Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

Banken und die fehlgeschlagenen Reform- versuche der Finanzbranche im Jahr 2017. Daher stand sogar zur Diskussion, Euribor und Libor ganz abzuschaffen. Nun sollen sie zunächst bestehen bleiben. In dem Fall müssen laut EU-Verordnung 2016/1011 die Ermittlungsverfahren für Euribor und Co. bis 2020 feststehen, wobei die Details in währungsspezifischen Arbeitsgruppen erar- beitet wurden. Inzwischen konnten Lösun- gen gefunden werden, die jeweiligen Wäh- rungszinssätze durch alternative risikolose Referenzzinssätze zu ersetzen (siehe Tabelle „Alternative Tagesgeld-Zinssätze“) . Sie sol- len – wie €str auch – auf Basis realer Trans- aktionen berechnet werden. Emmi auf der Zielgeraden Im Juli 2019 erhielt Emmi das „Go“ der belgischen Finanzaufsichtsbehörde FSMA für seine neue hybride Berechnungsmetho- de des Euribor. Damit ist der neu kalibrierte Euribor regulierungskonform „und kann nach dem 1. Januar 2020 für bestehende und neue Verträge/Instrumente weiterver- wendet werden“, heißt es auf der Emmi- Website. Die sukzessive Umstellung der Euribor-Berechnung auf die neue Methode soll bis Jahresende 2019 abgeschlossen sein. Nunmehr wird der Euribor an jedem Tar- get-Tag um 11.00 Uhr veröffentlicht, und zwar in definierten Laufzeiten: 1 Woche, 1 Monat, 3 Monate, 6 Monate und 12 Monate. „Die anderen Laufzeiten wurden abge- schafft, weil sie so wenig benutzt wurden“, so Vogler von Union Investment. „Am häu- figsten wird der Drei-Monats-Euribor ge- nutzt; mehr als 90 Prozent der variabel ver- zinslichen Anleihen nehmen ihn als Refe- renz.“ Bemerkenswerte Änderungen am Zinssatz wird es nicht geben. „Auf Basis von Daten aus einer Testphase, die das Emmi von Mai bis Juli 2018 durchgeführt hat, steht zu erwarten, dass die hybriden Euribors ce- teris paribus gegenüber den aktuellen Fi- xings um einige wenige Basispunkte tiefer liegen dürften“, erklärt LBBWs Völker. Minimale Abweichung Für den Drei-Monats-Euribor ergab sich über die Testphase im Mittel eine Abwei- chung um minus drei Basispunkte, das heißt, der „hybride“ Euribor lag mit durch- schnittlich 0,35 Prozent unter dem tatsäch- lichen Fixing. Zudem zeigt sich anhand der Testdaten, dass die Referenzsätze unter der hybriden Methode einer deutlich höheren Schwankung unterliegen dürften: „Der hybride 3-Monats-Euribor schwankte in ei- ner Spanne von fast fünf Basispunkten, der tatsächliche 3-Monats-Euribor bewegte sich dagegen nur minimal“, nennt Völker kon- krete Zahlen. Damit wird man dann leben müssen. Bei den Geldmarkt- und Kurzläuferfonds von Union Investment kommt der Eonia nicht zum Einsatz. „Vor etwa einem Jahr haben wir all unsere Renten-Kurzläufer- fonds auf Marktindizes geswitcht, etwa den von Merrill Lynch ICE“, erklärt Vogler von Union Investment. „Dieser Index beinhaltet beispielsweise auch Unternehmensanleihen und Pfandbriefe mit Laufzeiten von null bis zwölf Monaten bis hin zu drei Jahren. Er enthält mehr als 500 Anleihen und ist da- durch breiter als der doch eher starre Euri- bor. Marktindizes wie der von Merrill Lynch ICE spiegeln eher wider, was wir im Fonds haben. Die Umstellung haben wir vor gut einem Jahr vorgenommen. Mit aus- schlaggebend war dabei auch, dass damals diskutiert wurde, den Euribor abzuschaffen; nun hat man ihn ja reformiert.“ Kostspielige Umstellung Eine Euribor-Ausstattung haben aber ins- besondere noch viele variabel verzinste An- leihen. Von Euribor- und Libor-Sätzen weg- zukommen, sei zwar intellektuell nicht sehr komplex, aber in der Realisierung sei der Aufwand dann doch hoch, meint Bahl und erklärt: „Wenn es einen Zinssatz so lange gibt wie den Euribor, dann ist er in allen möglichen Produkten und Konstruktionen enthalten. Eine Umstellung zieht sich dann durch so viele Systeme, dass es am Ende kostspielig ist. Viele Marktteilnehmer arbei- ten mit Softwaresystemen von Drittanbie- tern. Wenn Sie dort einen Berater anfordern, kostet der mehrere tausend Euro am Tag, daher ist der Aufwand natürlich sehr hoch. Das ist der Grund, weshalb Ver- sicherungsunternehmen, Banken und Treasurer die Umstellung nach hinten schieben, so lange es geht.“ Hybride Zwischenlösung Dennoch ist der Euribor mit einem sinkenden Transaktionsvolumen am Geldmarkt konfrontiert, auf dessen Ba- sis er berechnet wird, und international zeigt die Tendenz in Richtung Übergang zu Ta- gesgeld-Referenzsätzen. „Wie lange der neue hybride Euribor Bestand haben wird, ist ein Stück weit fraglich“, meint Völker von der LBBW. „Beim Libor ist zwar fix, dass er bis Ende 2021 weiter veröffentlicht wird, aber was danach sein wird, steht noch nicht fest. Die Erfahrung lehrt, dass es dann noch mal zu einer Verlängerung kommen kann, aber er kann auch eingestellt werden.“ In den nächsten ein bis zwei Jahren dürfte es spannend werden, wenn €str eine richtige Termstruktur abbildet und dann der Markt womöglich wegkommt vor den Euribor- Sätzen. „Vermutlich wird der Euribor ohne Ersatz abgeschafft, stattdessen wird der Markt einfach €str verwenden“, mutmaßt Bahl. Völker von der LBBW sieht das ähn- lich: „Es kann gut sein, dass man auf die Basis von €str aufsetzt und dann auch Sätze für längere Laufzeiten entwickelt. Mittel- fristig wäre das möglich. Wenn sich erst de- rivative Produkte wie Forwards auf den €str entwickeln, kann man daraus auch Sätze für drei und sechs Monate ableiten.“ Für eine solche Entwicklung sieht Völker allerdings einen Zeitraum von fünf Jahren. Es bleibt also weiterhin spannend bei den Cash- und Tagesgeld-Benchmarks, und die Zukunft wird zeigen, welche neuen oder neu kali- brierten Benchmarks jetzt im Markt das größte Volumen auf sich ziehen können. ANKE DEMBOWSKI » Vor einem Jahr haben wir all unsere Rentenkurzläuferfonds auf Marktindizes geswitcht. « Jürgen Vogler, Portfoliomanager und Gruppenleiter Short-Term-Produkte und Liquidität, Union Investment N o. 4/2019 | www.institutional-money.com 273 S T E U E R & R E C H T : GE LDMARK T- R EGUL I E RUNG

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