Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

lich trifft diese Annahme ins Schwarze. Ver- gleicht man die rund 12.500 traditionellen Analysen mit den rund 71.000 Robo-Ana- lysen, so enden nur 32 Prozent der maschinellen Analysen mit einer Kaufemp- fehlung, während der Buy-Stempel bei her- kömmlichen Einschätzungen in 47 Prozent der Fälle zum Einsatz kam. Dass bei menschlichen Analysten offen- bar eine ausgeprägte Beißhemmung vor- herrscht, wird bestätigt, wenn man auf die Halte- und Verkaufsempfehlungen blickt. Fallen die Unterschiede bei den „Holds“ noch relativ gering aus, so sprechen Robo- ter viermal so viele „Sell“-Urteile aus als ihre menschlichen Konterparts. Bei menschlichen Analysten dauert es außer- dem deutlich länger, bis diese ihre Urteile von „Buy“ auf „Hold“ oder gar auf „Sell“ anpassen. Wirtschaftliche Abhängigkeiten Nun könnte man meinen, menschliche Analysten könnten erzwungenermaßen opti- mistisch sein – Stichwort: wirtschaftliche Abhängigkeiten. Dem widersprechen die Autoren jedoch. Sie haben zur Kontrolle nämlich die Empfehlungen kleinerer, unab- hängiger Researchhäuser herangezogen, die in der Regel direkt durch ihre Kunden fi- nanziert werden und anders als bei großen Investmentbanken kein Eigengeschäft oder sonstige wirtschaftliche Verflechtungen aus- weisen. Und hier verstärkt sich der Trend sogar: 56 Prozent der traditionellen Ein- schätzungen sind Kaufempfehlungen, nur sechs Prozent kommen zum Schluss „Sell“. Umfangreiche Daten Was die Vorgehensweise betrifft, so kön- nen Robo-Analysten auf umfangreicheres und differenzierteres Datenmaterial zurück- greifen als traditionelle Analysten, „die vor der Anpassung einer Empfehlung vor allem neue Informationen aus Quartalsberichten nützen“, wie Merkley erklärt. KI-Analysten greifen jedoch auch regelmäßig auf andere Quellen wie beispielsweise einschlägige SEC-Filings zurück, die für menschliche Analysten oft zu umfangreich sind, um sinnvoll ausgewertet zu werden. Die Konsequenz dieser Quellennutzung: Während menschliche Analysten ihre Einschätzungen öfter nach Quartals- ergebnissen anpassen, findet der Großteil der KI-Revisionen nach Änderungen in SEC-Filings und ande- ren Deep-Data-Quellen statt. Nach- dem Maschinen mehr Datenpunkte verarbeiten können, verblüfft es auch nicht weiter, dass sie ihre Einschät- zungen im Durchschnitt fast dreimal so oft ändern wie ihre menschlichen Konterparts. Profitabilität geprüft An dieser Stelle kann man natürlich einwenden, dass sich eine höhere Quantität nicht unbedingt auch in einer höheren Qualität der Analyse niederschlagen muss – also haben die Autoren die Profitabilität einer KI- Strategie anhand eines eigens erstell- ten Portfolios getestet. Bei der Zusammenstellung dieses Portfolios folgen die Autoren einer früheren Arbeit von Barber et al. aus dem Jahr 2007 mit dem Titel „Com- paring the stock recommendation performance of investment banks and independent research firms“. Die Port- folios werden dabei täglich gemäß der menschlichen und der maschinellen Empfehlungen neu zusammengestellt. Vereinfacht gesagt werden Buy-Emp- fehlungen und Sell-Empfehlungen zu Handelsschluss des Folgetages ge- und verkauft. Täglich wird so der Rohertrag und mittels Regression das Alpha im Vergleich zu den Drei- und Klarer Sieg für die Maschine Tägliches Alpha im Vergleich zwischen künstlicher Intelligenz und Mensch Fama French 3-Faktor Fama French 5-Faktor Robo- menschlicher Robo- menschlicher Faktoren Analyst Analyst Differenz Analyst Analyst Differenz Alpha 0,027*** 0,005* 0,022** 0,025** 0,007** 0,018* (0,000) (0,000) (0,000) (0,000) (0,000) (0,000) Mkt_RF 0,991*** 1,053*** 0,986*** 1,033*** (0,009) (0,003) (0,010) (0,003) SMB 0,518*** 0,423*** 0,549*** 0,414*** (0,018) (0,005) (0,019) (0,005) HML 0,196*** 0,016*** 0,144*** -0,063*** (0,017) (0,005) (0,018) (0,005) RMW 0,111** -0,137*** (0,031) (0,009) CMA -0,072** -0,060*** (0,035) (0,010) FF-3-Faktor Ja Ja Nein Nein FF-5-Faktor Nein Nein Ja Ja Beobachtungen 3.576 3.576 3.576 3.576 R2 0,83 0,98 0,83 0,98 Gießt man die Empfehlungen von Analysten in eine entsprechende Strategie, generieren KIs ein deutlich höheres Alpha als traditionell-menschliche Prognostiker. Quelle: Studie: ***/**/* respektive 99,95 und 90 % statistische Relevanz Kein Sinn für Sentimentalität Robo-Analysten kennen bei der Verteilung von Verkaufsempfehlungen deutlich weniger Gnade als der Homo sapiens. Empfehlungen gesamt Buy-Empfehlung Hold-Empfehlung Sell-Empfehlung Robo-Analyst 12,250 32% 44% 24% Menschlicher Analyst* 70,842 47% 46% 6% KI-Analysten scheuen vor Sell-Empfehlungen deutlich weniger zurück als es ihre menschlichen Konterparts tun. Persönliche oder wirtschaftliche Bande spielen für Robter eben keine Rolle. *weniger als 100 % wegen Rundungseffekten Quelle: Studie 148 N o. 1/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : KÜNS T L I CHE I NT E L L I GENZ

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