Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

FOTO : © BCG, BV R Umbau einer Branche Der Bankensektor erfährt derzeit Druck aus drei Richtungen, die im Prinzip drei Megatrends darstellen: Digitalisierung, Niedrigzins und Regulatorik. Banken müssen daher ihre Geschäftsmodelle anpassen. D erzeit ist das Gesamtumfeld für Banken kein leichtes. Letztlich weht ihnen nicht nur von der re- gulatorischen Seite ein schärferer Wind ins Gesicht; auch die niedrigen Zinsen drücken auf ihre Reputation und auf die Margen. Das bringt insbesondere die Banken in Deutschland in Bedrängnis, denn sie haben aufgrund der hohen Bankendichte weniger Preissetzungs- macht als Banken in anderen Ländern. Fusionen sind die Folge. „Die Gründe für Fusionen sind institutsindividuell und vielfältig, aber sicher nicht mangelndes Eigenkapital. Wesentliche Einflussfakto- ren für Fusionen sind neben dem lang anhaltenden von der EZB veranlassten Niedrigzinsniveau und einem mit der Digitalisierung geänderten Kundenverhal- ten insbesondere die aus der sehr klein- teilig gewordenen Bankenregulierung ent- stehenden Belastungen“, erklärt Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied des Bundes- verbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Hinzu kommt die Konkurrenz der Tech- Giganten wie Google oder Facebook. „Man braucht sich hier nur Alibaba anzu- sehen, die in China schon viel stärker in den Finanzsektor eingedrungen sind als Google hierzulande“, beobachtet Michael Bentlage, Vorsitzender des Vorstands der Hauck & Aufhäuser Privatbankiers. Die digitalen Player setzen diejenigen Banken, die zu sehr auf herkömmliche Bankmo- delle oder reinen Zahlungsverkehr abstel- len, unter Druck. Dieser kommt sowohl von innovativen FinTechs wie Wirecard, die international tätig sind, als auch von den Tech-Giganten, die sehr tiefe Taschen für neue Entwicklungen haben. Geschäftsmodelle überarbeiten Entsprechend müssen Banken ihre Ge- schäftsmodelle überarbeiten. Sie tun sich dabei in vielerlei Hinsicht schwer mit Inno- vationen, wobei als Gründe neben der zunehmenden Regulierung oft auch eine veraltete, nur unter massiven Komplikatio- nen und Kosten anzupassende IT-Infrastruk- tur genannt wird. „Unabhängig von der Regulierung, die sie demnächst erfahren werden, müssen sich etablierte Finanzinsti- tute an die neuen Erwartungen von Kon- sumenten und Geschäftskunden anpassen – die wiederum auch von Tech-Firmen ge- prägt werden, die zunehmend klassische Bankendienstleistungen anbieten“, meint Dr. Ella Rabener, Partner & Managing Director bei BCG Digital Ventures. Sie berät dort für den Venture-Capital-Bereich von Boston Consulting Group Start-ups im Finanzsektor. „Sonst werden sie von den großen Technologiehäusern oder aber schnell wachsenden, innovativen und agi- len FinTech-Unternehmen überholt. Letz- tere kommen übrigens mit der straffen Bankenregulierung vergleichsweise gut zurecht, da sie ihre Bankgeschäfte neu aufbauen und keine über Jahrzehnte ge- wachsenen Systeme mit großem Aufwand umrüsten oder ersetzen müssen.“ Auf diesen Druck müssen Banken rea- gieren und eher proaktiv als reaktiv unter- wegs sein. Gut sichtbar wurde das bei- spielsweise bei den digitalen Bezahlsyste- men: Nachdem die deutschen Banken vie- le Jahre nach der Einführung von Paypal endlich mit PayDirekt ein eigenes digitales Zahlungssystem auf die Beine gestellt haben, sehen die Kunden wenig Gründe, künftig auf das erprobte und international verbreitete PayPal zu verzichten und statt- dessen PayDirekt zu verwenden. Vorn mit dabei sein heißt also die Devise. Auf dem Spielfeld der automatisierten Vermögensverwaltung hat Hauck & Auf- häuser beispielsweise reagiert und seine Beteiligung am Robo-Advisor Easyfolio abgestoßen. „Wir haben mit ZeedIn eine eigene digitale Vermögensverwaltung gebaut. Das ist heute ein Muss. Es geht darum, dem Kunden eine Convenience zu bieten. Der will auf seinem Handy jederzeit sein Konto sehen und im Zwei- fel auch darüber abschließen. Wer das nicht bieten kann, hat schlicht den Anschluss verpasst“, meint Bentlage. Profitabilität, quo vadis? Allerdings ist das ein schmaler Grat, denn das Gemisch aus niedrigen Zin- sen, Konkurrenz von Tech-Firmen und regulatorisch erhöhten Kapitalanforderun- gen macht das Bankgeschäft weniger ren- tabel. „Wenn ich mir den deutschen Markt ansehe, ist der Return on Equity der Ban- ken niedrig einstellig. Kein Industrieunter- nehmen kann und will mit einer derart geringen Profitabilität dauerhaft leben“, beobachtet Bentlage. Besserung ist nicht in Sicht, da Basel IV dafür sorgt, dass die Produkte, in die Banken investieren, mit mehr Eigenkapital zu unterlegen sind, was de facto gegen die Profitabilität geht. Insgesamt sorgt das gesamte Umfeld für eine weitere Konsolidierung des Ban- kenmarktes, denn „den gestiegenen regu- latorischen Anforderungen können Sie nur mit Größe begegnen“, so Bentlage. Inno- vationen gehen auch schon mal mit Pfif- figkeit und Mut. Sein Geschäftsmodell hält er im neuen Regulierungsumfeld aller- dings für zukunftsträchtig. Ähnlich wie Metzler und Berenberg hat sich auch Hauck & Aufhäuser stärker auf die Ver- mögensverwaltung als auf Darlehens- geschäfte ausgerichtet. „Etwa 90 Prozent unseres Gewinns stammen aus Provisions- einnahmen und nur rund zehn Prozent aus Zinsen“, erklärt Bentlage. „Bei einer Volksbank oder Sparkasse dürfte das eher andersherum sein.“ Es wird sich hier also noch einiges tun, denn eine ganze Bran- che baut sich nicht von heute auf morgen um. Dr. Ella Rabener, Partner & Managing Director bei BCG Digital Ventures: „FinTechs kommen mit der straffen Bankenregulierung vergleichsweise gut zurecht, da sie alles ganz neu aufsetzen können.“ Gerhard Hofmann, Vor- standsmitglied des Bundesver- bandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR): „Die Gründe für Fusionen liegen u. a. in der Belastung aus der sehr kleinteilig gewor- denen Bankenregulierung.“ 272 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : BANK ENR EGUL I E RUNG

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