Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

standsgesellschaft ermöglichen. Darüber hinaus vermeiden inzwischen neu entwickel- te Technologien viele negative Effekte nicht nur bei der Extraktion, sondern auch bei der Weiterverarbeitung von Rohstoffen. Eine bessere „Kreislaufführung“, beispielsweise durch hohe Recyclingquoten und vor allem „höherwertige Anwendungen“ können im Idealfall dafür sorgen, dass „dreckige“ be- ziehungsweise aus sozialer Sicht bedenk- liche Rohstoffe teilweise ein etwas besseres ESG-Ranking erhalten und damit zumindest aus ökologischer Sicht einen höheren Stellenwert beziehungsweise Gewichtung in einem Rohstofffonds haben sollten. Ein Beispiel dafür ist Nickel, das für die Herstellung von rostfreiem und damit lang haltbarem Stahl be- nötigt wird. Tiefgehende Analyse Der rfu-Methodik ist zugute zu halten, dass diese für alle 15 Rohstoffe des Späng- ler-IQAM-Invest-Universums die ökologi- schen und gesellschaftlichen Auswirkungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in Betracht zieht. Diese reicht vom Abbau über die Veredelungs- und Verarbeitungs- prozesse bis hin zur Nutzung der Rohstoffe im Rahmen unterschiedlichster Produkte und Anwendungen. Das rfu-Team analysiert und bewertet beispielsweise auf der Ange- botsseite die Verhaltensweise der marktfüh- renden Unternehmen wie auch die Umwelt- wirkungen der für Abbau und Erzeugung eingesetzten Technologien einschließlich des Einsatzes von Sekundärrohstoffen über Recyclingprozesse. Evaluiert werden auch der Anwendungsmix von Rohstoffen in Endprodukten und deren ökologische und soziale Effekte. In Summe werden etwa 400 Faktoren berücksichtigt. Ein Beispiel dafür ist die Verwendung von Edelmetallen in der Medizintechnik. So ist es laut rfu ethisch eher vertretbar, wenn das dem Boden mit großen negativen Um- weltauswirkungen entrissene Gold für ein medizinisches Implantat verwendet wird, statt einfach nur als Goldbarren in einem Tresor zu verschwinden und damit der Gesellschaft keinen weiteren Nutzen zu bringen. Aus diesem Grund wird beispiels- weise auch Silber, das für die Solarindustrie essenziell ist, besser als Gold bewertet. All diese Aspekte und Überlegungen lässt rfu in einem aufwendigen quantitativen Be- wertungsprozess einfließen. Pro Rohstoff gibt es die vier Ebenen „E“ (Abbau & Er- zeugung), „N“ (Nutzung), „Ö“ (Ökologie) und „S“ Soziales. Jede dieser vier Ebenen wird anhand verschiedenster ESG-Kriterien im Rahmen eines „Scoring“-Ansatzes zwi- schen +10 und –10 Punkten bewertet (Frie- senbichler: „Das erleichtert das Rechnen“), und diese Ergebnisse werden in eine von neun Ratingklassen in einer Bandbreite zwi- schen „A+“ und „C–“ transformiert. Die vier erhaltenen Resultate führen – mit unterschiedlicher Gewichtung – zu ei- nem Gesamtrating“ (alle zwischen „B–“ und „C+“ und damit leicht unterdurch- schnittlich) und einem „Score“, der zwi- schen minus 0,6 für Nickel und minus 3,7 für Gold liegt. Wie dieser Vorgang anhand eines Beispiels funktioniert, finden Sie aus- führlich erläutert in der Grafik „Gold ver- blasst im ESG-Scheinwerferlicht“. ANTON ALTENDORFER » Uns ist bewusst, der Rohstofffonds ist kein streng nachhaltiges Produkt – das ist kein Windkraftfonds. « Mag. Reinhard Friesenbichler, Gründer und Geschäftsführer von rfu FOTO : © R F U Gold verblasst im ESG-Scheinwerferlicht Der rfu-Scoring-Prozess erklärt am Beispiel des Edelmetalls Gold. Gold (Au für Aurum) wird von rfu anhand der vier Ebenen „E“ (Abbau & Erzeugung), „N“ (Nutzung), „Ö“ (Ökologie) und „S“ (Soziales), bewertet und darauf basierend ein Gesamtergebnis berechnet. Dabei kommt Gold schlechter weg als Silber und Platin: Erzeugung: Die Gewinnung von jährlich rund 3.000 Tonnen Gold ist mit starken Eingriffen in die Natur verbunden. Da es wenig reaktiv ist, sind zu seiner Ge- winnung spezielle chemische Verfahren erforderlich, wie die Zyanidlaugung oder das Amalgamverfahren mit Quecksilber. Daraus resultiert für den Wertschöpfungs- schritt der Erzeugung („E“ in der Box) nur ein „C+“. Nutzung: Bei der Nutzung „N“ wird Gold vor allem für Schmuck und Goldwaren (50 %) sowie die Geldan- lage (33 %) verwendet. Anwendungen mit hohem ge- sellschaftlichem Nutzen, z. B. im technischen oder medizi- nischen Bereich. spielen eine untergeordnete Rolle. rfu erteilt daher ebenfalls nur ein „C+“. Ökologie (Ö) und Soziales (S): Hier wirken sich die oft niedrigen Umweltstandards, die mangelhaften Arbeitsbedingungen und die Betroffenheit der Anwohner im Umfeld der Minen negativ aus, sodass es ebenfalls nur ein „C+“ gibt. Der Gesamtscore von Gold beträgt daher „C+“ beziehungsweise „–3,7“ in arabischen Zahlen. Der Trendpfeil geht seitwärts, weil erste positive Entwicklungen wie „Fair Trade Gold“ oder zyanidfreie Abbautechniken mittlerweile existieren, diese jedoch noch kaum verbreitet sind. Aus all diesen Gründen liegt Gold nicht nur bei den Edelmetallen, sondern auch bei allen Rohstoffen an letzter Stelle im rfu-Periodensystem (siehe die dritte Grafik). Quelle: rfu rfu-Ratingskala A+ A A– B+ B B– C+ C C– +10 +8 +6 +4 +2 0 –2 –4 –6 –10 Silber Gold Platin LEGENDE E: Abbau & Erzeugung N: Nutzung Ö: Ökologie S: Soziales Gesamtrating | Score | Trends & Potenziale SILBER E: C+| N: B Ag Ö: B- | S: B– B- | -1,0 | Ï GOLD E: C+| N: C+ Au Ö: C+| S: C+ C+ | -3,7 | Î PLATIN E: C+| N: B– Pt Ö: C+| S: C+ C+ | -2,5 | Î A 230 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : NACHHA LT I GE ROHS TOF F E

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