Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

W enn man dieser Tage Krypto-Events wie etwa das „Blockchain Finance Forum“ in Wien besucht und auf Alleinstellungsmerkmale hinsicht- lich der Besucherstruktur hofft, ist man in gewisser Weise enttäuscht. Man sichtet zwar nach wie vor den einen oder anderen Dutt – getragen werden aber inzwischen nicht nur Haarknoten, sondern auch gut ge- schnittene Dreiteiler. Statt aufgeregter Kryp- tomissionare geben sich auf den Podien eta- blierte Börsen-CIOs, Vertreter bekannter Anwaltskanzleien, Venture-Kapitalisten und Botschafter von Stablecoin-Unternehmen die Mikrofone in die Hand. Gerade die Verfechter von Stablecoins könnten dabei einen Wendepunkt in der Evolution von Blockchain als Währung ein- leiten. Diese Art von Kryptowährung soll die gewaltigen Kursschwankungen, die in der Vergangenheit schon mal mit mehreren hundert Prozent zu Buche gestanden sind, ausschalten. Starke Beachtung hat das Kon- zept der Stablecoin durch Facebook-Grün- der Mark Zuckerberg erhalten, der mit sei- nem Libra-Projekt genau ein solches Zah- lungsmittel lancieren wollte. Mittlerweile ist das Libra-Projekt jedoch ins Schleudern geraten: Politischen Druck fürchtend sind in den vergangenen Wochen und Mo- naten wichtige Verbündete ab- gesprungen – darunter Gigan- ten des Zahlungswesens wie Visa oder Mastercard, die nur schwer zu ersetzen sein werden (siehe Grafik „Da waren es nur noch 22 – vorerst“). Gustav Arentoft ist bei MakerDao, dem Emittenten der Stablecoin Dai, für Business Development in Europa zustän- dig. Trotz der Rückschläge, die Zuckerberg hinnehmen musste, sieht er das Konzept von schwankungsarmen Kryptowährungen na- turgemäß nicht gefährdet. Ähnlich wie beim Marktführer Tether strebt das Management von Dai gegenüber der Fiat-Währung US- Dollar eine Eins-zu-eins-Koppelung an (siehe Chart „Stabil wie der Dollar – aber wozu?“). „Unser Ziel ist es unter anderem, in den Emerging Markets ein dezentrales Wäh- rungssystem aufzustellen, das vor lokalen Inflationsrisiken schützt und die Restriktio- nen der jeweiligen Bank- und Finanzsyste- me umgehen soll“, wie Arentoft erklärt. Einsatzmöglichkeiten sieht man aber auch als Transaktionswährung im rein digitalen Einzelhandel. Jeder Dai soll dabei durch reale Vermögenswerte überdeckt sein. Das können Wertpapiere, Bonds oder andere Währungen und Kryptowährungen sein, die über Transaktionen an Kryptobörsen in die Reserve des Systems geführt werden – was wiederum an die Mechanismen erinnert, die von Zentralbanken in herkömmlichen Wäh- rungssystemen verfolgt werden. Somit könnte man Tether, Dai oder ande- re Stablecoins als erwachsenere Version der ersten Krypto-Generation, allen voran Bit- coin, verstehen. Diese verfügen über keiner- lei Deckung, ihnen stehen in der Regel nur die erbrachte Rechenleistung sowie das Ver- trauen der Marktteilnehmer als intrinsische Werte gegenüber. Definitionsfrage Zu erwarten ist jedenfalls, dass Stablecoins die Diskussion darüber beleben werden, wel- cher Assetklasse Kryptowährun- gen eigentlich zuzurechnen sind: Edelmetalle, Aktien oder doch Währungen? Dai plant jeden- falls laut Arentoft, in Zukunft eine Verzinsung anzubieten, die sich auf drei bis fünf Prozent per annum belaufen soll. Damit wäre der Dai ähnlich wie ein Girokonto ein cashnahes Instru- ment. Mit dem Vorhaben einer Ausschüttung befindet man sich zwar noch in der Planungsphase – ein konkretes Datum nannte Das Blockchain-Phänomen scheint seine initiale Sturm-und-Drang-Phase hinter sich zu lassen. Damit einhergehen der Markteintritt von etablierten Playern aus dem Finanzbereich sowie die Bestrebungen des Gesetzgebers, den Krypto-Sektor zu regulieren. FOTO : © NANUV I S I ON | S TOCK . ADOB E . COM » Ziel ist es unter anderem, in den Emerging Markets ein Währungssystem aufzustellen, das vor lokalen Inflationsrisiken schützt. « Gustav Arentoft, Business Development MakerDao in Europa Ausgestürmt und ausgedrängt Da waren es nur noch 22 – vorerst Die Libra Association hat quantitativ und vor allem qualitativ an Durchschlagskraft verloren. Die Unternehmensallianz, die Libra auf den Weg bringen möchte, setzt sich aus Vertretern verschiedenster Branchen zusammen. Sie hat aber zuletzt – vor allem mit dem Rückzug von Visa und Mastercard – deutlich an Schlagkraft verloren. Quelle: Studie 274 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : B LOCKCHA I N & R EGUL I E RUNG

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