Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

D as Thema der mauen Faktor- performance ist nicht nur für Smart-Beta-Fondsanbieter und institutionelle Fonds- käufer ein Problem, sondern auch für Smart-Beta-Indexentwickler wie die ED- HEC-Tochter Scientific Beta (SciBeta). Na- turgemäß haben die Franzosen ein großes Interesse an der Aufklärung der Gründe für die enttäuschende Entwicklung. Per 31. De- zember 2019 waren es bereits 59,2 Milliar- den US-Dollar, die Scientific-Beta-Indizes nachbildeten, im Jahresvergleich entsprach dies einem mehr als beachtlichen Zuwachs um rund 37 Prozent. Um die Entwicklung zu verste- hen, wurde die Zeitspanne zwischen Juni 2016 und Juni 2019 von Daniel Aguet, Noël Amenc und Felix Goltz unter die Lupe genommen, wobei sie das US-Universum sowie die ent- wickelten Volkswirtschaften außer- halb der USA getrennt betrachteten. In den USA performten in diesen drei Jahren gleich drei der sechs Long-/Short-Faktoren negativ: Mit Size, Va- lue und Momentum verlor man Geld. Die Faktoren Low Volatility, Profitabilität und In- vestition lieferten hingegen positive Erträge. Dabei entwickelten sich die Faktoren Size, Value und Momentum allerdings weit schlechter, als es die historischen Daten er- warten ließen – und die Analysen von Scien- tific Beta reichen immerhin bis in den Juni 2002 zurück. Momentum etwa schnitt in al- len früheren rollierenden Dreijahresperioden schlechter ab. Nur leicht besser gestaltet sich das Bild bei Value: Hier lag die jüngste Drei- jahresentwicklung geringfügig über den schlechtesten fünf Prozent aller rollierenden Dreijahresrenditen. Bei Size lag der Verlust nahe am Durchschnittswert der negativen Dreijahresperformances. Betrachtet man die Märkte der Industrie- staaten ohne USA, präsentiert sich ein ähn- liches Bild: Auch hier kam es bei drei der sechs Faktoren zu einer Underperformance. Allerdings lag hier nur der Investitionsfaktor unter den schlechtesten fünf Prozent aller rollierenden Dreijahresfaktorrenditen seit 2002. Bei diesem Faktor wird der Umstand genutzt, dass Firmen mit geringeren Inves- titionen besser abschneiden als Firmen mit hohen Investitionen. Das ganze Ausmaß des Performancedurchhängers mancher Faktoren für den US-Markt und die entwickelte Welt ex USA zeigt die Tabelle „Schonungslose Faktoranalyse“ . Die erste Frage, die man sich stellen muss, speziell wenn man die US-Ergebnisse analysiert, lautet, ob diese beobachtete Un- derperformance über die letzten drei Jahre eine einzigartige Entwicklung darstellt oder ob es das schon früher gab. Was die US- Daten anbelangt, so kann man diese sechs Faktorperformances dank der vorliegenden Daten für die Zeit von 1977 bis 2017 unter- suchen. Und dabei kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt solch schlechter Performance- werte bei den Faktoren Size, Value und Momentum keineswegs null ist. Tatsächlich liegt die Eintrittswahrscheinlichkeit sogar bei 25,1, 37,1 Prozent beziehungsweise 30,6 Prozent. Das über die letzten drei Jahre be- obachtete Performancephänomen ist somit nicht abnormal, sondern tritt ganz im Ge- genteil sogar ziemlich häufig auf. Dies steht im Einklang mit der Natur eines bepreisten Risikofaktors, der durch eine Zyklizität sei- ner Renditen charakterisiert ist. Das Auto- rentrio führte noch eine detailliertere Analy- se zur Zyklizität der Faktorrisikoprämien in Bezug auf den 40-jährigen Zeitraum in den USA durch, denn dieses ist das einzige Uni- versum, für das man über ausreichend weit zurückreichende Daten verfügt. Die Grafik „Ewiges Auf und Ab“ illustriert eindrück- lich, dass die Schwankungen in den einzel- nen Risikoprämien durchaus stark ausfallen können. Auch große Performanceswings vom positiven in negatives Terrain und wie- der zurück sind zu beobachten. Zu nennen ist hier etwa der Low-Volatility-Faktor im Nachgang der Dotcom-Blase, wo er heraus- ragende Renditen generierte, doch auf diese Periode folgte die rollierende Dreijahrespe- riode mit der schlechtesten in diesem 40- jährigen Stichprobenzeitfenster jemals beob- achteten Rendite. Verteilungen analysiert Das Autorentrio sah sich auch die Vertei- lung der rollierenden Dreijahresrenditen der sechs Faktoren genauer an, da Long/Short- Faktorrenditen durchaus längere Negativ- phasen aufweisen können – auch wenn sie auf lange Sicht positive Renditen erwarten lassen, die von 1,26 Prozent im Fall von Value bis zu beachtlichen 11,74 Prozent für Low Volatility reichen. Diese Ergebnisse stimmen mit jenen wissenschaftlichen Arbeiten überein, die zeigen, dass diese Faktoren wichtig für die Erklärung der Querschnittsvariation von Aktienrenditen sind und robuste Risiko- prämien darstellen. Natürlich liefern diese Durchschnittsrenditewerte nur eine Teilin- Es ist kein Geheimnis: In den letzten drei Jahren liefen Faktorstrategien – meist als Smart-Beta- Ansätze vermarktet – alles andere als berauschend. Scientific Beta geht daher auf Spurensuche. A A FOTO : © EDHEC , GMF » Schlechte Multi-Faktor-Strategie-Perfor- mances sind nicht das Ergebnis abnormal verschlechterter Faktorrenditen. « Dr. Noël Amenc, Professor of Finance EDHEC Business Schoolm CEO Scientific Beta, Nizza Ganz normale Durststrecke 224 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : FAC TOR- I NVE S T I NG

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