Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

E s ist durchaus nachvollziehbar, dass Crowding als besonderes Hemmnis für Investments in alternative Risikoprämien ver- mutet wird und gerade auch aus Sicht des Risikomanagements ein heikles Thema dar- stellt. Immer mehr Marktteilnehmer sehen die zunehmende „Faktorisierung“ der In- vestmentlandschaft als Warnzeichen, dass die Renditen dieser Strategien erodieren und die Risiken gleichzeitig steigen könnten. Eine interessante Studie, die neues Licht auf diese Thematik wirft, wurde von Nick Baltas mit dem Titel „The Impact of Crowding in Alternative Risk Premia Inves- ting“ veröffentlicht. Der Autor, der für Goldman Sachs in London arbeitet, betrach- tet in seiner im März 2019 veröffentlichten Arbeit die Mechanik der Kapitalflüsse ver- schiedener alternativer Risikoprämien auf der Strategieebene. Ein wichtiger Punkt, der den Überlegun- gen zugrunde liegt, ist das Koordinations- problem: Selbst dann, wenn zum jeweili- gen Zeitpunkt eine positive Faktorprämie erwartet wird, können Anwender der Stra- tegie nicht in Echtzeit erkennen, wie viele weitere Marktteilnehmer die gleiche Posi- tion einnehmen. Das kann zum befürch- teten Crowding führen, indem die Anwen- der gleicher Modelle gegenseitig negative externe Effekte erzeugen. In der Folge kann es zu einem Überschießen der ent- sprechenden Kursbewegungen und Bewer- tungen kommen. Divergenz vs. Konvergenz Der entscheidende Ansatz der Studie ist die Unterscheidung alternativer Risikoprä- mien in Divergenz- und Konvergenzprä- mien. Dabei zielt der Autor speziell auf die Mechanik der jeweiligen Strategien zu dem Zeitpunkt ab, an dem diese hohe Kapital- zuflüsse aufweisen. Bei Divergenzprämien gibt es keinen fun- damentalen Anker, an dem sich die Bewer- tung orientiert, sodass das beschriebene Koordinationsproblem zum Tragen kommt. Deshalb kann infolge hoher Kapitalzuflüsse eine prozyklische Dynamik im Sinne eines Positive Feedback Loops entstehen, der das ursprüngliche Signal verstärkt. Ein gutes Beispiel dafür ist Momentum: Hier führen hohe Zuflüsse unter sonst gleichen Bedin- gungen zu einer kurzfristigen Faktor-Out- performance, sodass ein Crowding zunächst positiv ist. Gleichzeitig nimmt der Portfolio- umschlag ab – die Anwender der Strategie bleiben also zunehmend in den gleichen Titeln investiert (siehe Grafik „Divergenz- prämien“) . Natürlich ist dieser Prozess auf Dauer nicht nachhaltig, da er einer blasen- ähnlichen Dynamik folgt, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Faktor-Crashs steigt. Allerdings ist mangels des fundamen- talen Ankers nur schwer einzuschätzen, wann eine solche Übertreibung erreicht ist. Entscheidend hierfür ist letztlich die Ent- wicklung der weiteren Kapitalzuflüsse in die Strategie. Bei Konvergenzprämien ist die Mecha- nik umgekehrt. Diese weisen einen funda- mentalen Anker auf, etwa den Spread zwi- schen unter- und überbewerteten Aktien. Deshalb kann infolge hoher Kapitalzuflüsse eine antizyklische Dynamik im Sinne eines Negative Feedback Loops entstehen, der „Crowding“ ist ein Begriff, der Portfoliomanager hellhörig werden lässt. Erfahrungsgemäß weist es darauf hin, dass sich zu viele Marktteilnehmer Konkurrenz um immer schmalere Prämien machen. Allerdings muss es nicht unbedingt so sein, dass Crowding grundsätzlich negative Auswirkungen auf die Renditen hat. Divergenzprämien Schematisch dargestellt anhand von Cross Sectional Momentum Beim klassischen Momentum-Faktor werden Long-Positionen in jüngsten Outper- formern und Short-Positionen in jüngsten Underperformern eingegangen. Die Grafik verdeutlicht die prozyklische, destabilisierende Dynamik infolge von hohen Kapital- zuflüssen, die das ursprüngliche Signal verstärken. Quelle: Studie Less Expensive More Expensive Time Konvergenzprämien Schematisch dargestellt anhand von Cross Sectional Value Beim klassischen Value-Faktor werden Long-Positionen in unterbewerteten und Short-Positionen in überbewerteten Titeln eingegangen. Die Grafik verdeutlicht die antizyklische, stabilisierende Dynamik infolge von hohen Kapitalzuflüssen, die das ursprüngliche Signal abschwächen. Die Zeit bis zur Konvergenz der Bewertungsdifferenzen ist von der Höhe der Kapitalzuflüsse abhängig. Quelle: Studie Less Expensive More Expensive τ = g(flows) Time FOTO : © DMY T RO | S TOCK . ADOB E . COM Positiver Herdeneffekt Long Winners * Short Losers * Same Winners Same Losers Crash? Long Cheap Short Expensive No longer Expensive No longer Cheap New Cheap New Expensive Can go to 0? 132 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : HE RDENVE RHA LT EN

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