Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

G roßanleger werden zumin- dest die ersten Monate des laufenden Anlagejahres wohl für immer im Gedächt- nis behalten – nicht zuletzt deshalb, weil sie in vielen Fällen sie nicht nur bei Aktien, sondern auch bei ihren Immobilieninvest- ments am falschen Fuß erwischt wurden. Besonders gilt dies für jene Investoren, die erst kürzlich und damit in der Nähe der preislichen Hochs neue Käufe tätig- ten. Dass das gar nicht wenige sind, zeigt ein Blick auf das Immobilientrans- aktionsvolumen für das erste Quartal 2020. Dieser Wert stieg kurz vor Aus- bruch der Pandemie extrem stark an, was belegt, dass in den ersten Wochen des Jahres besonders viele Marktteil- nehmer Appetit auf „Betongold“ hatten. Folgt man den Zahlen der Immobilien- gesellschaft JLL, belief sich das gesamt- deutsche Transaktionsvolumen im ersten Quartal 2020 auf rund 28 Milliarden Euro (18,3 Milliarden Euro gewerblich genutzte Immobilien und 9,7 Milliarden Euro für Wohnungstransaktionen). Das war eine Steigerung zum Vorjahresquartal von 82 Prozent, die vor allem auf einigen Groß- deals institutioneller Investoren basierte. Der Kaufrausch währte allerdings nicht lang, schon gegen Ende des ersten Quartals gingen die Transaktionen Savills zufolge wieder spürbar zurück. „Für die kommen- den Wochen und Monate rechnen wir mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Transaktionsaktivität“, so Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills. „Transaktionen, die be- reits weit fortgeschritten waren, wurden und werden oft noch zu Ende geführt. Es wer- den jedoch derzeit kaum noch Verkaufspro- zesse begonnen.“ Laut Lemli gibt es zwar durchaus Investoren, die auch im derzeiti- gen Umfeld kaufen wollen, aber auch diese Klientel sah sich bis zuletzt mit praktischen Hürden wie den geltenden Kontaktbe- schränkungen konfrontiert, die eine Besich- tigung von Immobilien unmöglich machten. „Viele andere Investoren haben ihre An- kaufspläne zunächst pausiert und wollen die nächsten Wochen zur Orientierung nutzen“, ergänzt Lemli. Zu diesen Investoren zählt beispielsweise die Bayerische Versorgungs- kammer (BVK). Diese hat Investitionsent- scheidungen betreffend Immobilien für mehrere Wochen ausgesetzt. Angesichts dieses unfreiwilligen pande- miebedingten „Käuferstreiks“, der begon- nenen Rezession und der damit einherge- henden gestiegenen Risikoaversion ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass am deut- schen Immobilienmarkt auf längere Sicht preislich das Ende der Fahnenstange er- reicht ist. Das ist aber nur die eine Hälfte des Problems. Mit stagnierenden oder leicht sinkenden Immobilienpreisen haben Inves- toren wie Versicherungen und Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge aufgrund ihres langen Anlagehorizonts umgehen ge- lernt. Über solche temporären Schwächepe- rioden trösten dann die laufenden monatli- chen Mieteinnahmen von Immobilien hin- weg. Gerade diese haben Investoren wie Pensionskassen und vergleichbare bAV- Institutionen zur Deckung ihrer Auszahlun- gen an ihre Leistungsberechtigten in ihren Cashflow-Berechnungen fix eingeplant. Re- gelmäßige, verlässliche Mieteinnahmen sind in den meisten Fällen der Hauptgrund für ein eingegangenes Immobilien-Exposure. Die Corona-Pandemie sorgte aber im Ge- gensatz zu früheren Krisen bei institutionel- len Immobilienbesitzern für zusätzlichen, neuartigen Stress. Denn im Gegensatz zur Vergangenheit gerieten Ende des ersten Quartals plötzlich auch diese fix eingeplan- ten Mieteinnahmen in Gefahr. Diese sind jedoch entscheidend: In der Langfristbe- trachtung stammt die Gesamtrendite bei Im- mobiliendirektanlagen zu 80 Prozent aus den Mieteinnahmen, wie Invesco Real Estate auf Basis der Daten von MSCI, Bloomberg Barclays und Macrobond errechnete. Zahlungsstopp Zur Erinnerung: Aufgrund der behördlich verfügten Schließungen vieler Geschäfte und eines unglücklich formulierten Geset- zes, das ursprünglich kleinen Geschäften Erleichterung bei den Mietentrichtungen ge- währen sollte, stellten überraschenderweise auch große und in den meisten Fällen auch bonitätsstarke Mieter die Zahlungen an ihre Vermieter ein oder baten zumindest um Mietstundungen. Den Auftakt machte der im DAX befindliche Markenartikler Adidas, der aber nach heftiger öffentlicher Kritik und Kaufboykottaufrufen schlussendlich zurückruderte. Hartnäckiger zeigten sich, wie diversen Berichten zu entnehmen war, internationale Bekleidungskonzerne wie C&A, H&M und Deichmann, die ihre Immobilien versprechen in der Regel durch ihre Beimischung mehr Stabilität und laufende Ertragsströme fürs Portfolio. Dass diese von Anlegern positiv geschätzten Eigenschaften nicht für immer in Stein gemeißelt sind und plötzlich obsolet werden können, zeigt nun ein Virus auf. FOTO : © AV I VA R E A L E S TAT E , GMF Betongold drohen Risse » Die Stabilität der Verträge und die Qualität der Mieter sind entscheidende Faktoren. « Chris Urwin, Director of Research, Real Assets bei Aviva Investors 200 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : IMMOB I L I EN

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