Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

halb mögen die Taxonomie-Kritiker doch etwas moderater vorgehen, wenn sie schon an die Wand malen, wie schlimm die Kon- sequenzen sein werden. Wobei das ja keineswegs der einzige Kritik- punkt ist. Viele bemängeln, dass die Taxo- nomie auf ihrem derzeitigen Stand zwar gut geeignet ist, um Anlagefonds, die das Label „nachhaltig“ tragen wollen, zu definieren. Das seien derzeit in Deutschland aber nur drei Prozent des gesamten Fondsmarktes. Der Rest des Marktes werde von der Taxo- nomie gar nicht profitieren. Nathan Fabian: Wir werden sicher niemanden davon abhalten, das neue Instrument Taxo- nomie für seine Arbeit zu nutzen. Selbst wenn ein Fondsmanager, der den Nachhal- tigkeitsanspruch gar nicht erhebt, die Per- formance von Unternehmen in seinem Port- folio verstehen will und wie gut diese auf künftige Umweltziele ausgerichtet sind, kann er die Taxonomie als Tool für seine Engagement-Gespräche mit diesen Unter- nehmen nutzen. Die Taxonomie hat also viele Einsatzmöglichkeiten für den gesam- ten Markt, und das ist eine wirklich wich- tige Sache. Wir erwarten, dass die Anzahl der Fonds, die behaupten, ein Umweltziel zu erreichen, wachsen wird. Auch das war Grund genug, diese Klassifizierung zu ent- wickeln. Wenn man davon ausgeht, dass es einen wirklich großen Markt für nachhaltige Investments geben wird, einen Finanzmarkt für Einzelanleger wie auch für institutionel- le Investoren, die die Umweltleistung von Unternehmen verstehen wollen, dann könn- te dieser in einer Größenordnung von vielen hundert Milliarden, wenn nicht Billionen Euro wachsen. In einem Markt dieser Grö- ße braucht man klare Regeln. Wenn man die derzeit stetig steigende Nach- frage aus dem Bereich der institutionellen Anleger nach Produkten und Informationen zum ESG-Thema betrachtet, ist diese Erwartung sicher berechtigt. Es gibt kaum eine Konferenz, auf der das Thema nicht eine besondere Rolle spielen würde. Nathan Fabian: Oder nehmen Sie nur die Ent- wicklung bei unserer eigenen Investorenini- tiative Principles for Responsible Invest- ments über die vergangenen zwölf Jahre. Damals gab es gerade einmal sechs Investo- ren, die uns durch die Unterzeichnung unse- rer Prinzipien unterstützt haben. Heute sind es mehr als 2.500 Investoren, die ein Anla- gevolumen von rund 90 Billionen US-Dollar verwalten. Heute versteht jeder die Relevanz von ESG-Aspekten und sucht nach Wegen, wie diese in den Finanzmärkten sinnvoll » Die Taxonomie-Kritiker mögen etwas moderater vorgehen, wenn sie schon an die Wand malen, wie schlimm deren Konsequenzen sind. « Nathan Fabian, CIO der UN-Initiative PRI in London Nachhaltigkeitsexperte Nathan Fabian ist Chief Responsible Invest- ment Officer bei den von den Vereinten Nationen unterstützten Principles for Respon- sible Investment. Er leitet und überwacht die Aktivitäten der PRI in den Bereichen Invest- ment Practices, Active Ownership, Policy & Re- search, ESG, Climate Change und Sustainable Development Goals (SDG). Fabian ist auch Berichterstatter für die Taxonomiegruppe der Techni- schen Expertengruppe (TEG) der Europäischen Kommis- sion für nachhaltige Finan- zen. Er war zudem Beob- achter in der High Level Expert Group (HLEG) der EU für nachhaltige Finan- zierungen und Mitglied des Sekretariats der britischen Green Finance Taskforce. Vor seiner Zeit bei PRI war Fabian CEO der Investor Group on Climate Change (IGCC) in Australien und Neuseeland. Zuvor war er Lei- ter des ESG Research bei Regnan, einem Anbie- ter von ESG-Research- und Engagement-Dienst- leistungen, Gründungspartner von Full Corp Partners, einer Beratungsfirma für Finanzdienstleister und IT-Start- ups, und Berater für Corporate Governance Policy bei Senatorin Penny Wong aus Australien. Er verfügt über einen Master-Ab- schluss der University of New South Wales, einer der führen- den Universitäten Australiens. A L L E F OTO S : © S A R A H WE A L 86 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : NATHAN FAB I AN | PR I

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