Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

auch durchaus so kommuniziert. Wir rech- nen heute eher mit einem Rückgang von 5,5 Prozent, und selbst das erscheint mir inzwischen als zu optimistisch. Denn einer Exportnation wie Deutschland macht eine sich mittlerweile deutlicher abzeichnende Schwäche der Auslandsmärkte zu schaffen. Hat denn die deutsche Regierung mit den bisher beschlossenen Hilfsmaßnahmen an- gemessen auf die Krise reagiert? Lars Feld: Aus meiner Sicht gibt es bei den Details zu jedem der beschlossenen Instru- mente den einen oder anderen Kritikpunkt. Und darüber wird ja auch zum Teil heftig gestritten. Aber im Großen und Ganzen hat die Bundesregierung gut und richtig auf diese Krise reagiert. Im Grunde war allen Beteiligten schnell klar, dass der Staat auf eine solche Krise mit einer deutlich expan- siveren Fiskalpolitik reagieren muss, die zudem auch noch von Seiten der Europäi- schen Union flankiert werden muss. Dazu gab es im Grunde keine Alternative, denn ein herkömmliches Konjunkturprogramm hätte ja nicht geholfen. Den Menschen einfach nur mehr Geld zur Verfügung zu stellen in der Hoffnung, dass dadurch mehr konsumiert wird, kam ja im Grunde gar nicht in Frage, als klar war, dass die Leute aufgrund der beschlossenen Einschränkun- gen würden zu Hause bleiben müssen. Und wo setzt Ihre Kritik der Details an? Lars Feld: Beim Thema Kurzarbeitergeld zum Beispiel, das schon nach kurzer Zeit von 60 auf 80 Prozent des Nettoverdienstes aufgestockt worden ist. Da hätte ich mir deutlich mehr Zurückhaltung und eine eher abwartende Haltung gewünscht, denn das ist natürlich schon ein sehr teures Instru- ment. Auch bei den Liquiditätshilfen auf Kreditbasis ist sehr früh nachgesteuert wor- den, weil man erkannt hat, dass eine Risi- kobeteiligung der kreditgebenden Bank in Höhe von zehn Prozent dazu geführt hätte, dass dieses Instrument nicht zum Fliegen kommt. Mit einer 100-Prozent-Absicherung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau funktioniert das zwar deutlich besser. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass viele kleine und mittlere Unternehmen, die vom Shutdown besonders betroffen sind, gar nicht in der Lage sind, einen weiteren Kredit aufzunehmen. Ein Restaurantbesit- zer, der gerade einen Kredit zur Renovie- rung aufgenommen hat, den er nur bedienen kann, wenn es so gut weiterliefe wie vor der Krise, kann nicht noch einen weiteren Kredit draufladen. Aber im Grunde war doch allen Beteiligten klar, dass man mit Krediten nur bei Unter- nehmen, die über starke Reserven oder eine starke Eigenkapitalbasis verfügen, voran- kommen würde. Deshalb gab es ja die zu- sätzlichen Liquiditätsspritzen. Lars Feld: Nur sind Letztere natürlich nicht so üppig ausgefallen und werden auch nur ein Stück weit helfen. Daher wird man sich noch Gedanken machen müssen, wie es weitergeht, wenn die Liquiditätsprobleme anhalten – was sozusagen die nächsten Instrumente sein werden, die wir einsetzen können. Einer meiner weiteren Kritikpunkte sind die in Aussicht gestellten Beteiligungs- möglichkeiten des Staates. Auch dahinter kann man einige Fragezeichen setzen. Was sind Aspekte oder Maßnahmen, deren Umsetzung Sie sich gewünscht hätten? Lars Feld: Unter der Prämisse, dass die beschlossenen Maßnahmen eine gewisse Zeit brauchen, ehe sie umgesetzt sind und wirksam werden, hätte man mit anderen Instrumenten wesentlich schneller einen » Einer Exportnation wie Deutschland macht eine sich mittlerweile deutlicher abzeichnende Schwäche der Auslands- märkte zu schaffen. « Lars Feld, Chef der Wirtschaftsweisen A L L E F OTO S : © A ND R E A S E ND E R MA NN 34 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : LARS FE LD | WI RT SCHAFT SWE I SER

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