Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Ist die Volatilitätsrisikoprämie noch für das Asset Management geeignet? RP-Crest-Gründer Matthias van Randenborgh sagt Nein. Ein Blick hinter die Kulissen. B ereits gegen Ende Februar wurde die Investment Com- munity unweigerlich an War- ren Buffetts berühmten Sager erinnert: „Bei Ebbe zeigt sich, wer ohne Badehose schwimmen geht.“ Angewendet auf die Strategien des Shortens von Volati- lität, welche die – außer in Krisenzeiten – positive Differenz zwischen impliziter Vola- tilität und realisierter Volatilität zur Ertragsgenerierung nutzt, bedeutet ein Volatilitäts-Spike einen Super- gau, wie man ihn um den 16. März erlebte, als die implizite Volatilität auf über 80 Prozent in die Höhe schoss und damit sogar die Novem- berstände von 2008 übertraf. Wer da als Asset Manager keine Art von Fat-Tail-Versicherung hatte, dessen Kunden wurden arg gebeutelt. Die Nachricht schlug im April 2020 ein wie eine Bombe: Matthias van Randen- borgh gibt auf und wickelt sein Baby, RP Crest, ab. Mit der März-Performance wäh- rend der Coronakrise hat das übrigens nichts zu tun, denn diese war im Vergleich zu vielen prominenten Mitbewerbern alles andere als schlecht. Die Entscheidung auf- zuhören und den Betrieb einzustellen, fiel ihm naturgemäß schwer. Van Randenborgh, CEO von RP Crest und Mastermind der Fondsstrategie RP Gamma, die in der Hoch- zeit mehr als 700 Millionen Euro schwer war, führt aus: „Mit der Coronakrise hat das nicht das Geringste zu tun. Vielmehr liegt es an dem Einfluss des Hochfrequenzhan- dels auf die Preisgestaltung und Dynamik von impliziter Volatilität.“ Eine Frage des Geldes „Ohne sich selbst technologisch ebenbür- tig aufzustellen, ist eine effiziente Erschlie- ßung der Volatilitätsrisikoprämie unseres Erachtens nicht mehr möglich“, fährt van Randenborgh fort. „Die dafür nötigen Investitionen übersteigen unsere Möglich- keiten – wir reden hier von Investitionen, die eher im Bereich von 50 als von fünf Millionen Euro liegen und die sich aus Asset Management Fees nicht tragen wür- den. Und so zweifeln wir an den Erfolgs- chancen eines auf Volatilitätsrisikoprämien ausgerichteten Asset Managers. Wir jeden- falls erachten es nicht mehr für lohnenswert, unser Gesellschafts- und Humankapital für den Ausbau eines auf das Management von Volatilitätsrisikoprämien spezialisierten As- set Managers ins Risiko zu stellen. Vor die- sem Hintergrund haben wir, nach größeren Abflüssen aus dem RP Gamma Fonds, die unsere bereits eingeschlagene technologi- sche Aufrüstung ausgebremst haben, be- schlossen, den Betrieb einzustellen.“ Hochfrequenzhandelseinfluss Van Randenborgh und sein Team beob- achten seit gut zehn Jahren eine kontinuier- liche Abflachung der Volatilitätsrisikoprä- mie (VRP). Dies liegt sicher in Teilen auch am niedrigen Zinsumfeld, als Hauptgrund vermuten sie jedoch die Effizienz der hoch- technologisierten Market Maker von Optio- nen. Deren Risikomanagementtechniken er- möglichen eine Reduktion des getragenen Risikos einer Short-Position in Volatilität. Diese Risikoreduktion ermöglicht es ihnen, mit tieferen impliziten Volatilitäten zurecht- zukommen als die, die nötig sind, damit Player in der Asset-Management-Industrie in „alter“ VRP-Erschließungstechnik befrie- digende Ergebnisse erzielen. Ein solches Beispiel eines erfolgreichen Hochfrequenzhändlers, der auf den Eigen- handel mit Derivaten wie Optionen spezia- lisiert ist, ist die in Amsterdam ansässige Optiver. Sie macht mittlerweile regelmäßig mehrere hundert Millionen US-Dollar Gewinn im Jahr, gehört noch immer den Gründern, beschäftigt etwa 1.000 Mitarbei- ter – davon 400 Quants und 400 Software- ingenieure – und ist, so munkelt man, die Gegenpartei von etwa einem Viertel aller Eurex-Derivatgeschäfte. Die Krux mit den Handelskosten Die VRP ist eine spezielle Risikoprämie. Anders als fast alle anderen Risikoprämien kann sie nicht statisch durch Buy & Hold erschlossen werden, sondern nur durch einen sehr aktiven rollierenden Handelspro- zess. Damit ist sie viel stärker von der Tech- nologisierung und Effizienzsteigerung im Handel betroffen als beispielsweise die Aktienrisikoprämie. Und genau dies ist letztlich der Grund, warum sie für Asset Manager nicht mehr sinnvoll erschließbar ist, weil sie mit ihren Strukturen und Re- striktionen nicht annähernd auf Augenhöhe mit den effizientesten Marktteilnehmern, die nun einmal des Hochfrequenzhandels mächtig sind, agieren können. Keine Chancengleichheit Weil klassische Asset Manager nur ein- mal oder wenige Male pro Tag einen Delta- Hedge einziehen, tragen sie über den Tag immer wieder signifikante Delta-Risiken, die sich aus dem Gamma der verkauften Optionen entfalten. Aufgrund ihrer Handels- kosten verbieten sich signifikant schnellere Reduktionen des Deltas. So haben sie an ei- nem Tag wie etwa dem 12. März 2020, als der S&P 500 um mehr als zehn Prozent ge- fallen ist, unterwegs immer wieder zum Teil sehr große Delta-Risiken in ihren Büchern. Sie haben signifikant niedrigere Handels- kosten, zum Teil als Market Maker sogar negative Transaktionskosten, und können damit problemlos eine wesentlich höhere Delta-Hedge-Frequenz implementieren. Bei FOTO : © R P CR E S T » Ich zweifle an der Möglichkeit, als Asset Manager Short-Vola-Strategien effizient zu erschließen. « Matthias van Randenborgh, CEO von RP Crest und Mastermind der Fondsstrategie RP Gamma 176 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : VOL AT I L I T Ä T S S T RAT EG I EN

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