Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

der Faktoren Size und Value an. „Das Co- ronavirus hatte die Märkte fest im Griff. Daher mieden Investoren höher volatile Size-Aktien sowie Value-Unternehmen, die häufig über umfangreiche globale Lieferket- ten sowie hohes fixes und physisches Kapital verfügen.“ Beim iShares Edge MSCI World Multifactor UCITS ETF (Euro Hedged) brachte auch die Absicherung von Wäh- rungsrisiken gegenüber dem Euro einen negativen Performancebeitrag. Ein genauer Blick auf die Wert- entwicklungen zeigt, dass sich euro- päische Multi-Faktor-ETFs besser hielten als ihre global anlegenden und damit vor allem in den USA sehr hoch gewichteten Pendants. „Der negative historische Beitrag des Size-Faktors ist bei den Regio- nen World und Europa unterschied- lich stark ausgeprägt“, erläutert Mustafa und verweist auf die starke Ge- wichtung einiger großer US-Unternehmen, insbesondere von FAANG-Aktien, im MSCI World Index. „Diese sind in den Multi-Faktor-Strategien häufig stark unter- gewichtet oder fallen ganz heraus, was zu signifikanten Performancedifferenzen ge- führt hat. In Europa ist dieser Effekt weni- ger stark ausgeprägt, somit schlug der negative Performancebeitrag hier weniger stark zu Buche.“ ESG – also doch Die insbesondere während der Coronakrise, aber auch län- gerfristig maue Performance vie- ler Multi-Faktor-ETFs blieb nicht ohne Folgen: So nahm Lyxor-ETF gegen Ende des ersten Quartals 2020 ihre zwei Multi- Faktor-ETFs auf globale und europäische Aktien nach hohen Verlusten vom Markt. Bei der Performanceanalyse von Multi- Faktor-ETFs fällt darüber hinaus auch auf, dass jene Multi-Faktor-Strategien, die zu- sätzlich ESG-Kriterien berücksichtigen, besser durch die Krise kamen als ihre klas- sischen Pendants. Erklärbar ist dies unter anderem damit, dass ESG-Ansätze durch den Verzicht auf Energie, insbesondere Ölaktien, nicht durch hohe Kursverluste im Rahmen des Ölpreisverfalls betroffen wa- ren. Anzumerken ist, dass ESG-Multi- Faktor-ETFs, beispielsweise der Invesco Quantitative Strategies ESG Global Equity Multi-Factor UCITS ETF und der UniCre- dit iStoxx ESG-X Multi Factor UCITS ETF, erst im Lauf des Jahres 2019 an den Start gingen und derzeit noch an einem aus- sagekräftigen längeren Track Record arbei- ten. Darüber hinaus wird in Wissenschaft und Praxis derzeit intensiv darüber disku- tiert, ob „ESG“ überhaupt ein eigenständi- ger Faktor ist oder nicht. Durch die Auflage von Multi-Faktor-ETFs mit Berücksichti- gung von ESG-Kriterien scheint aber be- reits eine erste kleine Vorentscheidung in Richtung ESG als eigenständiger Faktor ge- fallen zu sein. DIVERSIFIKATION 1.2: MULTI -ASSET Multi-Faktor-Strategien konnten also während der Krise nicht wirklich überzeugen. Dasselbe gilt übri- gens für eine andere promi- nente Diversifikationsstra- tegie: den Multi-Asset-An- satz. Laut Daten der Ra- tingagentur Scope zum ers- ten Quartal 2020 lag die Stra- tegie durchgehend im Minus. Das wäre nun angesichts des Marktumfeldes kein allzu großer Bein- bruch. Das Problem stellt vielmehr dar, in welchem Ausmaß die Fonds grosso modo vom allgemeinen Sog mitgerissen wurden – zum Beispiel Europa: Die von Scope aus- gewerteten reinen Europa-Aktienfonds no- tierten im ersten Quartal mit knapp 23 Pro- zent im Minus. Die Kursverluste, die die Strategie Mischfonds Europa Dynamisch hinnehmen musste, lagen bei 19,2 Prozent. Gerade für einen dynamischen – und somit hochaktiven – Ansatz ist das wohl den meisten Investoren zu wenig. – wenngleich auch nicht allzu überraschend: Vergleicht man nämlich ausgehend von Morningstar- Daten die Korrelationen zwischen Welt- Aktien- und Welt-Multi-Asset-Fonds, so kommt man selbst bei einer niedrigen Aktienquote von 50 Prozent auf ein Jahr ge- sehen auf eine Korrelation von 0,97. Das Bizarre: Die Korrelation hat sich in den ver- gangenen Jahren erhöht. Sie liegt auf Zehn- jahressicht nämlich bei 0,93. Positive Aus- reißer gibt es natürlich. So gelang es bei- spielsweise dem DWS Concept Kaldemor- gen, per Tiefpunkt im ersten Quartal die Verluste auf moderate 15 Prozent zu be- grenzen. Das gelang aber nur unter Zuhilfe- nahme drastischer Maßnahmen – etwa in- dem die selbst vorgegebenen Risikobudgets nach Information an die Investoren außer Kraft gesetzt wurden. Ganz spurlos ist die Krise jedoch weder am Manager noch an seinen Kunden vorbeigegangen. So hat die- ser seinen Kunden mitgeteilt, dass „wir die Verlustbegrenzung von minus zehn Prozent vorläufig ausgesetzt haben. Es macht keinen Sinn, das Risiko in dieser Situation auf null zu fahren. Die hiesigen Börsen haben teil- weise morgens mit einem Gap eröffnet und waren als einziger Markt offen. Ich will in so einer Situation nicht gezwungen sein, zu verkaufen. Vor allem wenn sich diese Gaps dann im Tagesverlauf wieder schließen. Das kann nicht im Sinne der Anleger sein.“ Ebenfalls den Blick auf seine Anleger gerichtet hatte Kaldemorgen, als er Um- strukturierungen in seiner Portfoliostruktur vornahm. Denn: „Was passiert, wenn Anle- ger verkaufen müssen oder wollen? Ich würde in der gegenwärtigen Lage zwar nicht dazu raten, wenn Anleger aber Ver- käufe tätigen müssen oder wollen, verfügt der DWS Concept Kaldemorgen über aus- reichend Liquidität, um diese zu bedienen.“ Gold und Treasuries reduziert Diese Liquidität hat er dabei entschlossen erhöht. „Die Kassequote habe ich im Kri- senverlauf mehr als nahezu verdoppelt.“ Gelungen ist ihm das, indem er – vielleicht konterintuitiv – die vorher aufgebauten Sicherer-Hafen-Positionen wie Gold und FOTO : © B L ACK ROCK » Stilfaktoren beruhen auf unterschiedlichen ökonomischen Ursachen. « Hamed Mustafa, Leiter Institutional Sales Deutschland im Bereich ETF und Index Investing bei BlackRock 156 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com CORONA S P E Z I A L

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