Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Gibt es einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen? Tatsächlich weisen die Unternehmen der Kontrollgruppe vor dem SEC-Projekt eine höhere Dividende aus als die Pilotgruppe. Während des Aussetzens der Uptick-Regel wendet sich das Blatt jedoch: Zwar steigen die Dividenden auch für die Kontrollgruppe – mit durchschnitt- lich 3,26 Millionen Dollar liegt diese jedoch deutlich hinter der Pilotgruppe, die in die- sem Zeitraum die bereits erwähnten 4,83 Millionen ausschüttet. Bemerkenswerterweise ist dieser Trend „sticky“, denn auch nach dem Auslaufen des Tests bleibt die Dividende der Pilot- gruppe mit 6,36 zu 3,94 deutlich über der Ausschüttung durch die Kontrollgruppe. Für Koautor Hang Chen „bestätigt sich somit die Hypothese, wonach das Pilot- programm die Kursverlustrisiken der betrof- fenen Unternehmen nachhaltig erhöht. Auf- grund ihrer hohen Informationsasymmetrie sind kleine Unternehmen am stärksten be- troffen. Um Short-Attacken bereits im Vor- feld abzuwenden, haben diese Small Caps während des Pilotprogramms die Dividen- den erhöht.“ Die Ergebnisse der angewand- ten Difference-in-Difference-Methode hal- ten sowohl der unausgewogenen wie auch der ausgeglichenen Auswertung stand, wobei die statistische Relevanz im zweiten Fall geringer ist. Dividende ist King Eine zweite Strategie zur Abwehr allfäl- liger Short-Attacken stellen Aktienrückkauf- programme dar. Auch dieses Vorgehen ha- ben die Autoren zunächst über die gesamte Probe und somit alle Unternehmensgrößen hinweg, also auch nur bei den kleineren Firmen, getestet. In keinem Fall kommt es zu relevanten Ergebnissen – das gilt sowohl für die unausgewogene wie auch die ausge- glichene Testreihe. „Das unterstützt die The- se, wonach Cash-Dividenden bei der Ab- wehr von Short-Selling-Attacken als stärke- res Signal wirken“, da Dividenden gegen- über Rückkaufprogrammen als schwieriger umzusetzen und vor allem als langfristigere Verpflichtung interpretiert werden. Auswirkungen für Börsen Setzt man diesen Gedanken fort, so haben Restriktionen von Leerverkäufen auf verschiedene Marktplätze unterschiedliche Auswirkungen. Bei solchen, die von größe- ren Unternehmen bestritten werden – also in Europa beispielsweise Frankfurt –, sind die Auswirkungen geringer, weil die Infor- mationsasymmetrie aufgrund der hoch kapi- talisierten Unternehmen geringer ist. In Wien werden hingegen kleinere Unterneh- men gelistet. Zum Vergleich: Die durch- schnittliche Börsenkapitalisierung im DAX liegt bei rund 30 Milliarden Euro, im öster- reichischen Leitindex ATX sind es gerade einmal 1,8 Milliarden. Dividendendilemma Das bedeutet zum einen, dass Short-Sel- ling-Attacken in Wien tatsächlich wirkungs- voller sind. Auf der anderen Seite legt die vorliegende Arbeit nahe, dass die Gefahr von Short-Selling-Attacken zu deutlich höheren Dividenden führt. Nachdem Divi- dendenpapiere eine gewisse Anleihenähn- lichkeit aufweisen, werden sie von institu- tionellen Investoren, die auf stetige Erträge angewiesen sind, aber gern gekauft. Die kleine Wiener Börse, deren Umsatz zu 50 Prozent von nationalen und inter- nationalen institutionellen Investoren be- stritten wird, sollte ein derartiges Argument also möglicherweise nicht achtlos ignorie- ren. Börsenchef Boschan sieht das jedoch durchaus entspannt: Auf die vorliegende Argumentation angesprochen, meint er: „Grundsätzlich würde ich mich neutral positionieren. Ökonomisch ist es ja egal, ob Dividende fließt oder nicht. Entweder man hat Dividende und den Dividendenabschlag oder eben keine Dividende und den gleich- bleibenden Kurs. Ja, ich weiß, dass einigen Investoren ein Liquiditätsfluss wichtig ist und die Unternehmen damit auch werben. Wobei man sich diesen ökonomisch natür- lich auch durch einen simplen (Teil-)Ver- kauf herstellen kann“, wie Boschan erklärt. Auch die Position zu Leerverkäufen als Absicherungsinstrument ist eher schwam- mig – Boschan verweist auch in diesem Zusammenhang auf die Finanzmarktauf- sicht, die prüft, ob es sich bei einem Leer- verkauf um ein Absicherungs- oder um ein Spekulationsgeschäft handelt, und be- schreibt sich selbst nur als „eine Stimme von vielen Marktteilnehmern“. HANS WEITMAYR … ebenso wie bei den Rückkaufprogrammen Ausgewogene Testreihe – Small Caps ÄNDERUNG DER RÜCKKAUFPROGRAMME VOR, WÄHREND UND NACH DEM PILOTPROJEKT Pilotgruppe Kontrollgruppe Cross- Erste Diff.-in-Diff.- PILOT = 1 PILOT = 0 sektionaler (DiD)-Periode Durchschn. N Durchschn. N Wert (P-K) T-Wert P-Wert Davor 5,34 420 6,95 702 –1,61 –0,61 0,54 Während 18,64 420 23,41 702 –4,78 –1,81 0,07* Danach 18,28 420 17,65 702 0,63 0,21 0,84 Zweite Diff.-in-Diff.- Zeitversetzter Zeitversetzter DiD- (DiD)-Periode Schätzwert Schätzwert Schätzwert T-Wert P-Wert Während – davor 13,30 16,46 –3,17 –0,85 0,40 Danach – während –0,36 –5,76 5,41 1,25 0,21 Danach – davor 12,94 10,70 2,24 0,79 0,43 Während der Testphase erhöht die Kontrollgruppe die Rückkaufprogramme stärker als die Pilotgruppe. Die Strategie wird also eher nicht zur Abwehr von Short-Attacken genützt. Quelle: Studie; *90-prozentiges Konfidenzniveau » Um Short-Attacken bereits im Vorfeld abzuwenden, haben Small Caps während des Pilotprogramms die Dividenden erhöht. « Hang Chen, University of Queensland N o. 2/2020 | www.institutional-money.com 131 T H E O R I E & P R A X I S : L E E RVE RKAUF S VE RBOT E

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