Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Zhu erklärt. Hinzu kommt die zeitliche Ver- zögerung. Denn zwischen einer Verletzung und der tatsächlichen – eben nur quartals- weisen – Berichterstattung durch die Behör- de können mehrere Wochen ins Land zie- hen. Gerade im Bereich der syndizierten Kredite kann die Gruppe an betroffenen Kreditgebern, die gleichzeitig am Aktien- markt aktiv sind, groß sein – entsprechend viele und mitunter finanziell potente infor- mierte Händler verfügen dann über einen deutlichen zeitlichen und inhaltlichen Informationsvorsprung gegenüber dem Rest der Marktteilnehmer. Kontraproduktiv Aus all diesen Gründen äußern die beiden Autorinnen den Verdacht, dass die Regulie- rungen zu Covenant-Verletzungen also tat- sächlich kontraproduktiv sind, die Markta- symmetrie – abgebildet durch die Wahr- scheinlichkeit PI eines informierten Trades – nach der Veröffentlichung erhöhen und somit eine kleine Gruppe an informierten Händlern dem breiten Markt gegenüber besser stellen. Um diesen Verdacht zu überprüfen, bau- en die Autorinnen auf dem 2004 erschienen Paper „Modeling the Bid/Ask Spread: Mea- suring the Inventory-Holding Premium“ von Bollen, Whaley und Smith (BWS-Mo- dell) auf, das eigentlich die Rolle von Mar- ket Makern untersucht hat. Im Rahmen der Arbeit wurde aber auch die bereits erwähnte „Probability of Informed Trading“ (PI) ent- worfen. Zusammengefasst leitet sich diese Wahrscheinlichkeit laut dem BWS-Modell aus den nachweisbaren Haltekosten der Market Maker ab, für die wiederum die Options-Spreads auf die jeweiligen Einzel- aktien eine wichtige Rolle spielen. Steht ein Market Maker einem informierten Trader gegenüber, steigen die Haltekosten für Ers- teren, da er mit einem – für ihn nachteiligen – asymmetrischen Umfeld konfrontiert ist: Höhere Kosten und Spreads wirken sich also verstärkend auf den PI-Wert aus. Errechnet wurde die Wahrscheinlichkeit für informiertes Trading von Zhu und Gippel für 1.235 gemeldete Fälle von Schuldklauselverletzungen. Als Quelle für die Covenant-Daten dienen Compustat und die Börsenaufsicht SEC. Marktrelevante Daten der betroffenen Aktien wie Kurs, Er- trag, Handelsvolumen oder Volatilität stam- men vom Center for Research in Security Prices, CRSP. Handverlesen Wie bereits erwähnt ist der Ausgang einer Schuldenneuverhandlung mitunter schwer zu prognostizieren, was wiederum Einfluss auf das Trading-Verhalten der Marktteil- nehmer hat. Um diese Unsicherheiten zu berücksichtigen, haben die Autorinnen die 1.235 gemeldeten Covenant-Verletzungen händisch sortiert. Zum ersten danach, ob es sich um einen Schuldenerlass oder nur eine Erleichterung in Form längerer Laufzeiten oder anderer Entgegenkommen seitens der Gläubiger handelt. Zum zweiten wurde mit- tels Textanalyse erhoben, wie schwerwie- gend die Verletzung und wie sicher oder un- sicher ein letztlich positiver Ausgang der Verhandlungen ist. Ein negativer Ausgang muss dabei nicht notwendigerweise in der Insolvenz enden, sondern kann sich schlicht in weiteren Kosten in Form von höheren Risikoaufschlägen oder Gebühren für die neuen Kreditverträge niederschlagen. Insider im Markt In der Berechnung von PI wurde die Meldung der Covenant-Verletzung als Zeit- punkt Null definiert. Die Entwicklung der Spreads wurde 52 Wochen vor- und 52 Wochen nach der Publikation ausgewiesen und verglichen (siehe Tabelle „Insider- Alarm“). Die Ergebnisse sind tatsächlich bemer- kenswert. Denn tatsächlich sind die Spreads vor der Publikation am höchsten, während » Covenant-Verletzungen können mitunter langfristig positiv wirken, wenn Gläubiger stärke- ren Einfluss auf das Unternehmen gewinnen. « Elisabeth Zhu, Business School, University of Queensland Insider-Alarm Welche Variablen auf die Wahrscheinlichkeit von „informiertem Trading“ Einfluss haben Berichtswoche [0, 0] Pre-Reporting [–52, –1] Post-Reporting [+1, +52] Covenant-Verletzung Reporting-Woche 52 bis 1 Woche vor Reporting-Woche 1 bis 52 Wochen nach Reporting-Woche Variable Durchschn. (Median) 25 % 75 % Durchschn. (Median) 25 % 75 % Durchschn. (Median) 25 % 75 % Spread 0,058 (0,030) 0,010 0,070 0,065 (0,040) 0,010 0,080 0,055 (0,030) 0,010 0,070 Auslöser des Spreads Preis 13,130 (8,305) 3,460 17,770 14,207 (9,900) 4,345 19,180 13,256 (8,250) 3,305 18,010 Trading-Volumen 706,021 (149,284) 42,300 514,840 589,753 (125,000) 35,505 412,800 699,884 (139,300) 38,100 464,400 Volatilität 0,643 (0,530) 0,366 0,772 0,616 (0,515) 0,359 0,752 0,629 (0,520) 0,365 0,766 Haltekosten 0,005 (0,003) 0,001 0,006 0,006 (0,004) 0,002 0,007 0,005 (0,003) 0,001 0,006 Aus Sicht der Market Maker sind die Kosten dafür, es mit informierten Tradern zu tun zu haben, am Anfang des Beobachtungszeitraums am höchsten – das drückt sich in den weiteren Spreads aus, die im Jahr vor Veröffentlichung der Covenant-Verletzung auftreten. Quelle: Studie 138 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : MARK T VE RZ E RRUNG

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