Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

Eigenmittel- und Reporting-Anforderungen eine überproportionale Belastung dar. Sie müssen den Intellekt und die Systeme vor- halten wie die großen Häuser, und das ist schwierig. Wir haben mittlerweile 700 Mit- arbeiter, da können wir auch einige für das Reporting und die Erfüllung der Regulato- rik abstellen. Das sind zwar Zusatzkosten, aber für ein mittelgroßes Haus wie uns sind sie tragbar.“ Testamente Auch das Sterben von Banken wird ge- regelt. Hier ist der Regulator darauf be- dacht, dass nicht am Ende der Staat das Ausfallrisiko tragen muss. Entsprechend sollen die Gläubiger angemessen an der Haftung einer Bank, die abgewickelt wer- den muss, beteiligt werden. Zwar ist die Europäische Banken-Abwicklungsrichtlinie (RL 2014/59/EU oder Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) bereits am 1. Januar 2015 in Kraft getreten, den Ban- ken wurde aber eine Übergangszeit von acht Jahren gewährt, um die Finanzmittel für den einheitlichen Abwick- lungsfonds aufzubringen. Sollte nämlich eine Bank, die unter EZB-Aufsicht steht, notleidend werden, kann die EZB ihre Abwicklung for- dern. Die Kosten dafür wer- den aus dem eigens dafür eingerichteten Abwicklungs- fonds gedeckt, den die Ban- ken selbst bis 2024 mit einer Summe von 55 Milliarden Euro ausstatten müssen. Zwar wird immer wieder bezweifelt, ob diese Summe ausreicht, wenn es eine Groß- bank erwischt, aber eine Ver- besserung gegenüber der vorherigen Situation ist es al- lemal. Neben der Bereitstel- lung von Finanzmitteln sind die Banken aufgefordert, ein „Testament“ zu schreiben. Darin sind Prozesse zu be- schreiben, die im Fall einer Abwicklung des Instituts Anwendung finden sollen. „Ich glaube schon, dass das Bankensystem mit der jetzi- gen und erst recht der künf- tigen Regulierung erheblich widerstandsfähiger ist, als es noch vor zehn Jahren war“, meint Bentlage, „aber die Banken sind untereinander trotzdem enorm verflochten. Sollte eine ganz große Adresse umfallen, hätte das schon noch Auswirkun- gen auf alle Banken.“ Die erhöhten Eigenkapitalvorschriften bleiben nicht ohne Auswirkungen. Die Euro- päische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat im Sommer 2019 die vorläufigen Ergeb- nisse ihrer Auswirkungsstudie zur Basler Reform veröffentlicht und einen zusätzli- chen Kapitalbedarf für europäische Banken von 135 Milliarden Euro bis 2027 festge- stellt. „Tatsächlich dürfte der zusätzliche Kapitalbedarf noch deutlich höher liegen“, meint Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes. So habe die Studie weder alle aufsichtlichen Komponenten noch die zusätzlichen aufsichtlichen Kapi- talempfehlungen berücksichtigt. Der Verband hat beim Beratungsunter- nehmen Copenhagen Economics eine eige- ne Studie in Auftrag gegeben, die auf einen zusätzlichen Eigenkapitalbedarf für europäi- sche Banken von rund 400 bis 500 Milliar- den Euro kam. „Die Ergebnisse bestätigen unsere Befürchtungen“, so Ossig. Weil aufgrund der höheren Eigenkapital- kosten die Banken ihre Konditionen anhe- ben, würden die Kapitalkosten für Unter- nehmen steigen. Copenhagen Economics errechnete daraus einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in der Europäischen Union um 0,4 Prozent. „Die Auswirkungen der Basler Regeln auf die Realwirtschaft sind eklatant. Die Politik muss in der Umsetzung auf europäischer Ebene darauf achten, einen wirtschaftlichen Einbruch zu vermeiden“, fordert Ossig. Lachende Dritte Es gibt auch eine Kehrseite der Medaille, denn während die Banken ihre Bilanzen un- ter den neuen regulatorischen Anforderun- gen verkürzen, gibt es lachende Dritte. „Die Kreditvergabe der Banken sinkt zuneh- mend. Sie machen bereits heute spürbar weniger Neugeschäft bei Immobiliendar- lehen als noch im ersten Halbjahr 2019. Man merkt deutlich, dass Basel IV unter- wegs ist und die Banken die Basel-IV-Eigenkapitalmodel- lierungen in ihre Modelle einpflegen“, beobachtet Lah- cen Knapp, CEO von Empi- ra. Das Haus gehört zu den großen Debt-Investoren in Europa. „Wir haben im letz- ten Jahr über drei Milliarden Euro Immobilienkredite aus- gereicht“, erklärt Knapp. Über seine Investmentvehi- kel wandern die Kredite in die Portfolios institutioneller Investoren aus Deutschland und Österreich. „Der Regulator möchte Risiken aus dem systemrele- vanten Bankensektor ausla- gern. Alternative Finanzie- rungsgeber investieren im Namen von Versorgungsein- richtungen und damit letzt- lich die Sparguthaben nor- maler Bürger“, erklärt Knapp. Entsprechend sieht er gol- dene Zeiten auf das Ge- schäftsmodell der Immobi- lienkreditfonds zukommen. ANKE DEMBOWSKI Finetuning der Bankenregulierung Die Regulatoren wollen den Banken zwar die notwendige Zeit geben, sich anzupassen, aber Zeit zum Ausruhen und Verschnaufen lässt man ihnen nicht. Die Bankenregulierung ist ein laufender Prozess, da sich aus der Aufsichtspraxis weitere Erkenntnisse ergeben und Regulatoren Anpassungen vornehmen. Quelle: Institutional Money Datum Event/Maßnahme Regulator 1988 Beschluss Basel I (Basler Akkord) Eigenkapitalquote von 8 % in Bezug auf die risikogewichteten Aktiva Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) 2004 Beschluss Basel II Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) 2007/2008 Bankenkrise: Es kommt zu Bankenrettungen 2010 Beschluss Basel-III-Rahmenwerk Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) 1. Januar 2014 (in Kraft getreten) Richtlinie „Capital Requirements Directive IV“ (CRD IV) Europäische Kommission 1. Januar 2014 (in Kraft getreten) Verordnung „Capital Requirements Regulation“ (CRR) Europäische Kommission 7. Dez 17 Rahmenwerk „Basel III: Finalising post-crisis reforms“ (Basel IV) Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) 20. Mai 19 Verordnung „Capital Requirements Regulation” (CRR II) Januar 22 „Basel IV“ soll in Kraft treten (Output Floor zunächst 50 %, mit sukzessivem Anstieg) Januar 27 Output Floor soll bei den vollen 72,5 % liegen 270 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : BANK ENR EGUL I E RUNG

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