Institutional Money, Ausgabe 1 | 2020

forscht, und Marcin T. Kacperczyk vom Im- perial College in London und trägt den Titel „Do Investors Care About Carbon Risk?“. Während das Team um Cheema-Fox zu dem Schluss gelangte, dass klimafreundlich agierende Firmen besser performen als Unternehmen mit hohem Treibhausgasaus- stoß, gelangten Bolton und Kacperczyk zum gegenteiligen Ergebnis. Sie schließen aus ihren Daten sogar, dass sich ein hoher Treibhausgasausstoß positiv auf die Rendite auswirkt. Analyse der Analysen EDHEC-Forscher Abraham Lioui und sein Team nahmen diesen unbefriedigenden Erkenntnisstand zum Anlass, tiefer zu schürfen, um diesen paradoxen Ergebnissen auf die Spur zu kommen. Seit ESG-Fragen im Allgemeinen von einer hohen Wichtig- keit für institutionelle Investoren geworden sind und im Speziellen der CO 2 -Ausstoß adressiert wird, ist es, so Lioui, entschei- dend, zwischen Realität und Fiktion zu tren- nen, wenn man von der Existenz respektive Nichtexistenz eines Karbonfaktors spricht. Diverse Fehlerquellen Nach den Erfahrungen des Franzosen liegt die Ursache unterschiedlicher Studien- ergebnisse beziehungsweise der in diesem Fall vorliegenden Widersprüche häufig in Unterschieden in der Datenqualität, der an- gewandten Untersuchungsmethodik oder an beidem. Wirklich überrascht ist der EDHEC-Professor von den divergierenden Analyseergebnissen übrigens gar nicht: „Wenn es um Studien zu ESG und der finanziellen Performance geht, sind wir es gewohnt, widersprüchliche Ergebnisse zu finden“, sagt er. Für unterschiedliche Befun- de seien oft die Daten verantwortlich. In mindestens drei Arbeiten aus dem Jahr 2019 wurde eine niedrige Korrelation zwischen den ESG-Daten der einzelnen Anbieter fest- gestellt und auf eine Auswirkung auf Kurse durch diese abweichenden Daten hingewie- sen (siehe Kasten „Rating-Kakophonie“) . Eine Analyse stammt von Florian Berg, Julian Kölbel und Roberto Rigobon („Ag- gregate Confusion: The Divergence of ESG Ratings“), eine weitere vom Schweizer For- scherquartett Rajna Gibson, Philipp Krue- ger, Nadine Riand und Peter Steffen Schmidt („ESG Rating Disagreement and Stock Returns“), und schließlich beschäftig- ten sich auch Sakis Kotsantonis (KKS Advisors) und George Serafeim (Harvard Business School) in „Four Things No One Will Tell You About ESG Data“ mit dem Problem . Berg, Kölbel und Rigobon führen die ESG-Rating-Divergenzen sowohl auf subjektive ESG-Ansätze der Datenanbieter als auch auf die unterschiedliche Gewich- tung der einzelnen ESG-Dimensionen zu- rück. Gibson entwickelte sogar eine eigene Kennzahl, die sich an der klassischen Un- Dass man als Investor Unternehmen bevorzugen soll, deren CO 2 -Fußabdruck möglichst klein ist, liegt angesichts des zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Drucks in diese Richtung auf der Hand. Welche Ertragskonsequenzen muss man sich von einer solchen Anlagepolitik aber erwarten? Noch sind die entsprechenden Forschungsergebnisse wenig hilfreich. N o. 1/2020 | www.institutional-money.com 111 T H E O R I E & P R A X I S : NACHHA LT I GK E I T

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