Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

E s mutet fast seltsam an, wenn eine Branche um eine neue Regulierung kämpft. Ist es doch einmal der Fall – wie etwa bei Deutschlands Stiftungen –, darf man unterstellen, dass ein ernst zu nehmen- der Reformbedarf besteht. Bereits im Jahr 2014 gab es eine Bund-Länder-Arbeitsgrup- pe „Stiftungsrecht“, die die wichtigsten Punkte eines novellierten Stiftungsrechts beinhalten sollte. Auch auf Druck durch den Bundesverband Deut- scher Stiftungen in Berlin wurde im Februar 2018 ein Diskussionsent- wurf für ein Gesetz zur Vereinheit- lichung des Stiftungsrechts veröf- fentlicht. Seither geschah nichts; zumindest nichts, was von außen sichtbar wäre. Dabei hätte der Ge- setzentwurf spätestens im zweiten Halbjahr 2019 vorliegen sollen. Verband macht Druck Um den Gesetzgebungsprozess zumin- dest in der zweiten Hälfte der Regierungs- periode der aktuellen Koalition in Schwung zu bringen, initiierte der Bundesverband Deutscher Stiftungen im vierten Quartal 2019 die Kampagne „Stiftungsreform jetzt“. Darin wurden die Verbandsmitglieder auf- gerufen, die Bundesregierung sowie ihre Bundestagsabgeordneten vor Ort an ihre Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag zu erinnern. Ein entsprechendes Muster- schreiben wurde via Internet zur Verfügung gestellt. Der Verband vertritt die Ansicht, dass im Koalitionsvertrag der Bundesre- gierung klar der Auftrag erteilt wurde, das Stiftungsrecht auf Basis der Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu ändern. Was die Stiftungen wollen, ist schnell zusammengefasst: mehr Flexibilität, mehr Gestaltungsmöglichkeiten zu Lebzeiten des Stifters sowie eine klare Auslegung der Rechtsgrundlage, insbesondere rund um das Thema der Organhaftung. Diese Wünsche sind verständlich. Ohne eindeutige Rechts- grundlage sehen die oft ehrenamtlich arbei- tenden Stiftungsmitarbeiter zu große Haf- tungsrisiken, beispielsweise in der Kapital- anlage. „Für die Anlage von Stiftungsver- mögen gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben oder Verbote für bestimmte Anla- geformen“, erklärt Hubert Hoffmann, der bei der Norddeutschen Landesbank als Erb- und Stiftungsmanager Stiftungen bei der strategischen Finanzplanung berät. „In den meisten Landesstiftungsgesetzen steht nur, dass das Vermögen in seinem Bestand un- geschmälert zu erhalten ist. Dabei ist noch nicht einmal klar, ob das Kapital nominal oder real zu erhalten ist“, bedauert Hoff- mann, „und natürlich kann einem niemand verbindlich sagen, wie man dies im aktuel- len Kapitalmarktumfeld bewerkstelligen soll.“ Business Judgement Rule Wie diese vor allem von Stiftungsvor- ständen gewünschte Beschränkung der Haf- tung aussehen sollte, ist Fachleuten durch- aus klar. „Wünschenswert wäre es, wenn Vorstände nicht haften, wenn sie bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordent- lichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwenden“, meint Hoffmann. Wenn Organ- Die Eckpunkte werden seit Jahren diskutiert, aber die Stiftungsrechtsreform kommt nicht voran. Der Verband erinnert die Bundesregierung an ihr Handlungsversprechen. Stiftungen fordern mehr Flexibilität und eindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen. Gesetzentwurf schon lange in der Schwebe Es gibt zwar noch keinen Gesetzentwurf, aber einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vom Februar 2018. In den Diskussionsentwurf haben es nicht alle Punkte, die die Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Stiftungsrecht“ angesprochen hat, geschafft. Quelle: Norddeutsche Landesbank FOTO : © NORDDEU T SCHE L ANDE S B ANK , E . O. | S TOCK . ADOB E . COM » Gut wäre, wenn Vorstände nicht haften, wenn sie bei der Geschäftsführung die notwendige Sorgfalt anwenden. « Hubert Hoffmann, Erb- und Stiftungsmanager bei der Norddeutschen Landesbank Dringender Reform bedarf Diese Inhalte haben es in den Diskussionsentwurf geschafft: Diese Inhalte haben es nicht in den Diskussionsentwurf geschafft: Konkretisierung der Begrifflichkeit „Stiftungsvermögen“ (Aufteilung in „Grundstock- vermögen“ und „sonstiges Vermögen“) Klare Definition, was Vermögenserhalt ist (real oder nominal?) Verankerung der Business Judgement Rule im Stiftungsrecht Änderungsrecht von noch lebenden Stiftern bezüglich der Satzung Register mit Publizitätswirkung (ähnlich z. B. dem Handelsregister) mit Information über die Vertretungsbefugnis der Organe und die steuerliche Begünstigung der Stiftung 276 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : S T I F TUNGS R E CHT S R E FORM

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