Institutional Money, Ausgabe 2 | 2020

Schneeballeffekte halbwegs eingebremst werden. Die ursprüngliche Uptick Rule wurde 1938 implementiert, 2004 mit dem Pilotprogramm teilweise außer Kraft ge- setzt, mit dem Ende des Pilotprogramms 2007 von der SEC komplett aus dem Markt genommen und schließlich 2010 als „Alter- native Uptick Rule“ modifiziert und als sol- che wieder eingeführt. Selektionsprozess Um herauszufinden, wie sich die Verän- derung des Leerverkaufsdrucks auf die Aus- zahlungspolitik von Unternehmen auswirkt, haben die Autoren die Daten von 616 Fir- men, für die die Uptick-Regel ausgesetzt war – im Folgenden schlicht als Pilotfirmen bezeichnet – mit 1.275 Kontrollunterneh- men verglichen, für die das alte schützende Regelwerk galt. Entnommen wurden die Unternehmen dem Russell 3000. Dass die Zahl der beob- achteten Firmen deutlich kleiner ist als der Gesamtindex, liegt daran, dass man die Auswahlkriterien der SEC großteils nach- gebildet hat. Diese hat die Unternehmen nach Liquidität, Volatilität, Markttiefe, und Handelsvolumen vorsortiert. Ausgeschlos- sen wurden Unternehmen, die kürzlich ein IPO oder einen Spin-off hinter sich hatten. Von den verbleibenden Unternehmen wurde jedes dritte der Pilotgruppe zugeteilt – die Uptick-Regeln wurden also ausgesetzt –, der Rest diente als Kontrollgruppe. Die Autoren selbst schlossen weitere Un- ternehmen aus, für die diverse Variablen statistisch nicht ausreichend verfügbar waren, und kamen so auf besagtes Set von knapp 1.900 Aktien, die über einen Zeit- raum von Januar 2001 bis Februar 2010 beobachtet wurden. Der gesamte Verlauf wurde dabei in drei Subperioden unterteilt: Januar 2001 bis Mai 2005 umfasst die Zeit vor dem Pilotprojekt, also „Davor“, Mai 2005 bis Juli 2007 läuft unter „Während“, „Danach“ deckt die Restlaufzeit der Unter- suchung bis Februar 2010 ab. Auf diese Weise können die Autoren er- heben, wie sich die Erleichterungen von Leerverkäufen im Vergleich zu restriktiven Regimes entwickeln. Außerdem lässt sich die Veränderung der Entwicklung beobach- ten ( Anm.: Difference-in-Difference-Ansatz ), indem die Zeit vor dem Regimewechsel erfasst und somit mit den beiden anderen Perioden vergleichbar wird. In einem ersten Durchlauf untersuchen die Autoren alle Unternehmen darauf, ob sich das Aufwei- chen von Short-Selling-Restriktionen auf das Auszahlungsgebaren auswirkt. Wir wol- len uns an dieser Stelle kurz fassen: Die Unterschiede sind entweder gering oder sta- tistisch nicht relevant. „Egal ob Leerverkäu- fe beschränkt oder ungehindert stattfinden, die Auszahlungspolitik der Unternehmen bleibt über die gesamte Probe vor, während und nach dem Pilotprojekt in etwa gleich“, erklärt der Sprecher der Forscherteams, Hang Chen. Die Autoren brechen an dieser Stelle jedoch nicht ab, sondern besinnen sich der Tatsache, dass kleinere Unternehmen prin- zipiell eher Short-Attacken ausgesetzt sind als andere. Begründet wird das nicht zuletzt mit Informationsasymmetrien, die infor- mierten Händlern bei Small Caps einen grö- ßeren Wettbewerbsvorteil verschaffen als bei größeren Unternehmen. Wenn also Small Caps anfälliger für Leerverkäufe sind als Blue Chips, sollte sich das Small-Cap-Management auch stär- ker genötigt fühlen, gegen massive Wetten auf fallende Kurse des Unternehmens vor- zusorgen und die potenziell schädlichen Handelsaktivitäten mittels Dividende oder Aktienrückkauf so stark wie möglich zu verteuern. Die Autoren erstellen also eine Subkate- gorie, die wir hier auch „Small“ nennen wollen. Sie folgen der Methodik von Grul- lon et. al aus deren 2015er-Arbeit „The real effects of short-selling“. Die Ergebnisse sind diesmal eindeutig ( siehe Tabelle „Un- ter Druck mehr Dividende“ ). Wir erinnern uns: Die Pilotgruppe besteht aus den Unter- nehmen, für die seitens der SEC die Short- Selling-Beschränkungen aufgehoben wur- den. Diese Unternehmen haben vor Beginn des Pilotprogramms Dividenden von durch- schnittlich 1,94 Millionen Dollar gezahlt. Während des Projekts stiegen die Auszah- lungen auf 4,83 Millionen, um nach dem Projekt noch einmal – wenn auch langsa- mer – auf 6,36 Millionen Dollar zu klettern. Große Unterschiede Stellt sich die Frage, wie das für Unter- nehmen aussieht, die nach wie vor beding- ten Schutz vor Leerverkäufen genießen. Statistische Verfeinerung bestätigt Ergebnis bei Dividende … Ausgewogene Testreihe – Small Caps DIVIDENDENÄNDERUNG VOR, WÄHREND UND NACH DEM PILOTPROJEKT Pilotgruppe Kontrollgruppe Cross- Erste Diff.-in-Diff.- PILOT = 1 PILOT = 0 sektionaler (DiD)-Periode Durchschn. N Durchschn. N Wert (P-K) T-Wert P-Wert Davor 2,79 420 3,80 702 –1,00 –1,03 0,30 Während 5,77 420 5,12 702 0,64 0,66 0,51 Danach 7,80 420 5,84 702 1,96 2,15 0,03** Zweite Diff.-in-Diff.- Zeitversetzter Zeitversetzter DiD- (DiD)-Periode Schätzwert Schätzwert Schätzwert T-Wert P-Wert Während – davor 2,98 1,32 1,64 1,19 0,23 Danach – während 2,03 0,72 1,32 1,02 0,31 Danach – davor 5,01 2,04 2,96 2,04 0,04** Eine Verfeinerung der statistichen Auswertung bestätigt die Ergebnisse der unausgewogenen Testreihe bei rückläufiger statistischer Bedeutung. Quelle: Studie, **95-prozentiges Konfidenzniveau » Über die gesamte Stichprobe hinweg bleibt die Auszahlungspolitik nach der Einführung von Short-Restriktionen unverändert. « Hang Chen, University of Queensland 130 N o. 2/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : L E E RVE RKAUF S VE RBOT E

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