Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

den kann. Ein Bereich, in dem jede Art von Investor vom Einsatz von Machine Lear- ning profitieren könnte, ist etwa die Order- buchanalyse, die es ermöglicht, in der Mas- se an Einträgen Ungleichgewichte zu orten und auszunützen. Diese Methode wendet man bei Rothschild schon seit Jahren an. Aktienanalyse Eine weitere streng abgegrenzte Einsatz- möglichkeit könnte die Aktienanalyse an sich sein, wie Kenneth Merkley, Braiden Coleman und Joseph Pacell in ihrer Arbeit „Man versus Ma- chine: A Comparison of Robo-Ana- lysts and Traditional Research Ana- lyst Investment Recommendations“ argumentieren. Die Autoren, die aka- demisch allesamt an der Indiana University beheimatet sind, wollten herausfinden, inwieweit sich „Robo- Analysten von traditionellen Analys- ten unterscheiden“, wie Merkley er- klärt. Als „Robo-Analyst“ bezeich- nen sie Programme, die zwar von Menschen unterstützt werden, je- doch automatische Analysen erstel- len, sich dabei Technologien wie NLP (Natural Language Processing) – also automatischer Sprachanalyse – bedie- nen und sich hier über Machine Learning zunehmend verbessern. Drei Dinge wollte man insbesondere untersuchen: erstens ob man es durch Automatisierung schafft, un- gerechtfertigten Optimismus bei der Ein- schätzung von Aktien zu reduzieren, zwei- tens wie sich die Analyseprozesse unter- scheiden, und drittens „wie es mit der Pro- fitabilität von Robo-Empfehlungen aus- sieht“, wie Merkley erklärt. Bei der dritten Frage handelt es sich wahrscheinlich um den Knackpunkt: Denn was hilft es, wenn eine Robo-Analyst objektiver und effi- zienter arbeitet, seine Analyseergebnisse aber zu schlechteren Investmententschei- dungen führen? Um diese drei Grundfragen zu beantwor- ten, haben die Autoren rund 71.000 Berich- te ausgewertet, die in den vergangenen 15 Jahren von sieben prominenten Robo-Ana- lysefirmen über 1.500 zufällig ausgewählte Titel aus dem I/B/E/S-Universum erstellt wurden. Die Empfehlungen dieser Berichte wurden dann über einen 15-jährigen Beobachtungszeitraum, der von 2003 bis 2018 reicht, mit den Ein- schätzungen von traditionellen Ana- lysten zu denselben Aktien vergli- chen. Voreingenommenheit Die Grundannahme zu Punkt eins lautete: Wenn es so ist, dass mensch- liche Analysten aus den unterschied- lichsten Gründen zu optimistisch bei der Einschätzung der von ihnen beobachteten Werte sind, müssten Robo-Analysten schlicht und ergrei- fend weniger Kauf- und mehr Ver- kaufsempfehlungen geben. Tatsäch- Mensch und Maschine nicht als Konkurrenten, sondern als Team? Dieses Modell kommt in der öffentlichen Diskussion eher selten vor, könnte aber gerade im Asset Management auf eine erfolgreiche Strategie hinauslaufen. Das legen zumindest einschlägige Studien und eine Case Study anhand des französischen Anbieters Oddo nahe. Hybrider Ansatz macht Hoffnung Oddo verfolgt eine hybride KI-Strategie. Relativ erfolgreich schlägt sich die hybride KI-Strategie von Oddo. Seit Auflage wird der Referenzindex MSCI World übertroffen. Reine KI-Strategien haben da Probleme. Die Nasdaq schlägt jedoch alle. Quelle: Bloomberg 2018 2019 2020 -10 0 10 20 30 40 NASDAQ Composite Index Acatis AI Global Equities ODDO BHF Artificial Intelligence MSCI World Index N o. 1/2020 | www.institutional-money.com 147 T H E O R I E & P R A X I S : KÜNS T L I CHE I NT E L L I GENZ

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=