Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

Warum haben Sie das ALM-System dann inhouse entwickelt? Christoph Kiehn: Wir haben mal angefangen, die Risikokomponente der Aktivseite selbst zu programmieren. Zugute kam uns dabei, dass wir Leute im Risikomanagement haben, die programmieren können. Die Ak- tivseite hatten wir also schon programmiert. Bei der Passivseite sind wir, wie erwähnt, ein wenig besonders, sodass wir sie sowieso hätten eigenmodellieren oder bestehende Modelle stark anpassen müssen. Wir haben damals auch über Tools wie Prophet nach- gedacht. Aber wir müssen den Übergang vom alten aufs neue System programmie- ren, und auch das alte System begleitet uns noch über viele Jahrzehnte. Wir hatten auch schon mit Externen zusammengearbeitet und unsere ALM-Studien außerhalb erstel- len lassen. Richtig zufrieden waren wir damit nie, weil wir bestimmte Risikositua- tionen, die es bei uns gibt, nicht in den Stu- dien wiedergefunden haben. Schließlich sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir unser ALM-Modell besser selbst bauen. Der Entwicklungsprozess ging dann über drei bis vier Jahre. Kaufen Sie auch Komponenten zu? Christoph Kiehn: Ja. Wir kaufen uns die (Markt-)Szenarien extern ein. Der Anbieter baut uns dann beispielsweise Szenarien für Aktien-, Zins- und Währungsmärkte. Natür- lich auch für Spreads, Immobilienmärkte, Inflation. Den Rest modellieren wir. Was ist das Besondere an Ihrem ALM- Modell? Hatten Sie Vorlagen von anderen ALM-Modellen? Christoph Kiehn: Unser Tool modelliert die Verbindung zwischen Aktiv- und Passivsei- te sehr gut. Anders als bei anderen Versi- cherungen ist nämlich bei uns die Beitrags- summe stark an das Wachstum der Brutto- lohnsumme im Baugewerbe gekoppelt. Die- se gilt es zu modellieren. Dabei kommt es auch auf die Inflation und das gesamtwirt- schaftliche Wachstum an, und es gibt eine hohe Korrelation zu den Marktszenarien der Aktivseite: Wie entwickelt sich die Brutto- lohnsumme bei steigenden Zinsen oder Aktienmärkten? Die Herausforderung ist, das auch in ein ALM-Modell reinzubringen, und das finden Sie in der Praxis selten. Wir sind hier noch lange nicht fertig. Als wir mit der Entwicklung unseres ALM-Modells angefangen haben, haben wir natürlich bei den anderen Pensionskassen nachgefragt. Die meisten arbeiten in dem Bereich aber mit externen Anbietern. Es sind eher die Versicherer, die ihre ALM-Modelle selbst entwickeln, aber bei denen hängen die Prä- mieneinnahmen nicht von der Bruttolohn- summe und auch nicht so stark vom wirt- schaftlichen Wachstum ab wie bei uns. Wie gehen Sie in Ihrem Modell mit illiqui- den Assets um? Christoph Kiehn: Sie haben am Markt ver- schiedene Märkte, die superliquide sind: Nehmen Sie mal die Aktien- oder Wäh- rungsmärkte oder die Spreads. Da kann sich der Mathematiker, so oft er will, einen Da- tenpunkt holen und Korrelationen, Kovari- anzen berechnen und sich die Tails anschau- en. Bei Private Equity oder Immobilien ha- ben Sie weniger Daten, es geht ja um illi- quide Märkte! Sie haben zwar einzelne Da- tenpunkte, aber keine richtige Historie und keine Volatilitäten innerhalb der Märkte. Sie haben einfach zu wenige Datenpunkte, um Ihr mathematisches Werkzeug darauf los- lassen zu können. Wenn Sie naiv rangehen, haben Sie in den illiquiden Märkten keine Vola und hohe Renditen. Wenn Sie das in Ihr ALM-Modell eingeben, zeigt es Ihnen an, dass Sie nur noch solche Assets kaufen sollen. Aber so geht das ja de facto nicht! Niemand würde ja behaupten, Private Equi- ty, Infrastruktur oder auch Immobilien hätten kein Risiko. Sie wissen nur nicht, wie sie es fassen und modellieren sollen. » Illiquide Assets zu modellieren ist eine Herausforderung. « Christoph Kiehn, SOKA-BAU, Abteilungsdirektor Finanzen und Risiko A L L E F OTO S : © D E T L E F GOT TWA L D 180 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com PRODUK T E & S T RA T EG I EN : CHR I STOPH K I EHN | SOKA-BAU

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