Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

Nischenplayer positioniert hat und nun ver- sucht, bei der Tokenisierung des Finanzsek- tors eine Vorreiterrolle zu spielen. Dement- sprechend ambitioniert hat CIO Ulli Span- kowski auf dem Blockchain Finance Forum herauszuarbeiten versucht, welche Vorteile eine etablierte Transaktionsinfrastruktur in einem ansonsten völlig neuartigen Markt- segment bieten kann. Institutionelle Perspektive Tatsächlich war Spankowski laut eigenen Angaben die treibende Kraft hinter der Öffnung der Stutt- garter Börse Richtung Token Eco- nomy – heraus kam Ende Septem- ber der Startschuss für die Digital Exchange der Börse Stuttgart (BSDEX). Die BSDEX ist dem- nach „der erste regulierte Handels- platz für digitale Vermögenswerte in Deutschland, an dem die Orders von Anlegern direkt und nach festen Regeln gegeneinander ausgeführt werden“. Ausge- wählte Nutzer aus Deutschland können sich laut Unternehmensangaben „ab so- fort direkt an den Handelsplatz an- binden und zunächst Bitcoin gegen Euro handeln. Schrittweise sollen weitere private Anleger und perspek- tivisch auch institutionelle Investoren für den Handel an der BSDEX frei- geschaltet werden.“ Rechtlich fühlt man sich abgesichert, da man laut entsprechendem Statement „die re- gulatorischen Anforderungen gemäß § 2 Absatz 12 des Kreditwesengeset- zes erfüllt“. Schweizer Avantgarde Doch nicht nur die Börsenplätze, auch die Finanzakteure selbst neh- men sich des Token-Themas an, wobei die Schweiz in Europa eine Vorreiterrolle in der Krypto-Thema- tik einzunehmen scheint beziehungs- weise eine solche verteidigt. Immer- hin wurde die weltweit zweitgrößte Kryptowährung Ethereum im Schweizer Kanton Zug aus der Taufe gehoben. Mit der kleinen Privatbank Von- tobel versuchte sich im deutschspra- chigen Raum vor einiger Zeit die erste Bank an Derivaten auf Bitcoin – und zwar sowohl als Long- wie auch als Short-Position. Anfang Oktober hat dassel- be Geldhaus nun „als weltweit erster Emit- tent ein klassisches strukturiertes Produkt zum Handel und zur Verwahrung mittels Blockchain-Technologie“ vorgestellt. Kon- kret soll ein bereits bestehendes Tracker- Zertifikat, das auf dem Vontobel Swiss Re- search Basket basiert, abgebildet werden. Im Rahmen dieser Strategie wird aus- schließlich in liquide Schweizer Aktien mit dokumentierten „Buy“-Empfehlungen in- vestiert. Dem Token liegt dabei ein Smart Contract zugrunde, der laut Vontobel „in der Lage ist, sämtliche Funktionalitäten von Verträgen – oder in diesem Fall Finanzpro- dukten – abzubilden und die Transaktions- kette unveränderbar nachvollziehbar zu machen. Das Produkt selbst ist zwischen Vontobel und Finanzintermediären handel- bar, „ohne technologische Anpassungen vornehmen zu müssen“. UBS tastet sich vor Eine Sprosse tiefer auf der Innovations- leiter hat sich die Schweizer Großbank UBS eingeordnet. Das Mitglied des Blockchain- Konsortiums R3 hat Ende Oktober, rund drei Wochen nach Vontobel, via Chetan Tolia, Head of Digital Business Transformation, gegenüber finews.ch erklärt, dass man sich auf „einige Bereiche im Tokenisierungsbereich“ konzentriere. In einer ersten Phase wolle man demnach Darlehen und strukturierte Produkte sowie physi- sches Gold tokenisieren, wobei sich die Projekte noch in der Anfangspha- se befinden. Ganz verstecken muss sich das Finanzinstitut im Krypto- Bereich aber nicht: Die Bank hat bereits einige andere Blockchain- Projekte am Laufen: Handelsfinan- zierungen können über die Plattform We.trade abgewickelt werden, dazu hat man mit anderen Banken eine sogenannte Utility Settlement Coin entwickelt. Kryptowährungen, Token Econo- my und die entsprechende Gesetz- gebung haben 2019 also ein paar bedeutsame Schritte nach vorn ge- macht. Das ist auch im Zusammen- hang mit dem globalen Wettbewerb nicht unwesentlich. Denn um Mark Zuckerberg bei der Verteidigung sei- nes Libra-Projekts zu paraphrasieren: „Wenn wir es nicht machen, macht es China für uns.“ HANS WEITMAYR » Die Regierung verdient Respekt dafür, dass sie eingesehen hat, keine Kompe- tenz bei (…) Tech-Themen zu haben. « Mario Brandenburg, Abgeordneter FDP FOTO : © S T E L L A VON S A L DE RN, DEU T SCHE R BUNDE S TAG Regierung goes Krypto Ein Auszug aus dem Krypto-Maßnahmenkatalog der Bundesregierung l Die Bundesregierung will das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen . l Die Bundesregierung wird einen Gesetzentwurf zur Regulierung des öffentlichen Angebots bestimmter Krypto-Tokens veröffentlichen. l Die Bundesregierung wird Rechtssicherheit für Handelsplattformen und Krypto-Verwahrer schaffen. l Die Bundesregierung wird sich auf europäischer und internationaler Ebene dafür einsetzen, dass Stable Coins keine Alternative zu staatlichen Währungen werden. l Die Bundesregierung prüft den Einsatz von Blockchain-Technolo- gien im Rahmen der Beweisführung . l Die Bundesregierung prüft die Eignung, die Machbarkeit und das Potenzial einer internationalen Schlichtungsstelle . l Die Bundesregierung prüft eine Anpassung des Identifikations- nachweises im Zulassungswesen . l Die Bundesregierung startet den Aufbau eines Smart-Contract- Registers in der Energiewirtschaft l Die Bundesregierung wird Möglichkeiten zur Einführung akkreditier- ter Zertifizierungsverfahren für Smart Contracts eruieren. l Die Bundesregierung bringt sich aktiv in die Entwicklung von Standards auf internationaler Ebene ein und setzt sich für die Verwendung von offenen Schnittstellen ein. Insgesamt umfasst der Katalog mehr als 40 konkrete und weniger konkrete Maßnahmen. Quelle: BM für Finanzen | BM für Wirtschaft und Energie 278 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : B LOCKCHA I N & R EGUL I E RUNG

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