Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

FDA entschieden hat, ob sie das neue Me- dikament zulässt oder nicht. Mittlerweile ist die Nachrichtenlage so stark, dass sowohl die aufmerksamen als auch die weniger auf- merksamen Marktteilnehmer handeln und es zum Zeitpunkt t = 4 zur finalen Auszah- lung im Modell kommt. Unter diesen Rahmenbedingungen kom- men Chemmanur und sein Team zu einer Reihe von Thesen. Demnach hängt die Höhe der außerordentlichen Erträge zu t = 1 davon ab, wie viele aufmerksame Beobach- ter im Markt sind. Dasselbe gilt für den Drift, also die verzögerten Erträge, die zum Zeitpunkt t = 2 eintreten. Daraus lässt sich folgender Verdacht ableiten: Je mehr auf- merksame Investoren vorhanden sind, desto höher die Erträge zu t = 1 und desto niedri- ger der Drift zum Zeitpunkt t = 2, weil ein Großteil der Marktineffizienz zum Zeit- punkt t = 1 aufgelöst wird. Nachdem der Großteil der Investoren zu den „weniger aufmerksamen“ gehört, weil sie weltweit über viele Assetklassen und Sektoren investieren, sind also tatsächlich für die Mehrheit der Marktteilnehmer die Drift-Erträge die interessanteren, weil sie über einen längeren Zeitpunkt auftreten und somit leichter zu lukrieren sind. Der Knackpunkt liegt also nicht darin, zu identifizieren, welche Patentmeldungen die höchsten unmittelbaren Erträge, sondern welche den höchsten Drift erzielen. Das geschieht laut Modell, wenn mög- lichst wenige gut informierte Investoren im Markt sind. Chemmanur geht nun davon aus, dass sich der Anteil von gut informier- ten Marktteilnehmern über die Auswertung der Medienaufmerksamkeit beziehungswei- se das Ausmaß der Berichterstattung ab- schätzen lässt. Auch hier ist die Intuition auf den ersten Blick naheliegend: Je mehr fun- dierte Berichte über ein mögliches Patent publiziert werden, desto leichter ist es für einen Marktteilnehmer, so gut informiert zu sein, dass er eine Patentzulassung eben nicht übersieht und direkt bei t = 1 handelt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Je gerin- ger die Aufmerksamkeit in Form von Be- richterstattung, desto höher der Drift, weil eben weniger eingepreist wurde und mehr Ineffizienzen im Markt über einen längeren Zeitraum abgeschöpft werden können. Ein weiteres Resultat des Modells ist, dass sowohl die außerordentlichen Erträge als auch der Drift direkt mit der zukünftigen Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens im Zusammenhang stehen. Auch diese Tatsa- che würde darauf hindeuten, dass „die Märkte einige Zeit brauchen, um die Nach- richten einer Patentverleihung inhaltlich zu verarbeiten“, wie Chemmanur meint. Empirische Prüfung In einem nächsten Schritt haben die Au- toren die beschriebenen Ergebnisse ihres Modells empirisch überprüft. Sie greifen dabei auf die US-Patentdatenbank von Medtrack zurück, die im Jahr 1980 beginnt, und filtern die Patentanträge heraus, die von börsennotierten Unternehmen eingebracht wurden. Dann vergleichen sie die Reaktio- nen des Marktes in verschiedenen Zeiträu- men rund um das Bekanntwerden einer Patentvergabe. Die unmittelbaren Reaktio- nen – also t = 1 – umfassen ein Dreitages- intervall, das einen Tag vor der Publikation beginnt und einen Tag danach endet. Der Drift wird vom zweiten bis zum 22. Tag nach der Publikation gemessen. Unter den Unter „Drift“ verstehen die Autoren einer neuen Studie zu technischer Innovation die Erträge, die sich zeitverzögert nach einem kapitalmarktrelevanten Ereignis einstellen. In diesem Fall geht es um den Drift nach einer Patentanmeldung oder einer FDA-Freigabe. Laut Effizienter-Markt-Theorie dürfte ein solches Phänomen nicht bestehen – die Autoren behaupten das Gegenteil. N o. 1/2020 | www.institutional-money.com 141 T H E O R I E & P R A X I S : I NNOVAT I ON

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