Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

G laubt man Vertretern der Black-Swan-Theorie, war die Frage nicht, ob , sondern wann es zu einem Event wie dem Corona-Crash kommen würde. Mark Spitznagel, Gründer von Universa Capital, sieht die Lage sogar noch radikaler, indem er meint, dass „für diejeni- gen, die mit der Österreichischen Schule der Nationalökonomie ver- traut sind, ein Crash des US-Aktien- marktes von vielleicht mehr als 40 Prozent weder in der Zukunft noch in der Vergangenheit einen Schwar- zen Schwan, ja nicht einmal ein Tail Event darstellen darf“ und somit je- derzeit eintreten kann. Spitznagel der früher mit einem Schwarzer- Schwan-Logo warb und angibt, „auf konvexes Tail-Hedging und -Invest- ment spezialisiert“ zu sein, verweist dabei auf die Q Ratio. Diese Kenn- zahl errechnet sich aus der Teilung des Marktwerts eines Unternehmens durch die Wiederbeschaffungskosten aller Vermögensgegenstände. Perio- den, in denen marktübergreifend eine hohe Q Ratio zustandekommt, seien demnach von „verschwenderischen Fehlinvestitionen“ geprägt. Statistisch gesehen sei demnach bei einem Q, das kleiner/gleich 0,5 ist, auf drei Jahre gesehen mit maximalen Drawdowns (MDD) von rund neun Prozent zu rechnen. Ist das Q größer als 0,9, liegt der MDD bei 40 Prozent. In so einem Fall „dürfte man hohe Marktverluste nicht mehr als Black Swan Event, sondern als zu erwarten- des Ereignis bezeichnen“, erklärt Spitznagel. Tatsächlich lag die Q Ratio, bezogen auf die US-Aktienmärkte, zuletzt bei zwei und über- traf damit mit Leichtigkeit die Spitzen aus den 30er-Jahren, als dieselbe Kennzahl auf bis zu 1,08 stieg. Geht man die Zeitleiste bis ins Jahr 1900 zurück, kommt man nur auf eine Zeitspanne, in der das Q wesentlich höher lag – und zwar bei 1,61. Was darauf folgte, war das Platzen der Dotcom-Blase. Das Q selbst liegt bereits seit 2011 über 0,9. Denkt man Spitznagels Argumentation angesichts dieses Zeitraums durch, so war das Coronavirus also nur der Auslöser einer längst fälligen Kor- rektur. Zieht das Virus nun weitere volkswirtschaftliche Schäden nach sich, so wären diese zu Redaktions- schluss per Mitte März 2020 noch nicht eingepreist. Es bedeutet aber auch, dass katastrophale Rückschlä- gen seit einiger Zeit jederzeit und somit unvorhersehbar möglich sind. Menschlicher Makel Sehr ähnlich denkt Didier Saint Georges, bei Carmignac Mitglied des Strategic Investment Committee. Er wagte sich als einer der Ersten öf- fentlich aus der Deckung, indem er Corona als „Black Swan“ bezeichne- te, beeilte sich aber darauf hinzuweisen, dass er „diese Der Eintritt von Black-Swan-Ereignissen wie der Corona-Epidemie ist nicht prognostizierbar. Sicher ist aber, dass die schlimmsten Folgen nicht durch das Ereignis selbst, sondern durch die menschliche Reaktion entstehen. Sich gegen diese zu wappnen, ist möglich, erfordert aber einen entschlossenen Ansatz. 123 Jahre Tail-Risiken Jahresultimo-Performance des Dow Jones seit 1896/97 in 10-Prozent-Schritten 2016 2010 2009 2014 2006 2019 2012 1998 2017 2011 1993 2013 2018 2007 1988 2003 2015 2004 1982 1999 2005 1994 1980 1997 2001 1992 1976 1996 2000 1987 1972 1991 1990 1979 1967 1989 1984 1971 1965 1986 2002 1981 1970 1964 1985 1977 1978 1968 1963 1983 1973 1960 1956 1961 1955 1969 1953 1952 1959 1945 1966 1948 1947 1951 1938 1962 1946 1942 1950 1936 2008 1957 1939 1934 1949 1927 1995 1937 1941 1923 1926 1944 1925 1975 1930 1974 1940 1916 1912 1943 1924 1958 1954 1920 1932 1929 1906 1911 1921 1922 1935 1928 1914 1917 1913 1902 1900 1918 1898 1919 1908 1933 1931 1907 1903 1910 1901 1899 1909 1897 1905 1904 1915 <–50 % –40 % bis –30 % –30 % bis –20 % –20 % bis –10 % –10 % bis 0 % 0 bis 10 % 10 % bis 20 % 20 % bis 30 % 30 % bis 40 % 40 % bis 50 % >50 % FOTO : © S T UD I O CU I CU I , S TOCK . ADOB E . COM » Der Großteil des Schadens entsteht nicht durch den Auslöser selbst, sondern durch die Reaktion der Menschen. « Didier Saint-Georges, Mitglied des Strategic Investment Committee bei Carmignac Black Swan sapiens Extreme Tail-Risiken von minus 30 Pro- zent und mehr ergeben sich nicht allzu oft – aber deutlich häufiger als statistisch erklärbar. Das macht das Auftreten solcher Events unberechenbar und gefährlich. Quelle: Schoellerbank 76 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : TA I L - R I S I K EN

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