Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

wendeten Marktszenarien könnten für alle Pensionskassen in Europa identisch sein. Welchen Einfluss hat Ihr ALM dann auf die Kapitalanlage? Christoph Kiehn: Wir schauen uns alles bis zu 20 Jahre an, sind uns aber der Unschärfe, die in so langfristigen Betrachtungen liegt, bewusst. Auf der Anlagenseite arbeiten wir schon immer gegen die Versuchung an, im aktuellen Niedrigzinsszenario nicht lang zu investieren. Gleichzeitig sind wir froh, dass wir in der Vergangenheit schon einiges an Duration gemacht haben und daher weiter risikotragfähig bleiben. Wir haben relativ hohe stille Reserven aufgebaut, die wir natürlich nutzen können. Unsere Grund- philosophie im Risikomanagement ist, dass wir vorhandene Risikobudgets auch ausnut- zen, um Chancen zu nutzen. Sonst erhalten wir ja keine vernünftige Rendite! Unsere Aussage ist: Wir werden die versprochenen Rentenleistungen auch auf dem aktuellen Zinsniveau weiter erbringen können. Bei unserer Zielrendite von über drei Prozent helfen uns dabei auch die Reserven im Immobilien- und im Rentenbereich, die wir aufgebaut haben. Welche Unterschiede gibt es im Risiko- management zwischen der ZVK und der ULAK? Christoph Kiehn: Wir haben in der ULAK das kurze Geschäft und in der ZVK das lange. ImALM-Modell haben wir bei der Urlaubs- kasse eine nicht so komplexe Passivseite. Dafür müssen wir uns eher mit der Saiso- nalität der Urlaubsgelder beschäftigen. Lei- der können wir nicht das Wetter modellie- ren. Wenn es im Januar kalt ist, wird auf dem Bau dann eher Urlaub oder Kurzarbeit gemacht, als wenn das Wetter gut ist. An- sonsten benötigen wir in der ULAK zum Erreichen der Risikotragfähigkeit eher kurze Bonds. Diese sind im Modell der ULAK ri- sikolos, während im Modell in der ZVK die langen Bonds risikolos sind. Der lange Bond hat natürlich ein Risiko, aber bezogen auf unsere Passivseite in der ZVK eben nicht. Wie begegnen Sie den niedrigen Zinsen auf der Anlagenseite, und welchen Beitrag lie- fert das ALM hierfür? Christoph Kiehn: Auf unserer Anlagenseite ha- ben wir einen ganz starken Trend Richtung Internationalisierung und Erweiterung des Anlagespektrums. Früher hatten wir im We- sentlichen Euro-Bestände, sehr viele Renten und Immobilien, und die Aktienquote war eher niedrig. Mittlerweile haben wir eine Aktienquote von mehr als zehn Prozent, und zwar weltweit. Auch unseren Immobilien- bestand bauen wir international aus. Wir nehmen auch für uns neue Assetklassen wie Private Equity und Infrastruktur mit hinzu. Private Debt haben wir bisher noch nicht gemacht. Auch im Bondbereich weiten wir unser Spektrum aus, werden hier internatio- naler. Dort gehen wir auch schon lange in Emerging Markets. Währungsrisiken sind aus Sicht unseres Hauses nicht unbedingt schlecht, sondern diversifizieren sich ganz gut weg. Eine Voraussetzung, das Anlage- spektrum so auszuweiten, ist natürlich, dass wir es im ALM darstellen können. Was machen Sie – neben Immobilien – in- house, und was vergeben Sie extern? Christoph Kiehn: Inhouse machen wir ganz klassisch Immobilien und Eurobonds, auch Corporate Bonds. Aktien und Bonds in Fremdwährung vergeben wir extern. Ist Auslagerung ein Thema für Sie? Christoph Kiehn: Momentan tangiert uns die Auslagerungsproblematik nicht sehr. Wir la- gern ja das Risikomanagement und das ALM-System nicht aus. Auch die Adminis- tration der Rentner und Anwärter machen wir selbst. Und dass wir einzelne Assetklas- sen an externe Asset Manager vergeben, ist in Ordnung und stellt keine Auslagerung da. Wir danken für das Gespräch. ANKE DEMBOWSKI » Der sehr heterogene Pensionsmarkt in der EU gibt es nicht her, dass alle genau gleich reguliert werden. « Christoph Kiehn, SOKA-BAU, Abteilungsdirektor Finanzen und Risiko A L L E F OTO S : © D E T L E F GOT TWA L D 186 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com PRODUK T E & S T RA T EG I EN : CHR I STOPH K I EHN | SOKA-BAU

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