Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

I st der Eonia nun futsch oder nicht? Beides ist richtig! Die viel verwen- dete Liquiditäts-Benchmark Eonia wird seit 2. Oktober nicht mehr eigenständig berechnet. Jetzt wird nur noch die neue Euro Short-Term Rate (€str) berechnet, und zwar nach völlig anderen Kriterien als bisher Eonia. Eonia an € str gekoppelt Einen Referenzzins namens Eonia wird es allerdings bis Ende 2021 weiterhin geben. Er berechnet sich aus €str plus einem Spread-Auf- schlag von 8,5 Basispunkten – eine recht vereinfachte Angleichung anhand historischer Durchschnitts- daten vom 17. April 2018 bis 16. April 2019. „Dass der rekalibrierte Eonia überhaupt noch ermittelt wird, liegt an der Vielzahl der noch vorhandenen Eonia-Produkte“, erklärt Jürgen Vogler, Portfoliomanager und Gruppenleiter für Short-Term-Produkte und Liquidität bei Union Investment. Nun hat man also noch eine Zeitspanne von gut zwei Jahren, in der man die Altprodukte noch nutzen kann. „Die EZB hat den Marktteilneh- mern empfohlen, diese Zeit jetzt zügig für die Umstellung zu nutzen“, sagt Elmar Völker, Senior Fixed Income Analyst bei der LBBW. Benchmark-Verordnung Bewegung in Eonia und Co. haben die Europäische Benchmark-Verordnung vom 8. Juni 2016 (Verordnung (EU) 2016/1011) und die stufenweise Einfüh- rung der „Benchmark Regulation“ (BMR) gebracht. Während viele andere Bench- marks bereits abgeschafft oder angepasst wurden, greifen die neuen Anforderun- gen jetzt auch für Eonia (Institutional Money berichtete in den Ausgaben 1/2019 und 2/2019 über die Benchmark- Verordnung und deren Auswirkungen). Grundlage Geldmarktstatistik Auch wenn beides Benchmarks für Over- night-Gelder sind, unterscheidet sich €str vom Eonia, wie er bis zum 1. Oktober be- rechnet wurde. Das beginnt mit der Zustän- digkeit: Für die Berechnung und Veröffent- lichung des Eonia war bisher das Emmi (European Money Markets Institute) zustän- dig, während €str direkt von der EZB be- reitgestellt wird. Sie ermittelt den Satz aus- schließlich auf Basis unbesicherter festver- zinslicher Einlagen über eine Million Euro, die eine Übernachtfälligkeit haben und mit finanziellen Gegenparteien getätigt werden. Dazu zieht die EZB die einzelnen Trans- aktionen der beteiligten Banken heran, die gemäß der Geldmarktstatistik-Verordnung berichtspflichtig sind. In die Betrachtung fallen die 50 Banken mit den höchsten Bilanzsummen. „Die Datenerhebung ist ein wichtiger Unterschied zwischen €str und Eonia“, er- klärt Martina Bahl, Geschäftsführerin der BahlConsult GmbH, die Investoren, Banken und Unternehmen berät. „Bei €str gibt es keine Meldungen von Banken mehr, son- dern der neue Satz basiert auf Daten von getätigten Geschäften, die über die Mel- depflicht vorhanden sind. Das sind deal- basierte Daten, während zur Berechnung des alten Eonia die Panelbanken ihre Daten lediglich aggregiert gemeldet ha- ben, sodass die Meldungen gar nicht überprüfbar waren. Die Manipulations- möglichkeiten bei dieser Art der Mel- dung waren zwar nicht ganz so krass wie beim Euribor, aber die Erhebungs- weise entspricht nicht mehr der Bench- mark-Verordnung.“ Anders als zur Eonia-Berechnung werden bei €str auch nicht nur Inter- bankengeschäfte berücksichtigt, sondern alle Geschäfte mit finanziellen Gegen- parteien. Der Grund: Banken tätigen mittlerweile auch bedeutende Geld- marktgeschäfte mit Geldmarktfonds, Die Tage der Liquiditäts-Benchmark Euro OverNight Index Average sind gezählt. Eonia wurde durch € str ersetzt, auch wenn es bis Ende 2021 noch einen Referenzzins namens Eonia gibt. Der Euribor wurde reformiert. Insgesamt nimmt der Markt die neuen Benchmarks unaufgeregt an. FOTO : © B AH L CONS U LT, P E T E R AT K I NS | S TOCK . ADOB E . COM » Bei € str gibt es keine Meldungen von Banken mehr, sondern der neue Satz ba- siert auf Daten von getätigten Geschäften. « Martina Bahl, Geschäftsführerin BahlConsult GmbH Ende eines Zinssatzes € str als neue Cash-Benchmark € str hat die ISIN EU000A2X2A25. Die EZB ermittelt die Euro Short-Term Rate € str als volumen- gewichteten, getrimmten Mittelwert. DIE VORGEHENSWEISE IST DABEI WIE FOLGT: • Ordnung der Transaktionen vom niedrigsten zum höchsten Zinssatz • Ermittlung des Gesamtvolumens pro gemeldetem Zinssatz • Entfernen der oberen und unteren 25 Prozent in Bezug auf das Volumen (Trimmen) • Ermittlung von € str, indem aus den verbleibenden 50 Pro- zent der volumengewichtete Zinssatz berechnet und auf die dritte Dezimalstelle gerundet wird Die Veröffentlichung erfolgt seit dem 2. Oktober 2019 an jedem Target2-Handelstag jeweils bis neun Uhr. Quelle: Bundesbank 270 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : GE LDMARK T- R EGUL I E RUNG

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