Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

B evor der Ausbruch der Virus- epidemie in der letzten Fe- bruarwoche dieses Jahres alle anderen Themen aus den Schlagzeilen verdrängte, widmeten die Me- dien der anstehenden Präsidentschaftswahl in den USA sehr viel Platz. Dabei vertraten die meisten Kommentatoren die Ansicht, dass ein Sieg des demokratischen Kandida- ten Bernie Sanders für die Kapitalmärk- te vermutlich einen herben Rückschlag bedeuten würde, während eine zweite Amtszeit von Donald Trump tendenziell weiter steigende Aktienkurse erwarten ließe. Anfang März brachte sich dann Barack Obamas Vizepräsident Joe Biden dank eines überraschend guten Vor- wahlergebnisses zurück ins Spiel, wäh- rend etliche der anderen demokrati- schen Kandidaten das Handtuch warfen. Damit ist nun wieder offen, ob sich die US- Wähler im November zwischen den extre- men Antagonisten Trump und Sanders oder zwischen dem moderaten Biden und Trump entscheiden müssen. Unabhängig davon, wie dieses Duell dann ausgeht, gibt es zwi- schen der Amtszeit eines US-Präsidenten und der Entwicklung amerikanischer Aktien einen Zusammenhang, der seit vielen Jah- ren Beachtung findet. Der Zyklus des POTUS Diese Präsidentschaftswahl-Theorie geht auf Yale Hirsh 1968 zurück, der folgenden Zyklus formulierte: Das erste Jahr nach der Wahl verlässt der „Presi- dent of the United States“ den Wahl- kampfmodus und arbeitet daran, Wahl- versprechen zu erfüllen. Das zweite Jahr der Amtszeit des Präsidenten folgt dem Trend des ersten Jahres. Die anfängliche wirtschaftliche Schwäche wird akzep- tiert, da die Wahlversprechen in der ersten Hälfte der Präsidentschaft in der Regel nicht auf eine Stärkung der Wirtschaft abzielen. Stattdessen haben politische Interessen wie Steuerrechtsänderungen und soziale Wohl- fahrtsfragen tendenziell die höchste Priori- tät. Im dritten Jahr seiner Amtszeit kehrt der Präsident in den Wahlkampfmodus zurück und bemüht sich, die Stimmung der Wähler zu verbessern, um seine Wiederwahlchan- cen zu verbessern. Er versucht die Wirt- schaft zu stärken und Beschäftigungsmög- lichkeiten zu schaffen. Die finanziellen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Präsi- dentschaftspolitik der beiden Jahre zuvor sind zu diesem Zeitpunkt in der Regel deut- licher geworden. Das vierte Jahr der Amts- zeit, das Wahljahr, ist wie das dritte Jahr geprägt durch eine Stimulation der Wirt- schaft und der Börse, um die Wählerschaft für sich zu gewinnen und die Wiederwahl, falls diese möglich ist, zu schaffen. Thomas Hupp, Berater für Fondsmanager, Investoren und Lehrbeauftragter für Invest- mentfonds, ist seit 1996 als Kapitalmarkt- stratege tätig und Spezialist für saisonale Ef- fekte am Aktienmarkt. Er hat sich als An- hänger des saisonalen Investierens intensiv mit der Frage beschäftigt, ob der vierjährige US-Präsidentschaftswahlzyklus die Saison- alität am Aktienmarkt beeinflusst. Anders ausgedrückt: Hat der US-Wahljahreszyklus einen Einfluss auf den Halloween-Effekt, der besser unter der Börsenweisheit „Sell in May and go away but remember to come back in September“ bekannt ist. Hupps Ver- Was dabei herauskommt, wenn man zwei bekannte Phänomene – Saisonalität und US-Wahlzyklus – miteinander verbindet, zeigt eine neue Untersuchung, die gerade rechtzeitig zur Wahl 2020 kommt. Die Ergebnisse sind bemerkenswert. FOTO : © MB A F I NANZMANAGEMENT, B I L L P E R RY | S TOCK . ADOB E . COM » Saisonalität, mit US-Wahlzyklik verbunden, ermöglicht Überrenditen mit weniger Volatilität. « Thomas Hupp, MBA Finanzmanagement, Freiburg im Breisgau Rhythmus für einen Mehrertrag Wahlzyklustheorie bestätigt Die Präsidentschaftswahlzyklus-Theorie von Yale Hirsh bestätigt Downside Sortino Anzahl der Wahlzyklus Renditen Median Risk Ratio Beobachtungen Wahljahr 6,69 % 5,12 % 2,85 % 2,35 684 Nachwahljahr 1,00 % 2,48 % 3,09 % 0,32 684 Mittelwahljahr 4,56 % 5,06 % 2,53 % 1,80 684 Vorwahljahr 6,13 % 5,75 % 2,74 % 2,24 684 Die Renditen beruhen auf dem S&P 500 Kursindex und Downside Risk über den Untersuchungszeitraum von 1792 bis 2019 und zeigen im Schnitt gute Vorwahl- und Wahljahresperformances am US-Aktienmarkt, eine etwas schwächere im Mitteljahr, und in Nachwahljahren ist sie ausgesprochen schwach. Quelle: Thomas Hupp, MBA Finanzmanagement 154 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : US -WAHL

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