Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

fahren nicht einsehbar sind. In immerhin fünf Fällen kamen die Fälle vor Gericht und wurden dort entschieden. Zeitungen wurden nach demselben Schema durchforstet, so- dass sich noch sieben weitere Fälle finden ließen. Somit blieben zwölf Fälle übrig, von denen fünf direkte sexuelle Belästigungen in derselben Organisationseinheit, also der Fondsabteilung, darstellten, während sieben indirekte Belästigungen darstellten, die von Tätern aus anderen Konzernein- heiten begangen wurden. In der Stichprobe (siehe gleichlautende Tabelle ) findet sich kein nennens- werter Performanceunterschied zwischen männer- und frauenge- führten Fonds. Die Unterschiede in den Charakteristika der von den beiden Gruppen gemanagten Fonds stimmten im Wesentlichen mit den Ergebnissen früherer Arbeiten über- ein. So sind etwa rein von Frauen gemanag- te Fonds kleiner und in größeren Fonds- gesellschaften anzutreffen. Da diese Fonds- eigenschaften bekanntermaßen Einfluss auf die Performance haben, wurden diese in den Regressionsrechnungen als Kontroll- variablen verwendet. Fondsindustriedaten geeignet Das Autorenquartett testet seine Hypothe- se. Die Daten aus der Fondsindustrie sind ideal für das Studium der Effekte sexueller Belästigung aus zwei Gründen: Zum Ersten kann hier die Produktivität von Angestellten mit einer sonst kaum möglichen Präzision gemessen werden. Zum Zweiten ist sexuelle Belästigung ein weit verbreitetes Phänomen in der Fondsindustrie, und zwar vielleicht deswegen, weil sie stark männerdominiert ist. Im- merhin sind ja nur ungefähr zehn Prozent der Fondsmanager Frauen. Zu erwähnen sind hier Antecol und Cobb-Clar, die 2006 anhand von Daten des ebenfalls stark männerdominier- ten US-Militärs feststellen, dass dort sexuelle Belästigung von Frauen stark auftritt. Laut der Untersuchung von Mooney und Smith von 2017 ist ungefähr ein Drittel der im Fondsmanage- ment tätigen Frauen sexuellen Belästigungen ausgesetzt, und einige Vorwürfe sind tatsächlich auch publik geworden. Sie betreffen große Namen wie Merrill Lynch und Fidelity. Um die Wirkung sexueller Belästigung auf die Performance zu isolieren, wenden die Autoren einen Differenz-in-Differenzen- Ansatz in zwei verschiedenen Settings an. Einmal wird auf den Harvey-Weinstein- Skandal und die #MeToo-Bewegung als ein positiver marktweiter Schock abgestellt, der die Bedingungen dafür geschaffen hat, dass Friktionen im Zusammenhang mit sexueller Belästigung angesprochen und eliminiert werden. Nachdem eine erkleckliche Anzahl von Belästigern in der Filmindustrie publik gemacht und entlassen wurde beziehungs- weise das Handtuch warf, griff die Bewe- gung auch auf andere Branchen über. Viele Firmen – auch in der Fondsindustrie – ant- worteten darauf, indem sie ihre internen Richtlinien verschärften, um gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorzugehen, interne Kurse anboten und neue Vorschrif- ten für die Meldung und Behandlung sol- cher Vorfälle erließen. Hier untersuchen die Kapitalmarktforscher Performanceauswir- kungen über alle Fondsfamilien, wo Port- foliomanagerinnen tätig sind. Die zweite Testreihe stellt auf verschiede- ne organisationsspezifische Fälle sexueller Belästigung seit 1995 ab und analysiert die Performanceeffekte in einzelnen Unter- nehmen, in denen entsprechende Vorwürfe aufgekommen sind und Maßnahmen gesetzt wurden, um hier Abhilfe zu schaffen und Fondsmanagerinnen eine bessere Arbeits- atmosphäre zur Verfügung zu stellen. Die- ses zweite Setting ist attraktiv für die Ana- lyse, da es sich nicht auf bloß ein Event be- zieht und Querschnittsuntersuchungen in Bezug auf alle diese Vorkommnisse gestat- tet. Co-Autor Stefan Jaspersen dazu: „Der Punkt ist, dass man spezifisch dafür kontrol- liert, dass Frauen andere Fonds managen als Männer und wir nun innerhalb der Gruppe von Frauen vergleichen können.“ Es wer- den hier die Leistungen von Frauen in Fir- men mit Vorwürfen sexueller Belästigungen mit jenen Leistungen vergleicht, die Fonds- managerinnen in Firmen ohne entsprechen- de Vorwürfe zeigen. Weinstein als Gamechanger Die Grafik „Auf und davon“ untersucht den Dreijahreszeitraum von April 2016 bis März 2019 und stellt die risikoadjustierten kumulierten Renditeunterschie- de von ausschließlich männlich und ausschließlich weiblich ge- managten Fonds gegenüber. Als Zäsur und Ankerpunkt in der Grafik ist das Aufpoppen des Weinstein-Skandals im Oktober 2017 – und damit in der Mitte des Untersuchungszeitraums – markiert. Die kumulierten Re- turn-Differenzen wurden auf Basis des Fünf-Faktor-Modells von Fama und French (Market, Value, Size, Profitabilität, Inves- titionstätigkeit) errechnet. Dabei zeigt sich ein klares Muster: Während die Leistung von Frauen im Fondsmanagement FOTO : © UN I V OF K ANS A S » Der Harvey-Weinstein-Skandal wirkte tatsächlich als Zäsur: Seither performen Frauen besser. « Gjergji Cici, Associate Professor für Finanzierungslehre an der University of Kansas School of Business Höhenflug nach Harvey-Weinstein-Skandal Nach dem Skandal verbessern Frauen ihre Performance als Fondsmanager signifikant. Fonds Gemischt gemanagt Rein frauengemanagt Nach d. Skandal 0,0008** 0,0009*** 0,0024** 0,0027** (2,47) (2,71) (2,04) (2,31) Kontrolliert Nein Ja Nein Ja Fund FE Ja Ja Ja ja Time FE Ja Ja Ja ja Style FE Ja Ja Ja ja Beobachtungen 51.935 51.935 42.159 42.159 Adjustiertes R 2 0,034 0,035 0,033 0,034 Fonds, in deren Managementteam zumindest eine Frau war, konnten nach dem Skandal eine um acht Basispunkte (bps) pro Monat bessere Performance auswei- sen, reine frauengeführte Fonds zeigten sogar eine um 24 bps p. m. bessere Leistung. Die Ergebnisse sind auf einem Konfidenzniveau von 95 Prozent statistisch signifikant. ***/**/* bedeuten statistische Signifikanz von 99/95/90 Prozent. Quelle: Studie 84 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : ME -TOO

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