Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

W er meint, dass Men- schen, die sich intensiv mit Regulierungsthe- men beschäftigen und entsprechend kompetent sind, ein eher sprödes Naturell besitzen, kennt Paul Wessling nicht. „Er ist eine ganz besondere Mischung aus rheinischer Frohnatur und präzisem Kenner der Versicherungen, der bAV, der Pensionskassen und deren Regu- lierung. Es gibt, glaube ich, kein Problem der Anlageverordnung oder im praktischen Management einer Kasse, das er nicht kennt“, beschreibt ihn der Branchenkollege und Consultant Oliver Roll. Musik und Pensionskassen Wesslings erster Berufswunsch war aller- dings nicht die betriebliche Altersvorsorge, als junger Mensch träumte er von einer Kar- riere als Musiker: „Ich war Drummer, aber musste das dann leider als Hobby fortfüh- ren“, erinnert sich Wessling, der auch heute noch gelegentlich vor Publikum spielt. Für ihn weist sein Instrument, das Schlagzeug, aber Parallelen zur institutionellen Kapital- anlage auf: „Als Drummer darf man eins nicht vergessen: zu zählen, über das gesamte Stück hinweg! Und auch Pensionskassen haben viel mit Mathematik und Sto- chastik zu tun, über das gesamte Leben eines Menschen hinweg“, erklärt er. Bevor er sein mu- sikalisches Talent in der Leitung einer Pensionskasse ein- setzen konnte, hatte der Kölner aber noch einige Karriereschrit- te zu bewältigen. Am Anfang stand eine Leh- re als Krankenversiche- rungskaufmann mit anschließendem Stu- dium der Versicherungswirtschaft in Köln. Zeitgleich lernte Wessling auch program- mieren: „In Cobol. Mein letztes Programm habe ich 1999 geschrieben“, erinnert sich der bAV-Experte, der heute darüber froh ist, auch im IT-Bereich mitreden zu können. Cobol ist eine Programmiersprache, die man heute bei Versicherungsunternehmen durchaus noch vorfinde, betont Wessling: „Als ich 2015 zum Bergischen Versiche- rungsverein kam, um ihn auf Vordermann zu bringen, hatten die noch eine Cobol-74- Anwendung für die Bestandsverwaltung.“ Der Sanierer konnte sich die Programme ansehen und sich so einen Überblick ver- schaffen. Wessling: „Sepa wurde dort nicht umgesetzt, weil der Programmie- rer 2012 gestorben war; die Sepa-Ein- führung kam 2014. Das mussten wir dann selbst realisieren.“ Seine Programmierkennt- nisse haben den Blick des Versicherungsexperten für Details geschärft. „Wenn man programmiert, muss man runter auf die un- terste Ebene“, so Wess- ling, der die Ansicht vertritt, dass jemand, der Abläufe digitalisie- ren könne, auch gut orga- nisieren und automatisie- ren kann. Trotz aller Automatisierungsfortschritte sei der Bereich Versicherungen und Pen- sionskassen in den Jahren komplexer ge- worden, beobachtet er. „Nach meinem ersten Lehrjahr bei der Berliner Verein Krankenversicherung haben ein Mathema- tiker und ich 1979 zusammen das Projekt Beitragsrückerstattung allein durchgeführt“, erinnert sich Wessling. „Heute benötigen Sie für ein solches Projekt mindestens 20 Mitarbeiter!“ Auch beim Thema institutionelle Vermö- gensverwaltung lernte Wessling das „Hand- werk“ von der Pike auf. Nach einer Zwi- schenstation als Leiter der Buchhaltung bei der Kölner Postversicherung führte ihn sein beruflicher Weg zum IT-Unternehmen MSG. „Dort habe ich Vermögensverwal- tungssoftware programmiert – für Versiche- rungskunden von der Allianz bis hin zur ZDF-Pensionskasse. Beim Programmieren müssen Sie tief einsteigen. Wir haben da- mals in den 90ern aus dem Bundesgesetz- blatt heraus Programme geschrieben, was die Regulierung betraf.“ In den 1990er-Jahren war Wessling auch beim Bochumer Versicherungsverein. „Das ist ein kleines Versicherungsunternehmen, sodass dort jeder alles machen musste: akquirieren, policieren, migrieren und kom- postieren. Es handelt sich ja schließlich um eine Sterbekasse!“, so Wessling. Bei einem Haus mit damals 25 Millionen D-Mark Bi- lanzsumme und einer Million Prämienein- nahmen, das unter BaFin-Kontrolle stand und von fünf Mitarbeitern betrieben wurde, ist das kein Wunder. „Bei einem solchen Volumen können Sie nicht viel auslagern, das wäre viel zu teuer! Also machen Sie’s halt selbst!“ Netzwerken Betrachtet man die Fotos, könnte man auf den Gedanken kommen, Wessling zöge es in die Politik. Aber das tut es hier nicht. Paul Wessling ist Vorstand der Müllerei-Pensionskasse in Krefeld und leitet den VVB-Fachkreis „Kapitalanlagen und Asset Management“. Nur wenige sind im Themenkreis bAV so kompetent wie der vielseitige Kölner, der es versteht, mit seiner ungebrochenen bAV-Begeisterung auch andere anzustecken. FOTO : © B E T T I NA KOCH, FOTOAT E L I E R HE R R Vom Schlagzeug zur bAV » Die Zwischentöne einer Konferenz, die kann man nirgendwo lesen. « Paul Wessling, Vorstand der Müllerei-Pensionskasse MPK 264 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com POR T RÄ T: PAUL WE S S L I NG | MÜL L E R E I - P ENS I ONS KA S S E MPK

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