Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

G rundsätzlich ist die Ge- schäftsorganisation eines Un- ternehmens seine eigene An- gelegenheit und sollte daher auch nicht von außen beeinflusst werden. Da aber aus einigen Branchen eine beträchtliche Ausstrahlwirkung auf andere Wirtschafts- bereiche ausgeht, unterliegen sie der staat- lichen Aufsicht. Und die geht inzwischen so weit, Banken, Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungen Vorschriften für ihre Aufbau- und Ablauforganisa- tion zu machen, um eine „gute Governance“ zu gewährleisten. MaGo für kleine VU In Deutschland veröffentlicht die BaFin sogenannte „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäfts- organisation“ (MaGo) für die einzelnen Segmente. Zuletzt waren die „kleinen Ver- sicherungsunternehmen“ an der Reihe. Am 6. März 2020 wurde das Rundschreiben „Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von kleinen Versicherungsunternehmen nach § 211 Ver- sicherungsaufsichtsgesetz (VAG)“ veröf- fentlicht. Der Kurzname lautet „MaGo für kleine VU“; in Kraft getreten sind sie am 1. April 2020. Vor der Veröffentli- chung wurde bereits ein erster Entwurf mit Vertretern der betroffenen Branchen- verbände sowie der Landesaufsichtsbe- hörden im Rahmen eines Workshops diskutiert. Der daraufhin erstellte Ent- wurf wurde bis Anfang Dezember 2019 öffentlich konsultiert. Die MaGo für kleine VU gilt für alle von der BaFin beaufsichtigten Erstver- sicherungsunternehmen, die als „kleine Versicherungsunternehmen“ gelten. Das sind Versicherer, die weniger als fünf Millionen Euro Bruttoprämieneinnah- men jährlich vereinnahmen beziehungs- weise über weniger als 25 Millionen Euro versicherungstechnische Rückstellungen verfügen und weitere Bedingungen erfüllen. Pensionskassen, Pensionsfonds und Sterbe- kassen gehören nicht dazu. Für Pensions- kassen und -fonds ist eine spezifische MaGo in Arbeit – die MaGo für EbAVs. „Sterbe- kassen fallen nicht unter die MaGo für klei- ne VU; für sie gelten noch die MARisk nach § 64a VAG a. F. Sterbekassen können sich allerdings freiwillig der MaGo für klei- ne VU unterwerfen“, erklärt Paul Wessling, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Deutschen Sterbekassenverbandes. Mit dem Rundschreiben bündelt die BaFin ihre Erwartungen an die Ausgestal- tung wichtiger Bereiche der Geschäftsorga- nisation gemäß §§ 23 ff. VAG. Damit wer- de „eine konsistente Anwendung der Anfor- derungen an die Geschäftsorganisation ge- genüber allen kleinen Versicherungsunter- nehmen beabsichtigt“, schreibt die BaFin im Begleittext zum Rundschreiben. Ein Sprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärt gegenüber Institutional Money: „Wenngleich die grundsätzliche Notwendig- keit und der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Rundschreibens aus Sicht des Verban- des hinterfragt werden können, sind im Ver- gleich zur Konsultationsfassung wesentliche Verbesserungen durch die BaFin vorgenom- men worden.“ Positiv sieht der Verband, dass der Vertrieb nicht mehr grundsätzlich als Treiber für den Aufbau wesentlicher Risiken bei kleinen Versicherungsunter- nehmen angesehen wird und dass als Regelvermutung gilt, dass eine ange- messene Trennung der Zuständigkeiten herrscht. Als nützlich wertet der Verband auch, dass kein gesonderter Prozess zur Überprüfung der Geschäftsorganisation mehr erforderlich ist und dass der An- wendungsbereich der Ausgliederungs- vorschriften eingegrenzt wurde. Paul Wessling ist der Meinung, dass einige der Anforderungen trotzdem eine große Last für die Unternehmen darstel- len: „Nehmen Sie einen kleinen Sach- versicherer. Der hat vielleicht nur weni- ge Leute, aber das Geschäft läuft seit Mit dem Rundschreiben „ Aufsichtsrechtliche Mindestanforderungen an die Geschäftsorganisation von kleinen Versicherungsunternehmen“ vom 6. März erhalten kleine Versicherer spezielle Governance-Regeln. FOTO : © B E T T I NA KOCH, S I KOV | S TOCK . ADOB E . COM » Es wird Situationen geben, in denen mehr Zeit mit der Dokumentation als mit der eigentlichen Aufgabe verbracht wird. « Paul Wessling, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Deutschen Sterbekassenverbandes Benimm- Regeln Jedem seine MaGo Für verschiedene Bereiche hat die BaFin bereits konkrete Governance-Anforderungen formuliert: Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kapitalverwaltungsgesellschaften (KAMaRisk) (Januar 2017) MaGo für Solvency-II-regulierte Versicherungsunternehmen (Februar 2017) MaGo für Kreditinstitute (September 2017) Eine MaGo für Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) ist derzeit in Arbeit, und die offizielle Konsultation dazu wird noch im 2. Quartal erwartet. Die Branchenteilnehmer wün- schen sich, dass die MaGo für EbAV die Besonderheiten der EbAV in Deutschland berücksichtigt (z. B. Subsidiärhaftung des Arbeit- gebers, Insolvenzsicherung, lange Durationen). Quelle: eigene Recherchen 260 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : GOVE RNANC E - ANFORDE RUNGEN

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