Institutional Money, Ausgabe 4 | 2019

E ine Rentenkasse und eine Urlaubskasse für die Bau- wirtschaft funktionieren anders als für andere Bran- chen. Risikomanager Christoph Kiehn erklärt, welche Besonderheiten er be- rücksichtigen muss und welche Kon- sequenzen das für das Risiko- und das Asset Management hat. Herr Dr. Kiehn, welche Gelder werden bei der Sozialkasse der Bauwirtschaft verwaltet? Christoph Kiehn: SOKA-BAU ist der Dachname für zwei getrennte Unterneh- men. Das ist zum einen die Zusatzver- sorgungskasse ZVK, die vielleicht in der Finanzwelt etwas bekannter ist. Dort werden die Beiträge zur betrieb- lichen Altersversorgung verwaltet. Das andere ist die Urlaubslohn- und Lohnaus- gleichskasse ULAK. Hier verwalten wir die Beiträge des Urlaubskassenverfahrens und der Berufsbildung. Was heißt Urlaubskassenverfahren? Christoph Kiehn: Durch die hohe Fluktuation, die Sie am Bau finden, gibt es keine durch- gängigen Beschäftigungszeiten. Der Arbeit- nehmer hat aber normalerweise erst nach einer Beschäftigungszeit von sechs Mona- ten Anspruch auf einen vollen Jahresurlaub. Ohne das Urlaubskassenverfahren hätte ein großer Teil der Arbeitnehmer nie die Mög- lichkeit, einen durchgängigen Jahresurlaub zu nehmen. Gegebenenfalls hätte der Bau- unternehmer sogar einen Anreiz, vor Ablauf von sechs Monaten zu kündigen. Mit der Urlaubskasse führt er jeden Monat einen Beitrag an uns ab und hat so eine Verste- tigung seiner Kosten. Wenn der Arbeit- nehmer Urlaub nimmt, wird das von uns bezahlt. Wenn der Arbeitnehmer mehrfach seinen Arbeitgeber wechselt, kann er so sei- ne Urlaubsansprüche von einem Arbeit- geber auf den nächsten transferieren. Wie groß ist das Anlagekapital der beiden Kassen? Christoph Kiehn: Bei der ZVK sind wir bei einem Marktwert von gut neun Milliarden Euro und einem Buchwert von gut 6,5 Milliarden; in der ULAK bei etwa bei zwei Milliarden Euro. Das Besondere bei der ZVK ist, dass sie stark wächst. Das hat damit zu tun, dass wir immer noch Umlageverbände haben, die nach dem Pay-as-you-go-Prinzip funktionieren. Diese wurden zwar zum 31. 12. 2015 geschlossen, werden jetzt aber step by step ausfinanziert. Dadurch wächst die ZVK derzeit um etwa 500 Millionen Euro pro Jahr. Gibt es bei Ihnen Besonderheiten, die Sie in Ihren Modellen berücksichtigen? Christoph Kiehn: Besonderes Augenmerk haben wir auf die Invaliditätsrisiken. Hinsichtlich der Sterblichkeitsrisiken haben wir eine eigene Sterbetafel im Bauhauptgewerbe. Unsere Mitglieder haben leider eine etwas kürzere Lebens- erwartung als der Durchschnitt der Bevölkerung. Und wie hoch ist Ihre Zielrendite? Christoph Kiehn: In der Rentenkasse wollen wir stabil über drei Prozent liegen. Das wer- den wir mittelfristig auch darstellen können. Aktuell liegen wir bei 3,4 Prozent. Bei der Urlaubskasse haben wir eine andere Situa- tion. Diese Kasse wächst nur über das Wachstum der Bruttolohnsumme, also bei Weitem nicht so stark wie die Rentenkasse. In der Urlaubskasse haben wir eine kurze Anlagedauer, denn die meisten Gelder gehen innerhalb eines Jahres wieder raus. Tarifvertraglich bedingt sind es maximal drei Jahre. Die momentane Rendite, die wir anstreben, liegt bei rund zwei Prozent. Hier haben wir auf der Aktivseite natürlich eine Dr. Christoph Kiehn leitet das Risikomanagement bei SOKA-BAU in Wiesbaden. Dafür hat er mit seinem Team ein eigenes ALM-Modell entwickelt. Über die Herausforderungen dabei spricht er mit Institutional Money. A L L E F OTO S : © D E T L E F GOT TWA L D » EIN ALM-MODELL SELBST ENTWICKELT « 178 N o. 4/2019 | www.institutional-money.com PRODUK T E & S T RA T EG I EN : CHR I STOPH K I EHN | SOKA-BAU

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