Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

Affect Corporate Invest- ment“ lesen kann. Dieser Teil der Literatur legt nahe, dass in Zeiten günstiger Kredite das Wachstum und die Produktivität steigen sollten. Daneben gibt es aber auch andere Studien, die Zweifel an den vermuteten positiven Effekten von Kre- ditbooms aufkommen las- sen. Stellvertretend sei hier die Arbeit von Gary Gorton und Guillermo Orodnez aus dem Jahr 2016 mit dem Titel „Crises and Producti- vity in Good Booms and Bad Booms“ erwähnt. Wei- tere makroökonomische Studien belegen, dass wäh- rend des Aufschwungs vor der globalen Finanzkrise das Produktivitätswachstum litt. So wurde das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Pro- duktivität weniger zyklisch, sagen John Fernald und Christina Wang 2016 in „Why Has the Cyclicality of Produc- tivity Changed?“. Des Weiteren ist der Bei- trag der Faktor-Reallokation der Firmen zum Produktivitätswachstum zurückgegan- gen, vermelden Decker, Haltweger, Jarmin und Miranda 2017 in „Declining Dyna- mism, Allocative Efficiency and the Pro- ductivity Slowdown“. Forschungslücke geschlossen Was bisher fehlte, ist ein empirischer Nachweis dafür, welche Rolle Kreditsicher- heiten der Firmen im Zusammenhang von Kreditboom und Produktivität spielen. Hier setzte Sebastian Dörr von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich an. Es gelingt dem Ökonomen in einer Arbeit zu diesem Thema zu zeigen, dass steigende Immobilienpreise die Produktivität verrin- gern, weil sie eine Reallokation von Kapital und Arbeit in Richtung ineffizienten Unter- nehmen bewirken. Dörr bildet die Immobi- lienbestände für eine große Stichprobe bör- sennotierter US-Firmen über 16 Jahre ab und zeigt, dass die Immobilienpreissteige- rungen zu einer höheren Kreditaufnahme von Firmen mit Immobilienbesitz führten. Basis von Dörrs Untersuchung sind Daten von an den US-Börsen gelisteten Firmen von 1993 bis 2008. Informationen zu den Unternehmen stammen von der S&P Com- pustat Database. Diese umfassen 5.478 Un- ternehmen mit 48.462 Firmenjahresbeob- achtungen in 349 Branchen gemäß dem zweistelligen Branchencode der Standard Industrial Classification. Die durchschnittli- che Branche ist mit 36,6 Firmen besetzt, in der Spitze sind es 296. Für die Median- Firma errechnet sich ein Immobilienanteil von 24 Prozent am Anlagevermögen. Insge- samt weisen 60,2 Prozent aller Unterneh- men der Stichprobe einen Immobilienanteil im Betriebsvermögen auf. Die Median- Firma ist 34 Jahre alt – Compustat erfasst große Firmen – und beschäftigt 662 Mitar- beiter. Die Firmen werden in der Tabelle „Deskriptive Statistik“ gemäß ihrer Immo- bilienquote in Terzile eingeteilt, wobei als Unternehmen mit einer hohen Immobilien- quote jene gelten, die sich im ersten Drittel befinden, jene mit einer geringen Quote – samt und sonders beträgt die Quote hier null – sind die im dritten Terzil. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass Firmen mit Immo- bilienbesitz größer und älter sind, aber signifikant weniger produktiv. Sie zeigen einen höheren Quotienten von Kapital zu Arbeit, haben weniger Schulden und inves- tieren weniger. Die Grafik „Produktivitätsunterschiede“ zeigt die Verteilungsfunktion der (logarith- mierten) Firmenproduktivität unter Berück- sichtigung branchenfixer Effekte vom ersten und dritten Terzil der Firmen bezüglich de- ren Immobilienquote im Anlagevermögen. Bei den Firmen mit viel Immobilienvermö- gen ist die durchschnittliche gesamtwirt- schaftliche Produktivität geringer, wobei diese Differenz hochsignifikant ausfällt. Fir- men mit Immobilienbesitz zeigen nachhal- tig niedrigere Produktivitätsniveaus. Die aus Regressionsanalysen abgeleitete Tabelle „Schulden, Investitionen und Be- schäftigung“ zeigt auf Unternehmenslevel, dass jene Firmen, die eine starke Zunahme ihrer Immobilienvermögenswerte konsta- tierten, auch stärker wuchsen. Das Wachs- tum des Wertes des Immobilienvermögens führt zu wachsenden Unternehmensschul- den, mehr Investitionen, mehr Beschäfti- Seit Jahren reagieren die führenden Noten- banken der Welt auf jede wirtschaftliche Irritation gleich: Sie senken die Zinsen. Die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen finden dabei wenig Beachtung. N o. 1/2020 | www.institutional-money.com 127 T H E O R I E & P R A X I S : GE LDPOL I T I K

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