prekären Informationsbasis zu absolvieren ist. Aber gerade weil wir es uns auch in Deutschland, das nach dem jetzigen Stand vergleichsweise glimpflich durch diese Krise kommen wird, nicht leisten kön- nen, den Lockdown auf unbestimmte Zeit fortzusetzen, ist es aus meiner Sicht von be- sonderer Bedeutung, dass in dieser Arbeits- gruppe alle psychologischen und sozialen, aber auch die rechtlichen und wirtschaft- lichen Aspekte der Pandemie diskutiert wer- den, um Strategien zu erarbeiten, die zu ei- ner schrittweisen Rückkehr in die gesell- schaftliche Normalität beitragen können. Wobei sich immer mehr abzeichnet, dass eine Art Dichotomie zwischen dem Gesund- heitsanspruch der Bevölkerung und den Interessen der Wirtschaft aufgemacht wird. Lars Feld: Dazu kann ich nur sagen, dass es diesen Zielkonflikt zwischen gesundheits- politischen Maßnahmen und der wirtschaft- lichen Gesundung, der gern heraufbeschwo- ren wird und der vielleicht in Einzelfällen oder auch kurzfristig so erscheinen mag, eigentlich überhaupt nicht gibt. Eine zweite Infektionswelle wäre für die Wirtschaft genauso katastrophal wie für die Menschen, die dann eventuell erkranken. Im Vergleich zu anderen Ländern waren wir in Deutsch- land in der komfortablen Situation, dass wir uns seit Jahren Überkapazitäten im Gesund- heitswesen leisten konnten, die wir in der Krise einsetzen können. Dass es bisher keine Überlastung der intensivmedizini- schen Einheiten gab, war gerade deshalb möglich, weil wir auch finanziell gut aus- gestattet sind, weil es uns wirtschaftlich gut geht. Deshalb bedingen sich letztlich die » Ein herkömmliches Konjunkturprogramm hätte nicht geholfen. Den Menschen einfach nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen in der Hoffnung, dass dadurch mehr konsumiert wird, kam ja im Grunde gar nicht in Frage. « Lars Feld, Chef der Wirtschaftsweisen A L L E F OTO S : © A ND R E A S E ND E R MA NN 36 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : LARS FE LD | WI RT SCHAFT SWE I SER

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