Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

mitglieder bei der Auswahl der Anlagen sorgfältig handeln, ausreichend Infor- mationen einholen, gesetzliche und sat- zungsmäßige Vorgaben beachten und dies jeweils dokumentieren, soll ihnen keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Sonst sei es im Zweifel so, dass bei einer guten Vermögensentwicklung alles in Ordnung sei, aber im Fall einer widrigen Marktentwicklung Vorstände befürchten müssten, mit ihrem Privat- vermögen zu haften. Diese unklare Situation führt im Zweifel naturgemäß zu einer zu konser- vativen Vermögensveranlagung. „Viele Stiftungsgelder liegen daher noch auf Spar- oder Festgeldkonten. Eine gute Business Judgement Rule würde die Sicherheit für Stiftungsorgane erhöhen und sie vor unangemessener Haftung schützen“, meint Hoffmann. „Letztlich würde dies auch die ehrenamtliche Tätigkeit bei einer Stiftung insgesamt attraktiver machen.“ Bei einer Onlinebefragung unter den Teilnehmenden des Stiftungs-Panels im August 2018 gaben 91,3 Prozent der Teilnehmer an, dass sie die Einführung der Business Judgement Rule für „sehr wichtig“ oder „eher wichtig“ halten. Verdienstorden für Draghi Dass dem ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi der Verdienstorden der Bun- desrepublik Deutschland verliehen wurde, empfanden viele Stiftungen angesichts der aktuellen Zinssituation fast schon als Provo- kation. Die Niedrigzinspolitik der Noten- bank bewirkte, dass bei vielen der kleineren und mittelgroßen Stiftungen die Erträge kaum mehr ausreichen, um die laufenden Kosten zu tragen. Viele Stiftungen sind zu klein, um ihre Administration finanzieren zu können. Zwei Drittel der mehr als 22.700 rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts in Deutschland haben ein Stiftungs- kapital von weniger als einer Million Euro. Selbst wenn es gelingt, eine Rendite nach Kosten von 2,5 Prozent pro Jahr zu erzielen, würde aus einer Million Euro Stiftungs- kapital lediglich ein jährliches Budget von 25.000 Euro herauskommen. Davon gehen die Aufwendungen für die bürokratischen Erfordernisse ab, sodass für die Verwirk- lichung des eigentlichen Stiftungszwecks oft enttäuschend wenig übrig bleibt. „Probezeit“ für die Satzung Abgesehen von niedrigen Zinsen und unklaren Kapitalanlagevorgaben ist vielen Stiftern auch die mangelnde Flexibilität ein Dorn im Auge. Insbesondere bei Stiftungen, die zu Lebzeiten des Stifters gegründet wer- den, wünscht sich der Verband die Möglich- keit, bestimmte Vertragsbestandteile noch ändern zu können. „Wenn die Stiftung ein- mal gegründet ist, sind die Möglichkeiten zur Satzungsänderung sehr eingeschränkt. Manche Dinge stellen sich aber erst in der täglichen Stiftungsarbeit heraus. Es wäre sinnvoll, das zu flexibilisieren“, erklärt Marie-Alix Ebner von Eschenbach, Mit- glied der Geschäftsleitung beim Bundesver- band Deutscher Stiftungen und dort Leiterin für die Bereiche Recht und Politik. Bemängelt wird vom Verband auch, dass eine Bündelung der Kräfte unnötig erschwert wird. In der Wirtschaft gibt es angesichts der niedrigen Zinsen und der hohen büro- kratischen Anforderungen derzeit eine Kon- solidierungswelle, beispielsweise bei den Banken. „Auch bei Stiftungen würde es oft Sinn machen, zwei oder mehr ähnlich aus- gerichtete Stiftungen zusammenzulegen“, meint Hoffmann, „aber das ist derzeit recht- lich und praktisch schwierig.“ Fehlendes Register Die praktische Schwierigkeit besteht un- ter anderem darin, dass es kein einheitliches Stiftungsregister gibt, in dem sich nach Stif- tungen suchen ließe, die zur eigenen passen. Die Stiftungsaufsicht ist in Deutschland Sa- che der Länder, sodass es viele unterschied- lich angeordnete Register, Vorschriften und Auslegungen gibt. Der Verband wünscht sich ein bundeseinheitliches Register mit Publizitätswirkung. „Es hätte den Vorteil, dass man schnell sehen kann, ob eine Stif- tung als gemeinnützig gilt, also steuerlich begünstigt ist. Außerdem könnte man dort die Vertretungsberechtigung für eine Stif- tung einsehen, so wie das beispielsweise im Handelsregister möglich ist“, erklärt Hoff- Seit sechs Jahren warten Deutschlands Stiftungen auf eine Reform des Stiftungsrechts. Die Erwartung, dass die Novelle noch 2019 verabschiedet würde, erwies sich als Irrtum – nun hofft man, dass das Gesetz im laufenden Jahr kommt. N o. 1/2020 | www.institutional-money.com 277 S T E U E R & R E C H T : S T I F TUNGS R E CHT S R E FORM

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=