Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

dachten, die gute Konjunktur läuft so weiter – und dann brach sie plötzlich ein. Diesmal sind alle relativ vorsichtig. Das ist schon mal ganz gut. Der Hauptfaktor ist aber, dass die meisten unterschätzen, dass beziehungs- weise wie die Amerikaner das Ruder um 180 Grad herumgeworfen haben, indem sie die Zinsen senkten und die Liquidität gi- gantisch erhöhten. Ich glaube, die Fed hat realisiert, dass die Konjunktur doch schlech- ter läuft als gedacht, dass sie nun hinter der Kurve ist, dass sie mehr machen muss. Da- rüber hinaus druckt auch die EZB neues Geld und kauft Anleihen auf. Der nächste monetäre Schub soll schon in Vorbereitung sein. Christine Lagarde soll sogar über- legen, Aktien zu kaufen. Wie wird sich der Handelskonflikt China vs. USA auswirken? Jens Ehrhardt: Die beiden Länder werden sich wahrscheinlich schrittweise einigen, aber nicht auf allen Gebieten. Ich denke, dass der Konflikt China USA bleibt und sich in Richtung neuer Kalter Krieg ent- wickelt. Ich habe in der „Finanzwoche“ von der Thukydides-Theorie geschrieben. Laut dieser versucht der Hegemon immer, den Aufsteiger unten zu halten. Das wollen nicht nur Trump, nicht nur die Republika- ner, sondern auch die Demokraten und da- mit alle US-Amerikaner. Es hieß ja eine Zeit lang, die Chinesen würden Trump aus- sitzen und ab November nächsten Jahres auf einen chinafreundlichen US-Präsidenten hoffen. Das kommt nicht. Für die Ameri- kaner ist nicht Russland, sondern China der zukünftige Hauptgegner. Es ist zu befürch- ten, dass die USA irgendwann von uns Europäern die Entscheidung verlangen, ent- weder mit den Chinesen oder mit den Ame- rikanern zusammenzuarbeiten. In diesem Fall könnten doch einige Probleme für das Wirtschaftswachstum auftauchen. Sehen Sie noch andere Gefahrenquellen? Was ist etwa mit den Schulden? Jens Ehrhardt: Die Achillesferse der Weltkon- junktur war bei der letzten Finanzkrise der überschuldete US-Konsument, der seine Häuser zu stark beliehen hatte. Inzwischen haben die Verbraucher aber weniger Hypo- thekenschulden als damals. Amerikaner ha- ben nun mehr Schulden bei Kreditkarten- firmen sowie bei Auto- und Studentenkre- diten. Diese drei Segmente betragen aber weniger als die Hälfte der Immobilienkre- dite und sind noch nicht extrem hoch. Auf- » Ich glaube nicht, dass wir nächstes Jahr eine Rezession bekommen. « Jens Ehrhardt, Vorstandsvorsitzender von DJE Kapital Über Dr. Jens Ehrhardt Der 1942 in Hamburg geborene Dr. Jens Ehrhardt zählt zu Deutschlands bekanntes- ten Vermögensverwaltern. Der Gründer, Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzende der nach ihm benannten DJE Kapital AG aus Pullach im Isartal, einer Gemeinde im ober- bayerischen Landkreis München, promo- vierte 1974 über „Kursbestimmungs- faktoren am Aktienmarkt“. In diesem Jahr begann er auch seinen wöchent- lich erscheinenden Börsenbrief „Die Finanzwoche“ aufzulegen, den er noch immer jede Woche selbst ver- fasst. Im gleichen Jahr legte er den Grundstein für den Aufbau seiner Firmengruppe, die er von Beginn an leitete. Ehrhardt verantwortet neben seiner Rolle als Vorstandsvorsitzender noch die Bereiche Risiko- management und Unternehmens-/Anlagestrate- gie des Unternehmens. Per Ende Juni 2019 wies die Gesellschaft 12,7 Milliarden Euro an Assets under Management auf, wovon der Großteil, nämlich fast acht Milliarden Euro, auf den institutionellen Bereich entfiel. Der Vater zweier Kinder hat seinen Sohn Dr. Jan Ehrhardt zum designierten Nachfolger des Unternehmens bestimmt. A L L E F OTO S : © MA R L E N E F RÖH L I CH 64 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : J ENS EHRHARDT | DJ E KAP I TAL AG

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